Mit einem Apfel in der Hand
Wenn es wahr ist, daß unser Elend
mit einem Apfel begonnen hat,
könnten wir ihn nicht zurückerstatten?
Freilich, wo finden wir die Mauer
um das richtige Paradies?
Am besten, man versucht, über jede
heimlich einen Apfel zu werfen.
Zahllos sind die Gärten des Mißtrauns,
viele Äpfel werden verfaulen.
Aber wo es zu duften beginnt
nach Bratäpfeln, werde ich wieder hoffen,
daß der Engel sein feuriges Schwert entschärft.
Quellenangabe:
Busta, Christine. Einsilbig ist die Sprache der Nacht. Ausgewählte Gedichte. Gruber, Anton (Hg.), Salzburg 2000 (Müller), S. 74.
Interpretation:
Die Paraphrasierungen, Umgestaltungen, Verfremdungen und kritischen Auseinandersetzungen mit biblischen Texten in den Gedichten von Christine Busta zielen oft auf Irritation einer vertrauten kirchlichen Auslegungspraxis.
So auch in diesem Gedicht. Die Ausgangsfrage greift die kausale Erklärung des Schicksals der Menschen der biblischen Erzählung (Gen 3) auf:
"Wenn es wahr ist, daß unser Elend/ mit einem Apfel begonnen hat, / könnten wir ihn nicht zurückerstatten?"
Die Geste der Wiedergutmachung, das Zurückgeben des Apfels, erweist sich im Gedicht als eine kleine Geste des Widerstands und der Kritik. Denn erst dadurch werden die zahlreichen "Gärten des Misstrauns" sichtbar.
Die Gärten des Misstrauens bauen eine Distanz auf, die abschreckt, zurückweist und den Garten des Paradieses kaum noch erahnen lässt. Mehr noch als der Wächterengel erscheint dieses Misstrauen als die eigentliche Barriere.
Dennoch hält das lyrische Ich an der Hoffnung fest, dass es gelingen könnte, den Paradiesesgarten zu finden, und dass dann auch "der Engel sein feuriges Schwert entschärft".
Quellenangabe:
Aus: "Sie reden die Luft zwischen den Wörtern" (Härtling). Biblisch-lyrische Gespräche über Engel von Prof. Susanne Gillmayr-Bucher (KTU Linz) erstmals erschienen in: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv 30 (2011), 55-67.









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