Mittwoch 24. April 2024

10.000 Menschen gedachten der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen

Tausende Menschen haben am 7. Mai 2023 an der internationalen Gedenk- und Befreiungsfeier der KZ-Gedenkstätte Mauthausen teilgenommen, darunter auch Bischof Scheuer und Jugendorganisationen der Diözese Linz.

Anlässlich der 78. Wiederkehr der Befreiung des KZ-Mauthausen lud das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) in Zusammenarbeit mit dem Comité International de Mauthausen (CIM) und der Österreichischen Lagergemeinschaft (ÖLM) am 7. Mai 2023 wieder zur internationalen Befreiungsfeier in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Diese widmete sich heuer dem thematischen Schwerpunkt „Zivilcourage“. Von Menschen, die Widerstand geleistet oder andere gerettet haben, die mutige Einzelaktionen gegen Behörden oder Funktionäre initiiert haben, die den Widerstand in Fabriken oder in der Rüstungsproduktion angeleitet haben, wurde meist erst nach dem Zusammenbruch des Systems berichtet. Handelnde wurde vom NS-Terrorregime beschuldigt, verfolgt, entwürdigt, bestraft und mussten allzu oft mit dem Leben bezahlen – auch im KZ Mauthausen. 

 

An der Gedenk- und Befreiungsfeier nahmen tausende Menschen aus Europa und der ganzen Welt teil, darunter die letzten Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen und seiner Außenlager sowie zahlreiche Jugendliche.

 

Internationale Gedenk- und Befreiungsfeier 2023

"Zivilcourage" war das Motto der heurigen Gedenk- und Befreiungsfeier in Mauthausen © Sebastian Philipp / MKÖ

 

Ökumenischer Gottesdienst: Appell für mehr Zivilcourage

 

Der Gedenkfeier ging ein ökumenischer Gottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer, dem Bischof der Evangelischen Kirche in Österreich Michael Chalupka sowie dem orthodoxen Erzpriester Ioannis Nikolitsis voraus. Stellvertretend für etwa 190.000 in Mauthausen inhaftierte Personen, von denen mindestens 90.000 ermordet wurden, wurde beim Gottesdienst in besonderer Weise an drei Einzelschicksale erinnert: Cesare Lorenzi (1903- 1945), Jean Conseil (1921-2009) und Marcel Callo (1921-1945). 


Lorenzi wurde wegen Teilnahme an einem Streik italienischer Arbeit in Mailand 1944 verhaftet und nach Mauthausen verfrachtet. 17 Tage nach der Befreiung starb er an den Folgen der KZ-Haft. Conseil schloss sich als Student in Amiens dem französischen Widerstand an. Nach der Verhaftung wurde er im April 1943 nach Mauthausen deportiert. Er überlebte die Torturen der Arbeitseinsätze und die Befreiung des Lagers. Seine Tochter hat von ihm den Satz überliefert: „Vergessen, das ist nicht möglich, aber verzeihen schon.“ Callo, geboren in Rennes, setzte sich für die Würde und Rechte der Arbeiter ein. 1943 wurde er zur Zwangsarbeit in einem Rüstungsbetrieb in Deutschland verschleppt, 1944 von der Gestapo verhaftet, weil er "zu katholisch" war. Er wurde in das Konzentrationslager Flossenbürg und dann Mauthausen deportiert, wo er im Stollen in Gusen arbeiten musste. Durch die extremen Arbeits- und Lagerbedingungen gesundheitlich sehr geschwächt, kam er am 5. Jänner 1945 bereits todkrank in das Krankenrevier. Am 19. März 1945 starb Marcel Callo im Alter von 23 Jahren. 1987 wurde Marcel Callo seliggesprochen. 

 

Gedenk- und Befreiungsfeier Mauthausen: Ökumenischer Gottesdienst

Stellvertretend für die vielen Opfer wurde im ökumenischen Gottesdienst an drei Einzelschicksale erinnert. © Samuel Haijes 


Bischof Chalupka sagte im Blick auf die Schicksale der Opfer: "Sie alle haben widerstanden, Zivilcourage gezeigt. Es ist wichtig, dass man sich an ihre Leben erinnert. An jedes einzelne. Damit die Auslöschung nicht nach dem Tode der Opfer weitergeht." In seiner Predigt betonte Chalupka: „Vernichtungsphantasien beginnen mit Diskriminierung: Wenn sich eine Gruppe über die andere stellt. Wenn Fremde mit abwertenden Bezeichnungen belegt werden. Wenn ihnen Gleichwertigkeit und Menschlichkeit angesprochen werden und sich die vermeintlich Überlegenen in den eigenen Vorurteilen suhlen. Es beginnt mit der Abwertung, dem Hohn und dem Spott und endet mit dem Befehl zu töten." Zivilcourage, so sagte Chalupka, sei „Widerstand gegen jede Form der Diskriminierung.“


Bischof Manfred Scheuer: „Ist Zivilcourage immer etwas ganz Außerordentliches, Außergewöhnliches und damit auch Schwieriges? Zivilcourage meint eher eine kleine Tugend, nämlich den alltäglichen, gewöhnlichen und insofern selbstverständlichen Mut dessen, der sich ein eigenes Urteil bildet, der nachdenkt und der sich verantwortlich fühlt. Von Mut kann nur insofern die Rede sein, als Bequemlichkeit und Feigheit ausgeschlossen werden, nämlich die Bequemlichkeit, sich nicht betreffen zu lassen und seine Zeitplanung nicht abzuändern; und die Feigheit, nicht durch sein Widersprechen, seine Präsenz oder auch sein Eingreifen vor anderen für seine Überzeugung einzustehen. Und es gehört dazu das Wahrnehmen von Zerstörung und Gewalttätigkeit sowie das unbestechliche Sich-betreffen-Lassen durch das Leid anderer. Schließlich widerspricht Zivilcourage vom Ansatz her der vermeintlichen Ohnmacht, dass man als einzelner ja doch nichts ändern könne“, so Scheuer.

