Donnerstag 25. April 2024

Kirche im Vorübergehen – Kirche in der City

Sprecherteam des Netzwerkes Citykirchenprojekte

Menschen in der Stadt sind als PassantInnen unterwegs. Sie schlendern und schauen, was es gibt – bei Schuhen, Kleidung, aber auch bei religiösen Angeboten. Wie kann Kirche in der City für Menschen da sein, um sie zu stärken, aber ohne ihnen etwas einzureden?

Darüber informierte das „Netzwerk Citykirchenprojekte – Ökumenische Arbeitsgemeinschaft“ bei einer Pressekonferenz des OÖ. Journalistenforums am 27. April 2016 im OÖ. Presseclub.

 

Fachtagung Citypastoral in Linz

 

Von 27. bis 29. April findet die heurige ökumenische Fachtagung des Netzwerks Citykirchenprojekte in Linz unter dem Titel „Kirche in der City zwischen Stahl und Elektronik“ statt. 95 Einrichtungen gehören dem Netzwerk in Österreich, Deutschland und der Schweiz an. 17 befinden sich in ökumenischer, 30 in evangelischer und 47 in katholischer Trägerschaft; eine Einrichtung wird von der Altkatholische Kirche betrieben. 90 TagungsteilnehmerInnen sind nach Linz gereist, um sich über ihre Arbeit auszutauschen.

 

Die Hauptredner der Pressekonferenz: Hermann Merkle aus Stuttgart, Monika Udeani aus Linz, Heiko Kuschel aus Schweinfurt © Diözese Linz/Appenzeller

 

Kirche im Vorübergehen


Dipl.-Theol. Hermann Merkle vom Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart beschrieb bei der Pressekonferenz, wie viele Menschen in den großen Städten ticken: „Menschen in der City sind als PassantenInnen unterwegs. Sie schlendern durch die Stadt, schauen was geboten wird und fragen sich, wie sie ihr Leben gut gestalten können. Aus der Fülle der Angebote kreiert jede Person den eigenen Lebensstil. Das bezieht sich nicht nur auf Äußerlichkeiten, sondern auch auf die weltanschaulichen, religiösen Angebote.“ Viele Menschen in der Stadt sind nicht mehr selbstverständlich eingebunden in kirchliche Strukturen wie Gemeinden oder Verbände. Sie pflegen eher – wenn überhaupt – ein sporadisches Verhältnis zur Kirche. Citykirchenprojekte sind eine Antwort auf diesen Lebensstil. Sie sind ein zusätzliches, punktuelles und schnelles Angebot zu anderen kirchlichen Einrichtungen wie Pfarrgemeinden. Merkle: „Oft bieten Citykirchenprojekte Begegnungsmöglichkeiten, z.B. durch Cafés und offene, freundliche Räumlichkeiten. Viele Menschen haben gar nicht das Gefühl, in einer kirchlichen Einrichtung zu sein.“ Und weiter: „In den meisten Citykirchenprojekten arbeiten sehr viele Ehrenamtliche mit, die für Gespräche zur Verfügung stehen.“ In vielen Citykirchenprojekten spielen Veranstaltungen eine Rolle, kulturelle wie spirituelle.

 

Hermann Merkle © Diözese Linz/Appenzeller

 

Offen sein für das, was kommt


In Oberösterreich gibt es das Netzwerk „Kirche in der City“ mit Schwerpunkten in Linz, Wels und Steyr. Drei durchgängige Initiativen der Citypastoral gibt es in Linz:

  • das URBI@ORBI als Ort der Begegnung in der Bethlehemstraße 1a im Winklerbau,
  • die Lange Nacht der Kirchen, die am 10. Juni dieses Jahres zum 11. Mal stattfinden wird und
  • die Spirituellen Quellen in der City, die in der Ursulinenkirche, im Dom usw. zum Innehalten einladen.

