Dienstag 16. April 2024

Multireligiöse Gedenkfeier beim neuen Gedenkort für NS-Opfer in Lungitz

Der Papa Gruber Kreis und die Plattform Johann Gruber luden am 20. Juni 2021 zu einer Gedenkwanderung vom Memorial Gusen zum neuen Gedenkort in Lungitz und zu einer multireligiösen Feier ein. Auch Bischof Manfred Scheuer war unter den Teilnehmenden.

Die Gedenkwanderung am 20. Juni 2021 führte etwa 30 Interessierte vom Memorial Gusen zum neuen Gedenkort in Lungitz. Beim neu geschaffenen Denkmal, wo Aschereste aus der Zeit des Nationalsozialismus bestattet liegen, gedachten die Teilnehmenden in einer multireligiösen Feier unter Mitwirken von Bischof Dr. Manfred Scheuer, der Superintendentialkuratorin der Evangelischen Kirche A. B. Mag.a Renate Bauinger und von Dr.in Charlotte Herman, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Linz, der Opfer der Konzentrationslager Mauthausen-Gusen. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Papa Gruber Kreis der Pfarre St. Georgen an der Gusen und der Plattform Johann Gruber, welche sich seit Jahren für das Gedenken an den KZ-Häftling Johann Gruber und für eine zeitgemäße Erinnerungskultur in der Region einsetzen

 

Anlass des gemeinsamen Gedenkens war der Fund von Asche und Skeletten im September 2018, den die ÖBB bei Bauarbeiten am Bahnhof Lungitz machten. Die Skelette stammen aus dem frühen Mittelalter, die Asche aus dem 20. Jahrhundert. Claudia Theune, Institutsleiterin für Archäologie an der Universität Wien, untersuchte die Funde. Die Wissenschaftlerin geht davon aus, dass es sich um Asche aus der Zeit des Nationalsozialismus handelt. Im ehemaligen KZ Mauthausen hatte man ähnliche Funde gemacht. Während der NS-Zeit wurde wiederholt Asche als Unterbau für Straßen und Bahngleise verwendet. Dass die letzten Überreste von toten KZ-Häftlingen auf diese Weise verwendet wurden, ist eine weitere Gräueltat der Nationalsozialisten. Die Funde wurden an einem neu geschaffenen Gedenkort in Lungitz beigesetzt. Das Denkmal wurde im Mai 2021 eröffnet.

 

An der Gedenkwanderung nahmen langjährig in der Gedenkarbeit engagierte Persönlichkeiten aus ganz Oberösterreich teil, etwa Jägerstätter-Biografin Dr.in Erna Putz, Dr.in Verena Lorber vom Franz und Franziska Jägerstätter Institut der KU Linz, Historiker Dr. Helmut Wagner sowie örtliche Gedenkinitiativen und Interessierte aus der Region. Sie tauschten sich auf dem Weg von Gusen nach Lungitz über die örtliche Erinnerungsarbeit aus.

 

Start beim Memorial Gusen
Gedenkwanderung vom Memorial Gusen zum Gedenkort in Lungitz.
Station beim Frankenberger Kircherl.

© Sabine Schatz / © Papa Gruber Kreis

 

 

„Das Gedächtnis der Opfer braucht Orte und Räume“

 

Zur Feier in Lungitz, bei der die Geschichte des Erinnerungsortes beleuchtet wurde, kamen zahlreiche Menschen aus Lungitz, Ried in der Riedmark und Katsdorf dazu. In der multireligiösen Feier wurde unter Mitwirken von Bischof Manfred Scheuer, von Superintendentialkuratorin Renate Bauinger und der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Linz Charlotte Herman der Opfer der Konzentrationslager gedacht.

Bischof Manfred Scheuer betonte in seinen Worten die Bedeutung von Gedenkorten: „Das Grauen, die Verbrechen, die Brutalität, die Barbarei, aber auch der Widerstand und das Zeugnis gegen die Nationalsozialisten, haben eine Topografie und Geografie. Die Desaster des Nazi-Terrors verbreiten einen Raum um sich. Sie brennen sich ein wie leibliche Wundmale. Die Zeit des Nationalsozialismus hat sich in Form von Spuren eingraviert, die im Gedächtnis nachwirken. Diese abgründigen Ereignisse geben den Orten eine neue Bedeutung, sie schlagen sich in der Landschaft nieder. Zugleich wächst aber auch im buchstäblichen Sinn Gras über die Zeit von 1938 bis 1945. Das Gedächtnis der Opfer braucht aber Orte und Räume, es ist nicht nur in der Seele, im Bewusstsein, in der Innerlichkeit des Geistes. Jede Kultur der Erinnerung bleibt abhängig von der Art und dem Grad der Verleiblichung dessen, was vergessen oder erinnert wird.“

 

Das Grauen von Gusen sei durch die Asche von Menschen Bestandteil der Erde von Lungitz geworden und habe den Boden durchtränkt, so der Bischof. „Versteckt unter Bahnanlagen, ohne es zu wissen, ohne es vor Augen zu haben, war und ist das Grauen von Gusen präsent. Die Verwendung menschlicher Asche als Bausubstanz macht fassungslos, macht sprachlos. Ein Akt der Barbarei, der Verachtung des menschlichen Lebens, der Verhöhnung Gottes. Die Asche ist der Überrest von Menschen, die von den Nationalsozialisten ausgelöscht wurden, weil sie ihnen die Würde absprachen – aus welchen Gründen auch immer: aus rassischen und weltanschaulichen Gründen. Manchmal auch aus reiner Willkür.“ An der Gedenkstätte von Lungitz fänden Männer, Frauen und Kinder, jüdischen, christlichen oder anderen Glaubens genauso wie Nichtglaubende, Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern, vielfältige Lebensgeschichten und Leidenswege ein namenloses Gedenken. Scheuer wörtlich: „Die Fassungslosigkeit darüber darf sich an die Seite einer Erinnerung stellen, die von Befreiung und Gerechtigkeit weiß. Das Entsetzen über die Vergangenheit darf sich an die Seite eines Verantwortungsbewusstseins für Gegenwart und für Zukunft stellen.“

 

Gedanken von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

Als Zeichen der Erinnerung legten die Teilnehmenden in einem sehr emotionalen Ritual beim neuen Denkmal Steine und Rosen nieder und entzündeten Kerzen.

 

Julia Mayr vom Papa Gruber Kreis zur Intention der OrganisatorInnen: „Ziel der Veranstaltung war es, dem Gedenkort in Lungitz eine Öffentlichkeit zu geben, Interessierte zu informieren und Menschen zu motivieren, die Geschichte dieses Ortes weiterzutragen. Schlussendlich sind es Orte und Denkmäler, die uns mit Geschichte konfrontieren. Diese Geschichten zu erzählen und ihnen Bedeutung zu geben, liegt an uns.“

 

Ansprache von Bischof Manfred Scheuer beim Gedenkort in Lungitz.
Superintendentialkuratorin Renate Bauinger las aus Psalm 143.
Charlotte Herman legt einen Stein an der Gedenkstätte nieder.
Als Zeichen der Erinnerung wurden Steine und Rosen niedergelegt und Kerzen entzündet.

© Papa Gruber Kreis

 

www.johann-gruber.at

 

Julia Mayr / Papa Gruber Kreis / (be)

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