Donnerstag 25. April 2024

Theologisch-praktische Quartalschrift: „Phänomen Franziskus“

Das Cover der neuen Theologisch-praktischen Quartalschrift zum Thema 'Phänomen Franziskus'

Die Theologisch-praktischen Quartalschrift wird von den ProfessorInnen der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz (KTU) herausgegeben. Ausgabe 1/2015 behandelt das Thema „Phänomen Franziskus“.

„Der erste Nichteuropäer als Papst in 1200 Jahren hat die Kraft, die Welt zu verändern.“ So lautete die Begründung des Time Magazine, als es Jorge Mario Bergoglio, Papst Franziskus, 2013 zur „Person of the year“ wählte, somit zum einflussreichsten globalen „Newsmaker“. Das Time Magazine steht mit dieser Euphorie nicht allein. Der gegenwärtige Pontifex erfreut sich quer durch die politischen und weltanschaulichen Lager einer erstaunlich guten Presse. Wird nach der Faszinationskraft, die der Papst auf Menschen und Medien offenbar ausübt, gefragt, fällt immer wieder ein Stichwort: seine Menschlichkeit.

 

Das View-Magazin, das die Bilder des Monats einfangen möchte, titelte in seiner Oktober-Ausgabe 2014 mit der Schlagzeile „Mensch Papst“. Der Papst, heißt es, versucht die Probleme der Menschen zu verstehen, gleichgültig wo er ihnen begegnet. Und der ehemalige Fußballstar Diego Maradona, sein argentinischer Landsmann, wird mit den Worten zitiert: „Dieser Papst ist menschlich. Man kann ihn anfassen und umarmen.“ Die Medien, auch diejenigen des Boulevards, erkennen den theologischen Gehalt, der hinter der menschlichen Ausstrahlung des Papstes steht. Er legt damit in seiner Person, in seinen Taten, Worten und Symbolen Zeugnis ab für den Glauben an einen zutiefst menschenfreundlichen Gott. „Er lebt“, wie das View-Magazin formuliert, „sein Credo.“

 

Das aktuelle Themenheft der Theologisch-praktischen Quartalschrift widmet sich dem „Phänomen Franziskus“. Auch die Autorinnen und Autoren können und möchten sich der Faszinationskraft, die von Franziskus ausgeht, nicht ganz entziehen. Zugleich erklären sie das Phänomen Franziskus. Sie liefern Hintergründe seiner Biografie und Theologie, seiner Kirchensicht und seiner Gesellschaftskritik; sie nehmen Einordnungen und erste Beurteilungen seines Pontifikats vor. Konzeptionell wird das „Phänomen Franziskus“ im Schwerpunktheft von theologischen Innen- wie von sozial- und kulturwissenschaftlichen Außenperspektiven her erschlossen.

 

Das Cover der neuen Theologisch-praktischen Quartalschrift zum Thema 'Phänomen Franziskus'

 

 

Den Auftakt macht Margit Eckholt, systematische Theologin in Osnabrück und Expertin für die Kirche und die Theologie Lateinamerikas. Eckholt beschreibt die lateinamerikanische Prägung Bergoglios, seine Herkunft aus Kultur und Geschichte Argentiniens und dem hier einflussreichen Ansatz einer „Theologie des Volkes“.

 

Komplementär zu diesem Artikel passt der folgende, vom Frankfurter und Mainzer Pastoraltheologen Michael Sievernich SJ verfasste Beitrag. Sievernich, der Bergoglio aus persönlichen Gesprächen kennt, zeichnet das theologische Profil des Papstes nach und streicht die jesuitische Prägung seines Mitbruders heraus.

 

Ein großes Thema des Pontifikats Franziskus’, die Kirchenreform, wird vom Linzer Dogmatiker Franz Gruber behandelt. Der Autor skizziert anhand vieler aussagekräftiger Zitate die Grundlinien des Kirchenverständnisses sowie erste von Franziskus ausgehende Reformschritte, die sich vor allem in Stil- und Verfahrensformen festmachen lassen. In seinem breit rezipierten Lehrschreiben Evangelii Gaudium hat sich der Papst äußerst kritisch zu politischen und wirtschaftlichen Strukturen, die „töten“, geäußert.

