Freitag 29. März 2024

Seelsorge am Nova Rock: Tiefgehende Gespräche bei dröhnender Musik

Ein turbulentes Nova Rock mit Starkregen zu Beginn und 225.000 verkauften Tickets ging am 12. Juni 2022 zu Ende. Mittendrin im Geschehen mit viel dröhnender Rockmusik: ein ökumenisches Team junger Festival-Seelsorgerinnen und -Seelsorger.

Die acht katholischen und sechs evangelischen Fachleute – fast alle mit abgeschlossener Festival-Seelsorgeausbildung – liehen den nach zweijähriger Pandemie ausgelassen feiernden jungen Leuten vier Tage lang ihr Ohr, entweder am fixen Standplatz zwischen Haupt- und Nebenbühne auf dem riesigen Gelände in Nickelsdorf (Burgenland) oder unterwegs in Zweierteams, erkennbar an orangen Warnwesten mit der Aufschrift "Seelsorge".

 

Während der Heimreise im Bus mit Equipment wie Pavillonbedarf und Liegestühlen zieht Florian Baumgartner, aus Oberösterreich stammender Referent für Festivalseelsorge, im Kathpress-Interview Bilanz. Die mit dem Großevent, mit der Musik und auch dem Alkohol verbundene Emotionalität macht Jugendliche seiner Erfahrung nach ansprechbar für Unterhaltungen, die vom Small Talk immer wieder mal zu tiefsinnigen, substanziellen, ja problembelasteten Themen führen, berichtet der seit 2005 als Jugendleiter und Pastoralassistent tätige Mitarbeiter der Diözese Linz.

 

Der Kontakt bei dieser nachgehenden Seelsorge erfolge niederschwellig und spontan; manchmal seien die bequemen überdachten Sitzgelegenheiten Anlass für Fragen wie: "Was macht Ihr hier eigentlich?", erzählt Baumgartner. Mit der viel beschriebenen Skepsis junger Leute der Institution Kirche gegenüber werde das Team selten konfrontiert. Viel häufiger sind Unterhaltungen über Sorgen über Beziehungen, Ausbildung oder Job, die man – wie eine Zeitung schrieb – durchaus unter "psychosozialer Dienst" subsummieren könnte; der Pastoralassistent sagt lieber: Seelsorge in weitesten Sinn. Jedenfalls liege man mit der Vermutung falsch, bei exaltiertem Gesang oder wummernden Bässen auf der Bühne sei nur Platz für Oberflächlichkeit. Auch sexualisierte Gewalt sei Thema der "hunderten Gespräch" gewesen.

 

 

Offenes Ohr für "Zwischentöne des Lebens"

 

Das ökumenische Team ist auf derlei vorbereitet. Eine eigens entwickelte Ausbildung der Katholischen Jugend, bei der auch Florian Baumgartner federführend dabei ist, vermittelt Kompetenz für die "Zwischentöne des Lebens" auf Festivals, wie es heißt. Gesprächsführung lernen die haupt-, aber auch ehrenamtlich Interessierten dort, weiters Konfliktmanagement, den Umgang mit Alkoholisierten, mit dem Thema Missbrauch und Suizidalität, weiters organisatorische Fähigkeiten sowie Achten auf eigene Grenzen. In Österreich sind Festivalseelsorgende seit 2018 auf verschiedenen Festivals ("Woodstock der Blasmusik", "Electric Love Festival", "Noppen Air") im Einsatz, heuer erstmals auch bei Nova Rock, Frequency und am "Shutdown" in Zwentendorf.

 

Mit den Festivalleitungen wird dabei im Vorfeld Kontakt aufgenommen, die bisher stets grünes Licht erteilten. Die Seelsorgenden führen täglich Buch über ihre Gespräche und lassen diese Evaluierungen auch den Organisatoren zukommen, erklärt Baumgartner. In Deutschland sei kirchliche Präsenz bei solchen Großveranstaltungen seit dem Unglück bei der Loveparade 2010 in Duisburg üblich. Dort gehen die Veranstalter von sich aus auf die Kirchen zu – im Wissen, dass deren Wirken tendenziell befriedet und deeskaliert.

 

 

Florian Baumgartner (r.) mit zwei weiteren Seelsorger:innen
Festivalseelsorge am Nova Rock
"Erzähl mir was, ich hör dir zu": So lautete die Einladung der Festivalseelsorge auf dem Nova Rock

© Matthias Zauner

 

An Lebensrealitäten teilhaben

 

"Als Kirche ist es uns ein Anliegen, Menschen in ihrem Leben und ihren unterschiedlichen Lebenssituationen zu begleiten", betont Florian Baumgartner. Die ohnehin meist sehr unterschiedliche Musik spielt dabei für die Kirchenvertreter eine Nebenrolle, versichert der in seiner Freizeit beim "Vocalensemble Innpuls" musizierende Oberösterreicher. In der Festivalseelsorge wolle man an den Lebensrealitäten der Festivalbesucher teilhaben.

 

Genau das ist auch das Anliegen hinter der Initiative "Denk dich neu", mit der die Katholische Kirche nach der Pandemie wieder viele Akzente in Richtung Jugendliche und junge Erwachsene setzt. Ziel sei es, gezielt für diese oft kirchendistanzierte Gruppe niedrigschwellige Orte der Begegnung anzubieten und dabei auch und überraschende, unkonventionelle Wege zu gehen. Etwa mit einer "Walk-on-Water-Challenge", bei der sich Teilnehmende mit selbst gebastelten Mitteln möglichst lange über Wasser halten sollen, einem "Escape Room" im Linzer Mariendom oder einem durch Österreich tourenden "Cafe-Bike".

 

Ob Gott dabei explizit zur Sprache kommt, bleibt offen – so wie es laut Baumgartner auch beim Nova Rock war. Aber es sei wohl schon einiges gewonnen, wenn Kirche im Leben junger Leuten in einem sympathischen, an ihrer Realität interessierten Zusammenhang vorkommt. "Denk dich neu" gilt dabei auch für die Kirche, so der Tenor der vielen Träger.

 

https://www.katholische-jugend.at/blog/festivalseelsorge

https://www.denkdichneu.at

 

Kathpress

Zukunftsweg
Brücken bauen

Pionier und Pfarre in Umsetzung 2 kooperieren

Regionale Schwerpunktsetzung, Kooperation und zeitgemäße Impulse, unter diese Stichworte kann man ein pastorales...

Öffentlichkeitsarbeit

Öffentlichkeitsarbeit im Dekanat

Mit Blick auf die Neuorganisation der Pfarren kamen zum jüngsten Dekanatsrat auch die Website- und Pfarrblatt-Teams.
Katholische Kirche in Oberösterreich
Diözese Linz

Fachbereich Kommunikation
Herrenstraße 19
Postfach 251
4021 Linz
TEL: 0732 / 7610 - 1170
FAX: 0732 / 7610 - 1175

www.dioezese-linz.at
post@dioezese-linz.at
https://www.dioezese-linz.at/
Darstellung: