Donnerstag 28. März 2024

Kirchliches Bauen, Architektur und zeitgenössische Kunstprojekte

Kirchliche Bauten prägen das Land. Sie zu erhalten und mit Leben zu füllen, ist eine der Aufgaben der Katholischen Kirche in Oberösterreich. Der Schwerpunkt dabei liegt auf nachhaltigem Bauen und Renovieren mit Blick auf architektonische Qualität und künstlerische Gestaltung.

Kirchliche Bauwerke haben einen hohen Wert für Kultur und Identität im Land. Um die „Kirche im Dorf“ zu erhalten, spielen – neben dem großen Engagement der Ehrenamtlichen – Baumanagement, künstlerische Gestaltung und Architektur eine Rolle. Der Erhalt und die Neugestaltung von kirchlichen Räumen hat zahlreiche positive Auswirkungen: Impulse für das Pfarr- und Gemeindeleben, regionale Wertschöpfung und Gestaltungsfelder für Künstler*innen und Architekt*innen. Die soeben erschienene Broschüre „Blickpunkt 2021 – Bauprojekte der Diözese Linz 2017–2021“ gibt einen Einblick in die vielfältigen Bauaktivitäten der vergangenen fünf Jahre. Insgesamt wurden in dieser Zeit rund 900 Bauprojekte in den Pfarren durchgeführt.

 

Großes Augenmerk wird in der Katholischen Kirche in Oberösterreich auch auf die konsequente Einladung zeitgenössischer Künstler*innen zur Gestaltung von Altarräumen und sakralen Gegenständen gelegt. Mehr als 200 solcher Projekte konnten in den letzten 20 Jahren realisiert werden. „Heutiger Glaube braucht auch heutige Bilder“, wie es Kunstreferent Hubert Nitsch ausdrückt.

 

Bei einer Pressekonferenz am 25. Februar 2022 im OÖ. Presseclub in Linz gaben Mag. Reinhold Prinz (Finanzdirektor und Ökonom der Diözese Linz), MMMag. Hubert Nitsch (Kunstreferent und Diözesankonservator) und Architektin DIin Gerhild Eva Schremmer (Architektinnen Schremmer-Jell ZT GmBH I Linz) Einblicke in die Renovierung und Neugestaltung kirchlicher Bauwerke und die Zusammenarbeit der diözesanen Fachstellen mit KünstlerInnen und ArchitektInnen.

 

V. l.: Architektin DIin Gerhild Eva Schremmer (Architektinnen Schremmer-Jell ZT GmBH I Linz), Mag. Reinhold Prinz (Finanzdirektor und Ökonom der Diözese Linz), MMMag. Hubert Nitsch (Kunstreferent und Diözesankonservator)
V. l.: Reinhold Prinz, Johannes Lettner (Kaufmännische Leitung und Controlling, Abteilung Kirchliches Bauen), Gerhild Schremmer, Hubert Nitsch und Robert Wöss (Technische Leitung & Projektleitung, Abteilung Bauen.
Pfarrzentrum St. Anna, Pregarten (Künstlerin: Iris Andraschek)
Haid: Einbau des Pfarrheims in die Pfarrkirche
Adaptierung der Stadtpfarrkirche Urfahr für die Jugendkirche Grüner Anker, Linz
Trauerkapelle Pabneukirchen (Künstler: Alois Mosbacher)
Rainbach im Mühlkreis: Erneuerung von Turmaufstieg und Glockenanlage der Pfarrkirche
Erinnerungsort für Sternenkinder am Friedhof in Ungenach (Künstlerin: Su-Maria Kainz)

© Diözese Linz / Kienberger, Iris Andraschek, Thomas Markowetz, Klemens Hager, Violetta Wakolbinger, Kunstreferat

 

 

Reinhold Prinz: "Kirchenräume sollen Lebensräume werden"

 

Der Finanzdirektor und Ökonom der Diözese Linz, Reinhold Prinz, betonte die Bedeutung Kirchlicher Bauwerke für die Kultur und Identität im Land: "Um die sprichwörtliche 'Kirche im Dorf' zu erhalten, spielen – neben dem großen Engagement der Ehrenamtlichen – Baumanagement, künstlerische Gestaltung und Architektur eine Rolle. Rund 2.500 Gebäude und Objekte hat die Katholische Kirche in Oberösterreich zu bewahren. Dazu gehören Kirchen, Filialkirchen und Kapellen, Pfarrhöfe und -heime, Kindergärten, Aufbahrungshallen und andere Gebäude und Objekte." Im Rahmen des kirchlichen Bauens gehe es darum, entsprechende Bauten für die Entfaltung kirchlichen Lebens bereitzustellen. Diese Räume müssten nicht nur erhalten und renoviert, sondern in bestimmten zeitlichen Abständen den sich wandelnden Bedürfnissen angepasst werden. Der Finanzdirektor und Ökonom wörtlich: "Der kirchliche Auftrag lautet, nah bei den Menschen zu sein. Deshalb hat kirchliches Bauen letztendlich das Ziel, Räume zu schaffen, die Begegnung ermöglichen und die am zukünftigen Bedarf ausgerichtet sind." Dies sieht Prinz als pastoralen Auftrag, gerade auch in Bezug auf die neuen Pfarren im Rahmen der diözesanen Pfarrstrukturreform. Dies erfolge in enger Abstimmung mit den diözesanen Partner*innen und dem Bundesdenkmalamt.

 

Prinz unterstrich auch die positiven Auswirkungen, die die Bautätigkeiten rund um den Erhalt von Objekten und die Neugestaltung von Räumen hätten: So würden sie das Pfarr- und Gemeindeleben fördern, zur regionalen Wertschöpfung beitragen und Gestaltungsfelder für KünstlerInnen und ArchitektInnen bieten. Die Einbindung von ArchitektInnen sichere die Qualität kirchlicher Bauten. Großes Augenmerk werde auch auf die konsequente Einladung zeitgenössischer KünstlerInnen zur Gestaltung von Altarräumen und sakralen Gegenständen gelegt.

 

Eine der Herausforderungen, der die katholische Kirche gegenüberstehe, liege in der Veränderung der kirchlichen Landschaft, wie Prinz betonte: „Neue Ideen bieten die Möglichkeit, leerstehende Pfarrheime und Pfarrhöfe wieder zu nutzen oder notwendige Räume in andere kirchliche Gebäude zu integrieren. In der Pfarrkirche Haid bei Ansfelden wurde zum Beispiel der Pfarrsaal in den Kirchenraum verlegt. Ein Beispiel für die flexible Gestaltung eines Kircheninnenraums ist die Jugendkirche Grüner Anker in der Stadtpfarrkirche Urfahr, in der die Kirchenbänke entfernt wurden, um den Raum je nach Bedarf nach den Wünschen von jungen Menschen ausrichten zu können.“ Kirchenräume sollten Lebensräume werden, in denen auch Jugendliche Platz fänden, so Prinz. 

 

Finanzdirektor und Ökonom Reinhold Prinz

Finanzdirektor und Ökonom Reinhold Prinz. © Diözese Linz / Kienberger           

 

Wirtschaftsfaktor kirchliches Bauen

 

Die Investitionen in die Instandhaltung und Pflege kirchlicher Gebäude und Objekte leisteten einen Beitrag zur Beschäftigung für Unternehmen vor Ort, zur Wertschöpfung in den Regionen und zur Sicherung von Arbeitsplätzen, wie der Finanzdirektor untermauerte. Ein Schwerpunkt liege auf dem ressourcenschonenden Einsatz von Materialien und der Schutz der Umwelt. 

 

In den Jahren 2017 bis 2021 wurden rund 900 kirchliche Bauprojekte durchgeführt. Die Bauausgaben in diesem Zeitraum betrugen 91.711.041,09 Millionen Euro. Davon wurden 26,030.069,12 Millionen Euro aus Mitteln des Kirchenbeitrags finanziert. Die Bauausgaben der vergangenen 10 Jahre (2011 bis 2021) betrugen insgesamt 236.010.384,59 Millionen Euro. 113 Photovoltaik-Anlagen sind in Betrieb, 15 weitere sind in Planung bzw. vor der Fertigstellung; insgesamt beträgt die Fläche 3.000 m2.

 

Derzeit sind 752 laufende offene Bauprojekte in verschiedenen Stadien verzeichnet, von der Ideensammlung bis hin zur baldigen Fertigstellung. Prinz dankte in diesem Zusammenhang besonders „den hunderten Ehrenamtlichen, ohne deren Einsatz die Bautätigkeiten nicht in diesem Ausmaß durchgeführt werden könnten, sowie den Beitragenden, die durch ihren jährlichen Kirchenbeitrag diese Projekte direkt und solidarisch unterstützen“.

