Freitag 19. April 2024

Frauenhandel sichtbar machen

Am 18. Oktober 2021 lud die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“ zur Veranstaltung „Sexkauf fördert Frauenhandel“ im Hotel Kolping in Linz ein.

Am 18. Oktober ist Europäischer Tag gegen Menschenhandel. Die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“ initiiert seit mehreren Jahren rund um diesen Tag verschiedene Projekte, mit dem Ziel, Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Die heurige Informations- und Diskussionsveranstaltung im Hotel Kolping in Linz stand unter dem Motto „Sexkauf fördert Frauenhandel. Liegt im Nordischen Modell ein Lösungsansatz?“ Dazu referierten Inge Bell, Menschenrechtsaktivistin und stv. Vorstandsvorsitzende bei TERRE DES FEMMES Deutschland, sowie Dr. Erich Lehner, Männer- und Geschlechterforscher. Durch den Abend führte Mag. Matthäus Fellinger, ehemaliger Chefredakteur der KirchenZeitung der Diözese Linz.

 

Zahlreiche Interessierte waren zur Veranstaltung der Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“ erschienen.

Zahlreiche Interessierte waren zur Veranstaltung der Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“ erschienen. © Martin Eder


Dass das Thema prekär ist, zeigt die aktuelle Ausgangslage: Tausende Männer in Oberösterreich kaufen täglich Sex von Frauen, die zu circa 90 Prozent aus dem Ausland kommen. Immer klarer wird dabei, dass sich häufig Frauenhandel und sexuelle Ausbeutung dahinter verbirgt. 

 

Frauenhandel eindämmen


„Der europäische Tag gegen Menschenhandel muss aufrütteln und ins Handeln führen! Dass es im 21. Jahrhundert einen lukrativen Markt für die ,Ware Frau‘ gibt, zum definierten Zweck sexueller Ausbeutung, darf nicht länger hingenommen werden“, sagte Initiatorin Schwester Maria Schlackl. Sie gehört dem Orden der Salvatorianerinnen an, lebt in einer Gemeinschaft in Linz und hat 2014 die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“ gegründet, die gegen Gewalt gegenüber Frauen, Zwangsprostitution und Menschenhandel kämpft. 

 

Initiatorin Schwester Maria Schlackl SDS begrüßte das anwesende Publikum.

Initiatorin Schwester Maria Schlackl SDS  © Martin Eder


In Anlehnung an Oberst Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt Wien machte Schlackl darauf aufmerksam, dass Menschenhandel der am finanzkräftigsten und am schnellsten wachsende Zweig des organisierten Verbrechens überhaupt sei. Sie appellierte an politische Entscheidungsträger: „Es braucht daher ein entschiedenes, vernetztes und beherztes Vorgehen aller damit befassten Disziplinen, von Verantwortungsträgern des öffentlichen Lebens, von NGOs lokal, national und auf europäischer Ebene. Es ist Zeit, das vom Europäischen Parlament geforderte Nordische Gesetzesmodell endlich auch in Österreich zu diskutieren und einzuführen! Nur so kann Frauenhandel eingedämmt werden“, betont die Aktivistin. 

 

Plädoyer für das „Nordische Modell“


Das „Nordische Modell“ hat zum Ziel, Frauenhandel zu reduzieren und Männer-Bewusstsein für gleiche Würde von Frau und Mann zu fördern. Vortragende Inge Bell, Menschenrechtsaktivistin und stv. Vorstandsvorsitzende bei TERRE DES FEMMES Deutschland, klärte auf: „Prostitution ist die älteste Form der Ausbeutung. Viele der Betroffenen sind sowohl körperlich als auch psychisch traumatisiert. Was es braucht, sind Ausstiegshilfen für Mädchen und Frauen in der Zwangsprostitution, damit sie wieder ins Leben zurückfinden.“ Das von ihr vorgestellte Nordische Modell, das seinen Ursprung in Schweden hat und laut Bell auch in Österreich umgesetzt werden sollte, sieht ein Sexkaufverbot vor. Demnach werden nicht die prostituierten Menschen unter Strafe gestellt, sondern jene, die das System aufrechterhalten – wie etwa Freier. Die Expertin plädiert für eine breite Aufklärung über das Thema in der Gesellschaft und betont: „Prostitution ist nicht vereinbar mit Menschenwürde und auch nicht vereinbar mit der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen – denn es kann nicht sein, dass ein Geschlecht das andere kauft.“ 

 

Inge Bell, Menschenrechtsaktivistin und stv. Vorstandsvorsitzende bei TERRE DES FEMMES, stellte das „Nordische Modell“ vor.