Dr.in Monika Udeani ist Referentin für Citypastoral in Linz. Citypastoral in Linz will „begegenbar“ sein. Dafür geht Monika Udeani mit ihren MitarbeiterInnen auch mal auf die Linzer Landstraße. „Wir wollen Menschen begegnen. Wir gehen raus und sind da. Man muss als Mensch erlebbar sein. Und die anderen müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Wichtig ist: offen zu sein, für das, was kommt.“ Udeani erzählte ein Beispiel: „Vor kurzem kam eine Frau zu uns ins URBI@ORBI. Ein Bekannter war gestorben und sie suchte schwarze Schleifen, die sie um ein Blatt Papier binden wollte. Sie erzählte mir, dass auf dem Papier ein Spruch stünde, den sie nach dem Begräbnis verteilen wolle. Aber sie fand nirgends schwarzen Schleifen. Ich fragte sie, ob sie nicht vielleicht grüne Schleifen nehmen wollen würde, da der Tod für uns Christen ja immer auch mit Hoffnung verbunden sei. Die Frau fand die Idee gut und nahm grüne Schleifen. Als sie gegangen war, stand vom Nebentisch eine alte Dame auf. Sie hatte alles mitangehört und bedankte sich bei mir mit den Worten: Das war genau für mich.“

 

Monika Udeani © Diözese Linz/Appenzeller


Zwei Männer ziehen eine Kirche auf Rädern in die Fußgängerzone


Der evangelische Pfarrer Heiko Kuschel erzählte von dem Citykirchenprojekt in Schweinfurt: Mit einer so genannten Wagenkirche ziehen die beiden Seelsorger Heiko Kuschel (evangelische Citykirche) und Ulli Göbel (katholische Citypastoral) durch die Fußgängerzone in Schweinfurt. „Schnell mal Kirche“ heißt das Motto. Mitten in der City machen sie Station und sind da „für die Menschen, die sich nicht unbedingt zu einer Kirchengemeinde zugehörig fühlen, sondern mal eben zum Shoppen reinfahren, oder die vielleicht auch hier wohnen, aber mit Kirche eigentlich wenig am Hut haben. Kirche für die Menschen, die Fragen haben, denen ihr Glaube eher Probleme bereitet als sie zu stärken“. Ein kurzer Impuls der Seelsorger soll zu Gesprächen auf der Straße einladen. Erleben kann man dabei viel, so Heiko Kuschel und nannte ein Beispiel: „Während mein Kollege von einem Passanten aufs Wildeste beschimpft wurde, erzählte mir ein Mann vom Tod seiner Verlobten.“

 

Heiko Kuschel © Diözese Linz/Appenzeller

 

„Wir sind da. Mehr wollen wir nicht“


Einig waren sich die ReferentInnen bei der Pressekonferenz darüber, dass für viele Menschen in der Stadt Konfessionen keine Rolle spielen. Wichtig ist, dass ihnen jemand zuhört – egal, ob evangelisch oder katholisch. Das sei ohnedies die Grundfrage: „Wo sind Menschen, die mir zuhören?“ Citypastoral versteht sich als Pastoral ohne Bindungsabsicht. Es geht nicht darum, den Menschen ein Angebot oder gar eine Konfession aufzuschwatzen. „Wir sind erst einmal da. Mehr wollen wir nicht“, so Monika Udeani aus Linz. Menschen reagieren sehr empfindlich, wenn sie merken, dass man ihnen etwas einreden will. Hermann Merkle aus Stuttgart über die Haltung in der Citypastoral: „Es geht nicht darum zu sagen, ich habe die Wahrheit und nur wenn du zu uns gehörst, dann geht es dir gut. Sondern darum, den anderen in seiner Entscheidungsfreiheit ernstzunehmen.“

 

Begegnung im Urbi@Orbi - Kirche in der City, Bethlehemstraße 1a, Linz © Diözese Linz/Appenzeller

 

Geschichte der Citypastoral

 

Citypastoral ist im Kontext verschiedener pastoraler Ansätze und Felder eine relativ junge Entwicklung. Vor rund 20 Jahren entstanden die ersten Einrichtungen (z.B. das Domforum Köln 1995). Heute sind im Netzwerk Citykirchenprojekte 95 Einrichtungen zusammengeschlossen. Citypastoral versteht sich als Antwort auf kirchliche und gesellschaftliche Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, auf die die traditionelle Gemeindepastoral nicht mehr angemessen reagieren kann.

 

Sprecherteam des Netzwerkes Citykirchenprojekte: Peter Kolb, Hermann Merkle, Monika Udeani, Heiko Kuschel, Werner Zupp
© Diözese Linz/Appenzeller

 

Urbi@Orbi Linz

 

 

 

 

 

 

 

 

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