Freitag 29. März 2024

Online-Pastoraltagung zu Jugendpastoral

"Ihr seid das Jetzt Gottes": So der Titel der Pastoraltagung, die am 13. und 14. Jänner 2022 coronabedingt im Online-Modus zum Thema Jugendpastoral stattfand. 

Das via Zoom mitzuverfolgende Programm beinhaltete Grundsatz-Referate der deutschen Religionspädagogik-Lehrenden Patrik Höring ("Was ist Jugendpastoral?") am 13. Jänner und von Simone Birkel ("Alltag statt Abtauchen - Jugendliche und digitale Netzgemeinschaften") am 14. Jänner 2022. Weitere Online-Vorträge hielten der Salzburger Systematische Theologe Martin Dürnberger ("Identitätsarbeit junger Menschen zwischen Selbst-Sein, Anders-Sein und Besser-Sein", 13. Jänner) und die Eichstätter Pastoraltheologin Katharina Karl ("Die eigene Berufung finden und leben", 13. Jänner).

Auch zwei Bischöfe waren bei der Tagung präsent: Josef Marketz (Gurk-Klagenfurt), Referatsbischof für Pastoral, Katechese und Evangelisierung, sorgte für die liturgische Eröffnung; Jugendbischof Stephan Turnovszky (Wien) nahm am abschließenden Podiumsgespräch teil und diskutierte dabei mit Carina Baumgartner vom Jugendrat Vatikan, Angelika Hirschenberger vom Netzwerk Jakob und Jugendsynodenteilnehmerin Eva Wimmer (14. Jänner).

 

 

Marketz: "Gott traut uns etwas zu – auch den Jüngeren"

 

Junge Gläubige sollen nicht warten, "bis sie dran sind", in der Kirche mitzugestalten und mitzuentscheiden: "Ihr seid das Jetzt Gottes", wandte sich der Kärntner Bischof Josef Marketz am Donnerstag mit diesem Titel der diesjährigen Österreichischen Pastoraltagung an das online teilnehmende Publikum. Der Referatsbischof für Pastoral, Katechese und Evangelisierung bezog sich auf die Berufung des sich für zu jung haltenden Propheten Jeremia aus dem Alten Testament, dessen Vorbehalt Gott nicht gelten ließ. Auch heute gelte: "Gott traut uns etwas zu – auch den Jüngeren", so Marketz. "Gott braucht uns, damit wir uns einmischen in der Welt."

 

 

Höring: Kirche braucht "fresh expressions"


In seinem Eröffnungsvortrag definierte der deutsche Theologe Patrik Höring Jugendpastoral als gemeinschaftliches Handeln der Kirche, das auch abseits herkömmlicher Pfarrstrukturen erfolgen könne. Der Experte für Jugendseelsorge in der Erzdiözese Köln verwies auf "fresh expressions of church" – neue Erscheinungsformen von Kirche – im säkularisierten Großbritannien, deren Zielgruppe und Träger primär Menschen seien, die keinen Bezug zu Kirche oder Pfarrgemeinden haben. In Freikirchen sind laut Höring derartige Formen von Vergemeinschaftung längst geläufig, im katholischen deutschsprachigen Raum mit noch weitreichenden finanziellen und personellen Ressourcen noch kaum.

Wie Beispiele gerade aus England zeigten, könne es durchaus gelingen, "in Jugendkulturen einzutauchen und dort Spuren der Engel zu entdecken" – seien es Skater Communities oder Hochschulgruppierungen. Höring sprach von vielfältigen Formen, die jedoch zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Betreffenden seien. "Kirchlich" mache solche spontan entstehenden und niedrigschwellig zugänglichen Gruppen deren Ausrichtung entweder auf "worship" oder "serving" aus, also auf Liturgie oder tätige Nächstenliebe. Es braucht beides – ein spirituelles Fundament und soziales Engagement, betonte der Experte unter Berufung auf das nachsynodale Papstschreiben "Christus vivit", dem auch der Tagungstitel "Ihr seid das Jetzt Gottes" entnommen ist.

Die Anfragen des Online-Publikums danach richteten sich u.a. auf das Verhältnis von etablierten Pfarrgemeindestrukturen und neuen "fresh expressions" von Kirche. Letztere seien "kein Orchideenfach", so Höring, sondern eine gleichberechtigte Säule kirchlichen Lebens, auch wenn die von Kirchenleitungen zur Verfügung gestellten Mittel noch stark auf die deutlich geringere Zahl der "sichtbaren Kirchenmitglieder" abzielten. Pfarrgemeinden könnten von "fresh expressions" lernen, wie sie zu Ressourcen kommen und sich somit von einem "kirchlichen Beamtentum" entfernen, was wegen der absehbar geringer werdenden Kirchenmitglieder und -beitragsgelder auch hierzulande notwendig sei.

 

Jubiläums-Flashmob in Linz bei Österreichs größter Jugendsozialaktion '72 Stunden ohne Kompromiss' im Oktober 2021.