 

Eine Auswahl von 85 Bauprojekten sind in der Broschüre „Blickpunkt – Bauprojekte der Diözese Linz 2017–2021“ zusammengefasst. Sie geben einen Einblick in die Vielfalt der Bautätigkeiten: Von der Erneuerung eines Turmaufstiegs, der Neueindeckung eines Turmhelms über die Trockenlegung von Mauern und die Fassadenfärbelung bis hin zur Restaurierung historischer Altäre. Besonders bemerkenswert sind die zeitgenössischen künstlerischen Gestaltungen im Kirchenraum, die Revitalisierung von Pfarrhöfen oder die „Raum in Raum“-Lösungen in Kirchen. Weitere Beispiele zeigen Möglichkeiten auf, Elektroanlagen nach heutigem Standard, energieeffiziente Beleuchtungskörper und Photovoltaik-Anlagen zu installieren.

 

Blickpunkt 2021 – Bauprojekte der Diözese Linz 2017–2021

hrsg. von Diözesanfinanzkammer/Abteilung Kirchliches Bauen
Mit Vorworten von Bischof Manfred Scheuer und Landeshauptmann Thomas Stelzer
Fotos von Thomas Markowetz
Linz 2021

Hier online blättern 

 

 

Gerhild Eva Schremmer: "Es sollen Gebäude entstehen, in denen Begegnung gelingen kann"

 

Gerhild Eva Schremmer ist Architektin (Architektinnen Schremmer-Jell ZT GmBH I Linz) und als externe Beraterin der Diözese Linz Mitglied des Bautenkomitees und des Bauausschusses. Sie betonte, die Pfarren stünden auch künftig vor der Herausforderung, Räume zu gestalten mit dem Ziel, ein lebendige Gemeinde für sich und den ganzen Ort entstehen zu lassen. Schremmer: "Architektinnen und Architekten unterstützen die Pfarrgemeinden dabei, dass Gebäude entstehen, in denen Begegnung gelingen kann und wo die Spiritualität nicht durch reine Funktionalität von Räumen verloren geht."

 

Anhand von zwei im Enstehungsprozess befindlichen Bauprojekten erläuterte Schremmer architektonische Aspekte, die zu berücksichtigen sind:

 

Projekt 1 | Neubau. Das Projekt ist ein neues Pfarrzentrum in einer kleinen Gemeinde im Hausruckviertel. Nach einer Analyse bestehender Objekte und der Möglichkeit, diese umzunutzen bzw. zu revitalisieren, entschied man sich für einen Neubau. Das Grundstück liegt in der Nähe zur historischen Kirche direkt im Ortszentrum. Städtebaulich wird das Gebiet analysiert und das neue Gebäude so situiert, dass ein qualitätvolles Ensemble mit den umliegenden Gebäuden entsteht und eine optimale landschaftsräumliche Einbindung gewährleistet wird. Für den ganzen Ort entsteht ein neues Ortszentrum, ein Ortsplatz als Treffpunkt. Wichtig dabei ist dessen nachhaltige Gestaltung und Oberflächenausformulierung, das Gleichgewicht von befestigten und unbefestigten Flächen, von Wiesen und Baumpflanzungen bzw. Beschattungen. Die architektonische Qualität des Baukörpers liegt im Übergang und in der Beziehung von Innenraum zum Außenraum. Durch ein begrüntes Atrium entsteht im Gebäude ein Zentrum der Begegnung, das die optimale Belichtung und Belüftung aller Räume bietet. In der Wahl der Konstruktion, der Beheizung und der Materialität wird selbstverständlich auf Ökologie und Nachhaltigkeit geachtet. Farbgestaltung und Einrichtungsplanung unterstützen die Konzeption. 

 

Projekt 2 | Revitalisierung. Die Pfarrkirche Hl. Josef in Steyr-Ennsleite und das Seelsorgezentrum stehen unter Denkmalschutz und sind von hoher architekturhistorischer Relevanz. Die Kirche wurde als Arbeiterkirche konzipiert, prägnantes Merkmal ist die X-Stütze in Verbindung mit dem Betonrahmen als wiederkehrendes, tragendes Element. Das bauliche Grundkonzept entsprach der Ideologie der Veränderbarkeit innerhalb eines gegebenen Rahmens. Innerhalb dieses Rahmens, mit zusätzlichen Nutzungen und Adaptierungen am Gebäude, soll das Gesamtareal in neuem Glanz erstrahlen bzw. eine Revitalisierung des ganzen Stadtteils erfolgen. 