 

Für ein „Niemals wieder“ einstehen


Auch Willi Mernyi, Vorsitzender des MKÖ rief angesichts der Aktualität des diesjährigen Schwerpunktthemas in der schließenden Gedenk- und Befreiungsfeier zu mehr Zivilcourage auf. „Rassismus, Diskriminierung und Gewalt lassen sich nicht von heute auf morgen aus der Welt schaffen. Mit kleinen Schritten ist es aber möglich, viel zu erreichen. Nämlich dann, wenn Menschen hinsehen, wenn Unbeteiligte helfend eingreifen und wenn Opfer nicht ohnmächtig bleiben. Lasst uns Mut haben gemeinsam für ein ‚Niemals wieder‘ einzustehen.“ 


Im Rahmen der gemeinsamen Befreiungsfeier erfolgte die Kranzniederlegung durch rund 130 Delegationen. Redebeiträge von MKÖ-Vorsitzenden Willi Mernyi und CIM-Präsidenten Guy Dockendorf waren ebenfalls Teil des Gedenkens. Musikalisch begleitete das Ensemble „Widerstand“ den gesamten Gedenkzug. Mehrsprachig moderiert wurde die Gedenkfeier, wie auch in den vergangenen Jahren, durch Konstanze Breitebner und Mercedes Echerer. Der Weg des Gedenkzugs endete schließlich mit dem Auszug aus dem ehemaligen Schutzhaftlager, mit dem die Befreiung der KZ-Inhaftierten im Jahr 1945 symbolisiert wurde. Anschließend gab es die Möglichkeit für individuelles, stilles Gedenken.


Jugendgedenkfeier: klares Zeichen gegen Menschenrechtsverletzungen


Die Gedenkfeier des Jugendorganisationen und Opferverbände fand dieses Jahr, wie gewohnt, vor der offiziellen Befreiungsfeier statt. Die Jugendgedenkfeier startete mit einer Kundgebung im Steinbruch, bei der die ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jugend Oberösterreich, Magdalena Lorenz, eine Rede zum diesjährigen thematischen Schwerpunkt „Zivilcourage“ hielt. Da die Todesstiege für die Gedenkfeier geöffnet wurde, konnten alle Jugendorganisationen zum Kinder- und Jugenddenkmal gehen, wo sie sich anschließend gemeinsam mit den Opferverbänden dem Gedenkzug anschlossen und auf den Appellplatz einzogen.   

 

Gedenk- und Befreiungsfeier Mauthausen: Jugendgedenkmarsch

Auch Jugendorganisationen der Diözese Linz nahmen an der Feier teil. © Samuel Haijes


Mit dem gemeinsamen Transparent, das den Jugendgedenkmarsch anführte, „Nein zu Pushbacks & Gefängnissen für Flüchtende. Flucht ist kein Verbrechen!“ setzten die Jugendorganisationen ein klares Zeichen gegen Menschenrechtsverletzungen. Auch Magdalena Lorenz betonte in ihrer Rede, dass es für Zivilcourage einen wachen Blick auf unsere Mitmenschen und deren Bedürfnisse benötige. „Die Herausforderung besteht darin, dass wir uns, bei all der Härte und Gleichgültigkeit, erlauben müssen, weich zu werden, um der Härte etwas entgegensetzen zu können“, unterstrich Lorenz. 

 

Gedenk- und Befreiungsfeier Mauthausen: Jugendgedenkmarsch

Jugendgedenkmarsch © Samuel Haijes


Um in der Gegenwart couragiert handeln zu können, ist der Katholischen Jugend und Katholische Jungschar eine aktive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit besonders wichtig. Aus diesem Grund nahmen – neben Magdalena Lorenz (ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jugend Oberösterreich) – auch viele Vertreter:innen aus ganz Österreich an der Gedenk- und Befreiungsfeier teil, wie etwa Bernhard Birklbauer und Tobias Kirschner (ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jugend Österreich) sowie Valeria Plohovich, Benedikt Schönhuber, Julia Windisch, Catharina Hofmann und Samuel Haijes (ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jungschar aus verschiedenen Bundesländern). Gemeinsam mit vielen anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen mahnten sie ein, dass sich die Gräueltaten des NS-Sozialismus nie wieder wiederholen dürfen. Mit ihrer Teilnahme setzten sie ein wichtiges Zeichen gegen Hass und für Zivilcourage. 
 

(Quellen: MKÖ / KJ OÖ / KJS OÖ / kathpress)

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