Jugendliche in Action: Jubiläums-Flashmob in Linz bei Österreichs größter Jugendsozialaktion "72 Stunden ohne Kompromiss" im Oktober 2021. © Stefan Riegler

 

Dürnberger: Heutiger "ernster Generation" Zuversicht vermitteln

 

Die Welt der heutigen Jugend trägt "katastrophische Züge", die Identitätsfindung der jungen Generation ist auch geprägt von Klimaveränderung und Corona-Pandemie. In den Sorgen, Nöten, Einsichten und Freuden der Jugend begegne ihm ein Ruf nach Metanoia", nach innerer Umkehr, sagte der Salzburger Systematische Theologe Martin Dürnberger am zweiten Halbtag der Österreichischen Pastoraltagung. Dieser heutigen "ernsten Generation", wie die deutsche Sinus-Jugendstudie 2020 die Generation nach den Millennials umschrieb, Gottes Zuwendung zu vermitteln, sei wichtig. Dürnberger plädierte dafür, aus christlichem Vertrauen heraus eine Haltung heiterer Gelassenheit zu kultivieren, wie der "Jugendapostel" Don Bosco (1815–1888) dies mit seinem Motto "Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen" tat.

In seinem Vortrag über "Identitätsarbeit junger Menschen zwischen Selbst-Sein, Anders-Sein und Besser-Sein" unterstrich der Professor für Fundamentaltheologie und Ökumenische Theologie an der Uni Salzburg die Notwendigkeit, im kirchlichen Rahmen nach dem "Jetzt der Jugend" zu fragen, nach den Chancen der Kirche für die Jugend und auch danach, was Kirche von Jugendlichen lernen kann.

Als "Lernfeld" wählte Dürnberger die Popkultur. Anhand aktueller Deutschrap-Songs zeigte er Themen von um die Jahrtausendwende geborenen Jugendlichen auf und erkannte – wie er sagte – eine Welt, die sich heute oft "katastrophisch" darstelle und unter Vorzeichen wie Performance, Konkurrenz, Kompromisslosigkeit und Klima-Zynismus stehe. Freilich, "die Jugend" gebe es nicht, wie auch die Sinus-Jugendstudie hinweise. Aber es gebe Gemeinsamkeiten, so der Theologe, allgemeine Leitfäden, Wahrnehmungen und Erfahrungen der unter 18-Jährigen. "Jugendliche heute nehmen sehr klar die Dialektik des Leistungsprinzips wahr, der Ernsthaftigkeit, ... Jugendliche heute sind keine Spaßgeneration."

Mit Papst Franziskus sind Christinnen und Christen als "das Jetzt Gottes" zu verstehen, "das in Christus offenbar wurde", erklärte Dürnberger. Dies gelte auch dann, wenn man noch nicht weiß, wohin man will und wie es weitergeht. Und das passe auch zur "verbeulten Kirche", der Franziskus den Vorzug gegenüber einer weltabgewandten gibt.

Im anschließenden virtuellen Austausch mit in der Jugendpastoral in Österreich Tätigen wurden Jugendliche mit Zuschreibungen wie Zuverlässigkeit, Treue, Verantwortungsgefühl bedacht, mit dem Hochhalten von Freundschaften, Umweltschutz, aber auch mit Angst vor Beziehungsverlust, Zukunftsängsten, Depressionen und der Sorge, den eigenen Platz in der Welt nicht zu finden. Wichtig seien Angebote an sie, die Freiraum bieten und Beziehungen fördern – Möglichkeiten, wo Jugendliche Angenommen-Sein erfahren, so der Tenor.



Birkel: Jugendliche mit ihrer Expertise ernstnehmen

 

Eine verstärkte Wahrnehmung von Jugendlichen als Expertinnen und Experten sowie ein Ernstnehmen ihrer Lebenswelt zwischen On- und Offline hat die Theologin Simone Birkel gefordert. "Das Herz geht auf, wenn sie erzählen dürfen", berichtete die Professorin für Religionspädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt am Freitag bei der Österreichischen Pastoraltagung, die sich heuer dem Thema Jugendpastoral widmet. Ein Anteilnehmen an der hybriden jugendlichen Welt sei wichtig, auch seitens der Kirche. Es brauche ein "offenes Zuhören und interessiertes Nachfragen", dann seien Jugendliche erfahrungsgemäß bereit, Erwachsene an ihrer Lebenswelt teilhaben zu lassen. Entscheidend sei, mit ihnen immer wieder ins Gespräch zu kommen.