 

Der bekannte Sozialethiker Friedhelm Hengsbach SJ rekonstruiert die Wirtschafts- und Gesellschaftskritik des Papstes; er zeigt deren auch verfremdende Aufnahme im medialen und politischen Diskurs und prüft Bergoglios Wahrnehmungen und Kritikpunkte im Hinblick auf ihren Sachgehalt.

 

Den eher von außen auf das Phänomen Franziskus gerichteten Blick eröffnet zunächst ein Beitrag der Mediensoziologin Kerstin Radde-Antweiler von der Universität Bremen. Sie analysiert mediale Mechanismen, die zur Popularität des Papstes, zum „Medienphänomen Franziskus“ entscheidend beitragen. Lange Zeit galt insbesondere in den westlich-europäischen Gesellschaften der Dalai Lama als der charismatische religiöse Führer par excellence. Nun scheint auch dem katholischen Kirchenoberhaupt eine ähnliche Rolle zuzufallen.

 

In ihrem instruktiven Vergleich zeigt die Wiener Religionswissenschaftlerin und Journalistin Ursula Baatz historische und theologische Hintergründe beider religiöser Führungsämter.

 

Den Abschluss des Schwerpunktthemas bildet schließlich eine Einordnung der jetzigen Papsteuphorie in die Kirchengeschichte seit 1800. Thomas Schulte-Umberg, als Kirchenhistoriker an der Universität Wien tätig, zeigt die faktische Pluralität der Verhältnisbestimmungen von Papsttum, Ortskirchen und Katholiken, die für die jeweilige Gegenwart Möglichkeiten und Gestaltungsräume eröffnet.

 

Auch die nicht direkt zum Themenschwerpunkt gehörigen Beiträge fügen sich diesmal in den inhaltlichen Rahmen. Im zweiten Teil seines Artikels zum Aggiornamento des Konzils macht der Luzerner Neutestamentler Walter Kirchschläger auf aufschlussreiche Bezüge von II. Vatikanischem Konzil und jetzigem Pontifikat aufmerksam. In der Rubrik „Das aktuelle theologische Buch“ bespricht der Wiener Judaist Gerhard Langer ein Dialogbuch, das den Austausch zwischen dem Erzbischof von Buenos Aires, Jorge M. Bergoglio, und dem Leiter des ebenfalls in der argentinischen Hauptstadt ansässigen lateinamerikanischen Rabbinerseminars, Abraham Skorka, dokumentiert. Er unterstreicht damit das religionsverbindende Anliegen des Papstes.

 

In die dominierende Papsteuphorie mischen sich inzwischen skeptische Untertöne. Nicht zu Unrecht wird moniert, dass sich der „Franziskus-Effekt“ nicht nachhaltig auf die Kirchenstatistik auswirke. Wegen Franziskus treten offenbar weder weniger Leute aus der katholischen Kirche aus, noch mehr wieder ein. Freilich verkennt eine auf Mitgliedschaft fixierte Kirchensicht die vielschichtige Bedeutung, die der Papst und auch die gesamte Institution Kirche für die Menschen auch jenseits formeller Mitgliedschaft einnehmen kann. Worte, Taten, Gesten und Symbole von Repräsentantinnen und Repräsentanten des Glaubens können etwas bei Menschen bewegen, was sich nicht oder kaum statistisch erfassen, messen und rubrizieren lässt. Beeindruckt von der Symbolhandlung, die Franziskus durch das gemeinsame Gebet um Frieden mit Palästinenserpräsident Abbas und Israels Staatschef Peres gesetzt hat, beschreibt der kirchenkritische Liedermacher Konstantin Wecker die Wirkkraft des Franziskus-Effekts auf ihn: „Dieses Treffen erfreut mich, wie mich dieser Papst immer wieder erstaunt. Er wird mich nicht zum Wiedereintritt in die katholische Kirche bewegen. Aber er bewegt mich.“

 

In dieser Hinsicht ist Papst Franziskus mit seiner beeindruckenden Persönlichkeit, seiner warmherzigen Menschlichkeit und seinen sprechenden Symbolhandlungen tatsächlich ein bewegendes Zeichen der Hoffnung – der Hoffnung auf eine reformfähigere Kirche und eine gerechtere und friedfertigere Welt.

 

http://www.thpq.at/

 

Univ.-Prof. Dr. Ansgar Kreutzer / Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz (be)

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