6.000 Menschen bei Gedenkfeier zur Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen
In Erinnerung an die Befreiung der Häftlinge aus dem Konzentrationslager Mauthausen am 5. Mai 1945 wurde heute dieses Ereignisses im Rahmen der alljährlichen internationalen Befreiungs- und Gedenkfeier gedacht. Mehr als 6.000 Besucherinnen und Besucher aus dem In- und Ausland nahmen auch dieses Jahr am 71. Jahrestag teil. Organisiert wurde die Gedenk- und Befreiungsfeier vom Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) in enger Zusammenarbeit mit der Österreichischen Lagergemeinschaft Mauthausen (ÖLM) und dem Comité International de Mauthausen (CIM).
Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich: „Wenn sich der Rechtsextremismus europäisch organisiert, kann unsere Antwort nur eine internationale Antwort sein. Wenn heute Menschen vor dem Krieg nach Europa flüchten müssen, sind viele europäische Regierungen auch solidarisch. Solidarisch im Wegschauen und im Nichtstun. Hier fordern wir echte und internationale Solidarität ein.“
© MKÖ / Sebastian Philipp
Auszug aus dem Konzentrationslager, angeführt von KZ-Überlebenden
Der Ablauf der diesjährigen Gedenk- und Befreiungsfeier wurde nach über 40 Jahren geändert: Anstelle des Einmarsches der nationalen und internationalen Delegationen bildete der Ausmarsch aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende des Festaktes den Höhepunkt der diesjährigen Feierlichkeit. Angeführt wurde der Zug von KZ-Überlebenden und Mitgliedern des Comité International de Mauthausen, unter ihnen CIM-Präsident Guy Dockendorf aus Luxemburg, CIM-Ehrenpräsident Dušan Stefančič aus Slowenien, die KZ-Überlebenden Max Garcia und Andrew Sternberg aus den USA, Aba Lewit aus Österreich, Daniel Chanoch, Jehuda Gurwich und Shaul Schpilman aus Israel und dem Deserteur und Zeitzeugen Richard Wadani. Damit soll die Befreiung der KZ-Inhaftierten symbolisiert werden.
Musikalisch wurde der Festakt vom Ensemble „Widerstand“ und „Ensemble 4 der Militärmusik OÖ“ mit den traditionellen Musikstücken, wie der „Europahymne“ und den „Moorsoldaten“, begleitet.
© MKÖ / Sebastian Philipp
Solidarität damals und heute
Den Zeitzeugen und KZ-Überlebenden Daniel Chanoch verbindet mit einer Gruppe anderer Überlebender eine bewegende Geschichte von Solidarität. Durch ihre gegenseitige Solidarität überlebten einige sogar mehrere Konzentrations- und Vernichtungslager, darunter Dachau, Auschwitz-Birkenau, Mauthausen und Gunskirchen sowie die Todesmärsche aus diesen Lagern.
Die Überlebenden der „131 Buben“ wurden nach ihrer Befreiung durch die „US-Army“ versorgt oder in DP-Lagern (DP = Displaced Person) untergebracht. Die Mehrheit dieser Buben traf auf die „Jewish Brigade“ und gelang so nach der Befreiung nach Israel. Der Kontakt innerhalb der „Gruppe der 131 Buben“ war auch nach der Befreiung sehr eng. Zwei dieser Buben führten den Auszug bei der Gedenkfeier am 15. Mai an: Daniel Chanoch und Jehuda Gurvich. Ebenfalls aus Israel angereist war Shaul (Paul) Schpilman, der während seiner Internierung in den Konzentrationslagern auf die Gruppe traf und aus dem Konzentrationslager Gunskirchen befreit wurde.
Für Häftlinge in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten hatte auch die internationale Solidarität einen wichtigen Stellenwert, so auch im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen und seinen Außenlagern. Die KZ-Häftlinge erkannten sehr bald, dass Widerstand gegenüber der Lager-SS und den Funktionshäftlingen nur erfolgreich sein konnte, wenn auf möglichst breiter Basis und unter Überwindung von nationalen und weltanschaulichen Differenzen kooperiert wurde. Aus dieser Entwicklung heraus wurde noch während der Befreiungstage 1945 das damals illegale Internationale Mauthausen Komitee (Comité International de Mauthausen), das VertreterInnen aus 21 Staaten Europas und den USA umfasst und bis heute tätig ist.
Jugend-Solidaritätsaktion: „Damit niemand untergeht!“
Der geänderte Ablauf der Befreiungsfeier bedeutete ein Ende des traditionellen Jugendgedenkmarsches vom Steinbruch über das Jugenddenkmal zum Eingangstor, der von der Katholischen Jugend (KJ), der Sozialistischen Jugend (SJ) und der Gewerkschaftsjugend (GJ) in Zusammenarbeit mit dem Mauthausen Komitee gestaltet wurde. Dafür bot sich erstmals für die Jugendlichen die Gelegenheit, beim ökumenischen Gottesdienst dabei zu sein.
Pfarrer Christian Öhler (l.) und Jakob Haijes (Vorsitzender Katholische Jungschar OÖ). © Jack Haijes
Der Gottesdienst mit dem evangelischen Bischof Dr. Michael Bünker, Pfarrer Mag. Christian Öhler (Geistlicher Assistent der Katholischen Aktion OÖ) und Metropolit Dr. Arsenios Kardamakis von der Orthodoxen Kirche in Österreich wurde vom Mauthausen Gospel Team gestaltet. Auch hier war das Jahresthema der internationalen Solidarität zentral, die für Christian Öhler in Mauthausen stark mit der Person des Seligen Marcel Callo verbunden ist. Öhler mahnte in seiner Predigt zu großer Wachsamkeit auch in der heutigen Zeit.
Predigt von Pfarrer Christian Öhler zum Nachlesen
V. l.: Metropolit Kardamakis, Bischof Bünker, Pfarrer Öhler. © Bernhard Rudinger / Kath. Aktion OÖ
Die Fürbitten wurden unter anderem von Bernhard Rudinger, Generalsekretär der Katholischen Aktion OÖ, und von Jakob Haijes, Vorsitzender der Katholischen Jungschar OÖ, gelesen.
Mit der Aktion "Damit niemand untergeht" machten zahlreiche Jugendorganisationen bei der heurigen Befreiungsfeier im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen auf das diesjährige Jahresthema ‚Internationale Solidarität‘ aufmerksam. Mit gefalteten Papierschiffen wiesen ca. 250 Jugendliche auf die Aktualität des Themas hin und wünschten sich, dass niemand auf der Flucht vor dem Krieg dem sicheren Tod überlassen wird.
© Jack Haijes
„Wir wollen unseren Enkeln später nicht erzählen, dass alle zugesehen haben, wie tausende Menschen im Mittelmeer ertrinken. Wir wollen es durch Überwindung von nationalen und weltanschaulichen Differenzen schaffen, Menschen zu helfen, wie es auch damals in den Widerstandsgruppen der Konzentrationslager möglich war“, meinte Julia Herr von der Bundesjugendvertretung. Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen in Europa, insbesondere aufgrund der globalen Migrationsbewegungen, sind die politisch Verantwortlichen gefordert, sich mit all jenen zu solidarisieren, deren Leben bedroht ist, und eine Kultur des Friedens zu forcieren.
© Sarah Mayer
Sarah Mayer / Katholische Jugend OÖ