Bischof Scheuer: Christentum trotz "Erosion" präsent in Kultur
Wie Diözesanbischof Manfred Scheuer in seiner Predigt am 3. Juni 2021 im Mariendom ausführte, ist das, was vielen in der Vergangenheit heilig war – Umgänge mit der Monstranz durch Wiesen und Felder oder Fluss- bzw. Seeprozessionen – "heute vielleicht noch Folklore". Es gebe in Europa Druck, die Religion in die Privatsphäre zu verbannen. Dennoch bleibe das Christentum in vielerlei Hinsicht präsent und kulturprägend.
Scheuer verwies auf diesbezügliche Worte Jesu im Johannes- und dem Matthäusevangelium: "Ich habe offen (öffentlich) vor aller Welt gesprochen ... Nichts habe ich im Geheimen gesprochen." (Joh 19, 20) und adressiert an seine Jünger: "Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berge liegt, kann nicht verborgen bleiben" (Mt 5,14). Christus selbst komme nicht verborgen in die Welt, sondern offen für alle, wies der Bischof auf die "Öffentlichkeit" des Glaubens hin. Glaube "verleiblicht sich" auch in Politik, Wissenschaft und Bildung, Wirtschaft und Medien, Kunst und Kultur. "Christsein hat sich im Alltag zu verwirklichen und zu bewähren", betonte Scheuer.
Das Fronleichnamsfest, mit dem die bleibende Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie gefeiert wird, ermutige zu Gemeinschaft statt zum Rückzug ins Private. Wer Eucharistie feiert, "kann kein Eigenbrötler sein", so Scheuer wörtlich. Das bedeute: Ohne das Teilen, das Miteinander-Essen bleibe unverständlich, was Jesus getan hat. "Es geht um das Teilen des Essens und Trinkens, das Teilen der Zeit und der Begabungen, das Teilen der Lebensmöglichkeiten und des Lebensraumes", besonders auch für Bedürftige und in Not Geratene.
Kirche und Kultur bereichern einander
Der christliche Glaube und das darin wurzelnde christliche Ethos bleiben nach den Worten des Bischofs auch heutzutage in vielfältiger und sehr gestufter Weise in der Kultur präsent - wenn auch nicht mehr so prägend wie in vergangenen Epochen. Für die heutige Kirche und ihre Mission gehe es darum, "dass die Stimme des christlichen Glaubens um des Wohles und der Würde der konkreten Menschen willen, gerade der Schwächeren und der Opfer bestimmter gesellschaftlicher Entwicklungen, in ihrer humanisierenden, d. h. vermenschlichenden Kraft so wirksam wie möglich wahrgenommen wird".
Die humanisierende Bedeutung einer solchen wechselseitigen Achtung zwischen Kirche und Kultur sei sehr deutlich erlebbar in vielen zentralen Fragen der Ethik: Scheuer nannte als Beispiele die Friedensfrage, jene von Gerechtigkeit und Solidarität angesichts wirtschaftlicher Globalisierung oder die Bioethik in Bezug auf Lebensanfang und Lebensende. Zudem plädierte der Bischof dafür, "dass wir als Kirche unsere geprägten Räume und Zeiten, besonders das Kirchenjahr und den Sonntag öffentlich im Bewusstsein halten".
Predigtgedanken von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen