Donnerstag 18. April 2024

Engel als Boten

Sr. Emmanuela Köhler - Ein lichter Engel tut es kund. © Beuroner Kunstverlag (www.klosterkunst.de)

Blickt man in moderne deutschsprachige Lyrik nach 1945, so erscheinen Engel häufig als ein Verweis auf eine andere Wirklichkeit, die jenseits der Alltagserfahrung liegt. In unterschiedlicher Art und Weise lassen sie diese Wirklichkeit erahnen.

Sie können als Vermittler und Boten agieren und in dieser Funktion ebenso eine warnende Stimme erheben. Engel stehen zudem auch zeichenhaft für eine vergangene oder verlorene Wirklichkeit, die in einem mitunter wehmütigen Rückblick evoziert oder begehrend erhofft wird. Dabei spiegelt sich in den Engeln darüber hinaus der Verweis auf eine fremde Welt jenseits der Alltagserfahrung. In ihnen bleibt die Sehnsucht nach jener Welt offen. Doch erweist sich diese andere Welt als brüchig und kaum tragfähig und in der Folge wird auch die Figur des Engels sowie seine Botschaft problematisiert.

 

In den biblischen Erzählungen durchbrechen engelhafte Boten die geschilderte Alltagswirklichkeit und eröffnen mit ihrer Botschaft oder ihrer Anwesenheit eine unerwartete, verändernde, verheißungsvolle mitunter aber auch bedrohliche Perspektive. Die biblischen Texte zeigen jedoch keine einheitlichen Vorstellungen von Engeln, sondern eine Vielfalt, die sich vor allem in späterer Zeit rasch ausdifferenziert. Als Boten überbringen Engel eine Nachricht, die die Gegenwart deutet und erklärt, die unmittelbare Zukunft erfahrbar macht und damit zugleich neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet bzw. erzwingt. 

 

Nach der Begegnung mit einem der Boten Gottes und der Konfrontation mit seiner Botschaft ist nichts mehr so, wie es vorher war. Die Rolle des Engels ist ganz auf den Aspekt des Boten Gottes konzentriert, auf der Figur des Engels selbst liegt hingegen kein Schwerpunkt. Er bildet einen Teil der göttlichen Wirklichkeit wobei sogar die Grenze zwischen Gott und seinem Boten häufig verschwimmt. Im Neuen Testament finden sich Engel ebenfalls in der Rolle von Boten, die mit ihrer Perspektive die Weltsicht ihrer AdressatInnen von Grund auf verändern. Besonders deutlich wird dies in der Ankündigung der Schwangerschaft Marias in der  kindheitserzählung bei Lukas (Lk 1) oder der Engelserscheinung am leeren Grab (Mk 16; Mt 28). Eine etwas andere Funktion hat der sog. Deuteengel, der "angelus interpres", der Zeichen, Visionen, Bilder oder Ereignisse, die den BetrachterInnen nicht unmittelbar zugänglich sind, erläutert. So beispielsweise die Visionen Sacharjas (Sach 1-6) oder Daniels (Dan 7-12); in ähnlicher Weise korrigiert ein Engel die Vorstellungen und Pläne des Josef (Mt 1), und auch in der lukanischen Darstellung der Auffindung des leeren Grabes erklärt ein Engel den Frauen das, was sie sehen und nicht einordnen können.

 

Während die Rolle des Boten Gottes als Vermittlungsinstanz zwischen den Menschen und Gott klar dargestellt wird, bleibt die äußere Erscheinung der Engel unklar. Sie erscheinen mitunter als furchterregend (so z.B. Ri 13; Dan 10,5-6), doch sind den Engelboten keine typischen Attribute zugeordnet und sie werden in ihrem Aussehen auch nicht beschrieben: weder Körperbau, Gestik noch Stimmlage. Diese Ausgestaltung erfolgte erst später in der Kunst, die dazu auf Motive aus anderen Kulturen zurückgreifen musste.

 

Die Engel verweisen in ihrer Rolle als Boten und Vermittler auf eine Wirklichkeit, die kaum oder gar nicht mehr zugänglich ist. Dadurch ist die Beziehung zwischen der traditionellen Vorstellung von Engeln und dieser  irklichkeit  meist nicht mehr gültig, und die Engel werden in der Folge auf ihre Verweisfunktion reduziert. Gleichzeitig wird mit der Auflösung  dieser Wirklichkeit die Verweisfunktion offener, sowohl vager als auch vielfältiger.

 

Engel bleiben ein Verweis auf eine Wirklichkeit, die sich allerdings einer allgemeinen Bestimmung entzieht.

 

 

Quellenangabe:

Aus: "Sie reden die Luft zwischen den Wörtern" (Härtling). Biblisch-lyrische Gespräche über Engel von Prof. Susanne Gillmayr-Bucher (KTU Linz) erstmals erschienen in: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv 30 (2011), 55-67.

 

Bild: Sr. Emmanuela Köhler - Ein lichter Engel tut es kund. © Beuroner Kunstverlag (www.klosterkunst.de)

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