 

"Ziel der Arbeit von Architektinnen und Architekten ist, für die NutzerInnen und das Umfeld Situationen und Räume zu errichten, die sowohl Lust auf Architektur vermitteln wie auch funktionelle, nachhaltige und wirtschaftliche Aspekte vereinen", fasste Schremmer zusammen. 

 

Architektin Gerhild Eva Schremmer

Architektin Gerhild Eva Schremmer. © Diözese Linz / Kienberger           

 

Hubert Nitsch: "Die Kirche ist eine kulturelle Nahversorgerin"

 

Hubert Nitsch ist Kunstreferent und Diözesankonservator der Diözese Linz. Er wies darauf hin, dass die Diözese Linz etwa die Hälfte der Kulturgüter Oberösterreichs verwaltet: 130.000 Objekte sind Gegenstand der liturgischen Nutzung, aber auch des Erhaltens und Bewahrens. "Kirche und Religion stiften im guten Sinne Identität, welche sich auch in den Kulturobjekten des Landes ausdrückt. Diese Identität bedarf immer auch zeitgenössischer Bilder, in denen die Aktualität von Kirche und Religion auch für unser heutiges Leben sichtbar ist", so Nitsch.

 

In den letzten 20 Jahren habe sich in der Diözese Linz ein Schwerpunkt in der Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern herauskristallisiert, der eine große Bandbreite von zeitgenössischen Kunstwerken in Oberösterreichs Sakralräumen hervorgebracht habe. Über 220 Künstlerinnen und Künstler – unter ihnen Biennale-VertreterInnen genauso wie regionale KünstlerInnen – hätten neue Glasfenster, Kunst am Bau, Glockengestaltungen, Orgelprospekte, Altäre, Gedenkorte, Aufbahrungshallen, Trauerkapellen … geschaffen. Jede Bau- und Gestaltungsaufgabe müsse vor Ort erarbeitet werden, es gehe immer um Einzelentscheidungen, die mit größtmöglicher Sorgfalt getroffen würden. Auch Nitsch betonte die wichtige Rolle der Ehrenamtlichen: In den letzten 20 Jahren wurden in der Diözese Linz über 270 zertifizierte DenkmalpflegerInnen ausgebildet, die vor Ort unterstützend wirken.  

 

In der Zukunft werde es vermehrt darum gehen, andere Nutzungen von Kirchen(teilen) anzudenken: "Die Kirche wird nicht mehr nur als liturgischer Raum verstanden, sondern auch als kultureller Raum. Uns als Diözese ist wichtig, dass die Kirche auch bei einer sich ändernden Gesellschaftsstruktur nach wie vor im Dorf steht und den Mittelpunkt bildet. Wenn die Kirche im Dorf wegfällt, verkommen die Orte zu Schlafstätten. Die Kirche ist ein Ort, der konsumfrei mit Ritualen die Menschen seelisch unterstützt und der als kultureller Ort funktioniert."

 

Wenn sich eine Bauaufgabe stelle, würden KünstlerInnen in der Diözese Linz ganz selbstverständlich beigezogen, so Nitsch, der Linz diesbezüglich ein "Alleinstellungsmerkmal" attestierte. Diese Zusammenarbeit gestalte sich sehr spannend, weil die Kirchen als historische Orte eine spezielle Aufgabenstellung für zeitgenössische Kunstschaffende darstellten. Gleichzeitig blieben diese Werke sichtbar, während sie in Museen schnell im Depot verschwänden. "Diesen Benefit können wir als Kirche bieten. Aus meiner Sicht ist es ein Generationenvertrag: Räume, in denen wir feiern, wurden immer gestaltet, und wir setzen das fort."

 

Übersicht: Zeitgenössische Gestaltungen von Künstlerinnen und Künstlern in der Katholischen Kirche in Oberösterreich (2000 – Februar 2022)

Kunstreferent und Diözesankonservator Hubert Nitsch

Kunstreferent Hubert Nitsch. © Diözese Linz / Kienberger           

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