Auf die jugendliche Mediennutzung ging Birkel denn auch näher ein. Mehr als 80 Prozent der 12- bis 19-Jährigen nutzten etwa für Schulaufgaben ihr Smartphone - und nicht etwa Laptop oder Tablet, verwies die Referentin auf die deutsche "JIMplus"-Studie. Wenn Jugendliche ins Netz "abtauchen" – etwa auf Diensten wie WhatsApp und YouTube, kaum noch bei Facebook – scheinen sie für Erwachsene nicht ansprechbar zu sein, schilderte Birkel. "Man könnte auch sagen, sie sind hoch konzentriert und im Flow." Während der Corona-Pandemie sei das vermehrt erwartbar. Dennoch litten Jugendliche auch unter den Absagen von Offline-Veranstaltungen, und das Kochen, Backen und Umdekorieren sei bei etwa der Hälfte von ihnen im Trend. Das Treffen im Freundeskreis habe schon vor der Pandemie zu den Lieblingsbeschäftigungen gehört.

Um Datenschutz machen sich Kinder und Jugendliche laut Umfragen weniger Sorgen. Demgegenüber stehen immer mehr von ihnen, die von Cybermobbing betroffen sind. Auch Birkel nannte dies als Problem, dem gegenüber es präventiv wie auch im Straffall tätig zu werden gelte. Dinge zur Anzeige zu bringen und Begleitung zu bieten sei "eindeutig die Aufgabe aller", zudem brauche es auch medienpädagogische Begleitung. Jugendliche verfolgten viele Inhalte von Influencern, würden aber selbst kaum Inhalte gestalten. Bei Content-Produktion mit Jugendlichen sei es deshalb wichtig, die Gesetzmäßigkeiten der jeweiligen Social-Media-Kanäle zu nutzen, aber dennoch vorsichtig zu sein.


 

Turnovszky: Kirche soll Jugend annehmen und auch herausfordern

 

Kirchliche Jugendarbeit braucht nach Überzeugung des österreichischen Jugendbischofs Stephan Turnovszky zwei Säulen, um erfolgreich zu sein: Sie muss "belonging" vermitteln, also Angenommen-Sein und Geborgenheit in einer Gemeinschaft, die Jugendlichen aber auch herausfordern und ihnen Wachstumsmöglichkeiten eröffnen. Beides sei wichtig, betonte der Wiener Weihbischof am Freitagnachmittag beim abschließenden Podiumsgespräch der diesjährigen Pastoraltagung. Es gehe darum, einen Wandel im Sinn des Evangeliums anzustoßen – für die Gesellschaft, die Kirche und die Jugendlichen selbst.

Turnovszky tauschte sich dabei online mit drei jungen Frauen aus, die für die Vielfalt der kirchlichen Jugendarbeit stehen: mit der Jugendsynoden-Teilnehmerin und früheren Vorsitzenden der Katholischen Jugend Österreichs, Eva Wimmer, mit Carina Baumgartner, Vertreterin der salesianischen Jugendbewegung und eines von 20 Mitgliedern im vatikanischen Jugendrat, sowie Angelika Hirschenberger vom Netzwerk "Jakob" (Jugend-Apostolate katholischer Orden und Bewegungen). Als Jugendbischof habe er das Privileg eines "Panoramablickes" und begrüße die Vielfalt der kirchlichen Zugänge ausdrücklich, die z. B. in den während der Pastoraltagung veröffentlichten Podcasts gut zum Ausdruck gekommen seien. Dabei sei es wichtig, aufeinander zu hören und offen für neue Erkenntnisse zu sein.

Unverzichtbar aus Sicht des Jugendbischofs: Die Kirche müsse im Umgang mit Jugendlichen "eine Mission haben" - ein aus seiner Sicht geeigneterer Begriff als "missionarisch sein". In Respekt vor der Freiheit des Individuums und mit Absage an jede Form von Missbrauch halte er daran fest. "Jugendpastoral ohne Mission ist das Langweiligste, das es gibt", hielt Turnovszky fest.

Seine Gesprächspartnerinnen berichteten von persönlichen Zugängen und Erfolgserlebnissen mit der kirchlichen Jugendarbeit. Einig waren sich die Expertinnen darin, dass Jugendliche als "Jetzt der Kirche" Mitgestaltungsmöglichkeiten zukommen sollten und ihnen echte Teilhabe gebühre, ohne dass sie sich "verbiegen und anpassen" müssen, wie Eva Wimmer erklärte.


Missbrauch löste "Kulturwandel" in Kirche aus

Angesprochen wurde von Mitdiskutierenden im Internet auch das gerade für die Kinder- und Jugendarbeit relevante Thema Missbrauch. Wimmer, Baumgartner und Hirschenberger wiesen auf die strengen Vorgaben etwa für Großveranstaltungen hin sowie auf Schulungen für Verantwortliche, die auf Prävention abzielen. Bischof Turnovszky sprach von einem "Kulturwandel" innerhalb der Kirche, der noch nicht abgeschlossen sei, aber zu einer großen Sensibilisierung geführt habe, was mögliche Übergriffe betrifft. Frucht dessen sei etwa die geltende Rahmenordnung "Die Wahrheit wird euch frei machen" der Bischofskonferenz, die genaue Leitlinien für Vorbeugung und Umgang mit Verdachtsfällen festlege.

 

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