Inge Bell, Menschenrechtsaktivistin und stv. Vorstandsvorsitzende bei TERRE DES FEMMES, stellte das „Nordische Modell“ vor. © Martin Eder


Was Männer veranlasst, einseitig sexuelle Befriedigung zu kaufen, wie Männer ihre Verantwortung gegenüber diesen Frauen wahrnehmen und wer diese Männer überhaupt sind, darauf ging Dr. Erich Lehner, Männer- und Geschlechterforscher, ein. Den „typischen Freier“ zu charakterisieren sei Lehner zufolge schwierig. „Es sind Männer aller Altersklassen, jedes Familienstandes, jedes Bildungsniveaus und von verschiedensten Berufs- und Einkommensgruppen. Tatsächlich besteht hinsichtlich psychischer und gewaltbezogener Parameter kein Unterschied zur durchschnittlichen männlichen Bevölkerung“, sagt Lehner. 

 

Dr. Erich Lehner, Männer- und Geschlechterforscher referierte über Motive und Männlichkeitsbilder.

Dr. Erich Lehner, Männer- und Geschlechterforscher referierte über Motive und Männlichkeitsbilder. © Martin Eder


Die ExpertInnen sprachen sich für eine fortschrittliche Prostitutionspolitik aus. Das Nordische Modell könnte für Österreich ein Vorbild sein und zur Entkriminalisierung, zum Schutz und zur Unterstützung von Mädchen und Frauen in der Prostitution beitragen. 


Nach den Vorträgen nutzten die ZuhörerInnen die Chance, mit den ReferentInnen ins Gespräch zu kommen. Das Bläserensemble des Adalbert Stifter Gymnasiums gestaltete die gelungene Veranstaltung musikalisch.

 

Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“


Die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“ wurde 2014 von der Salvatorianerin Maria Schlackl gegründet. Im Vordergrund steht der Einsatz gegen Gewalt gegenüber Frauen, Zwangsprostitution und Menschenhandel. Mit Schwester Maria Schlackl engagieren sich auch Lore Beck (Evangelische Kirche A.B.), P. Hans Eidenberger SM (Bildungshaus Greisinghof), Heidemaria Hofer (ehemalige Mitarbeiterin bei Welthaus), Isabella Maria Kern (Autorin) sowie Helga Prühlinger und Gaspard Nyungura (beide Missio OÖ). 


In Zusammenarbeit mit Ordensfrauen aus unterschiedlichen Gemeinschaften unterstützen sie den Verein SOLWODI (Solidarity with women in distress – Solidarität mit Frauen in Not), der 1985 in Kenia gegründet wurde und inzwischen auch in Deutschland, Rumänien und Österreich aktiv ist. SOLWODI setzt sich für eine Verbesserung der Stellung von Frauen ein, die in ihren Heimatländern oder in Europa in eine extreme Notlage geraten sind – bis hin zur Zwangsprostitution. Seit 2012 gibt es den Verein SOLWODI Österreich, der betroffene Frauen durch Beratung, Begleitung und Schutz – etwa durch anonyme Schutzwohnungen – unterstützt und durch öffentliche Veranstaltungen die Bewusstseinsbildung vorantreibt. Die Arbeit des Vereins wird ausschließlich durch Spenden finanziert.

 

Initiative 'Aktiv gegen Menschenhandel - aktiv für Menschenwürde mit Menschenrechtsaktivistin Inge Bell (3. v.l.)

Im Einsatz gegen Frauenhandel: (v.l.) Gaspard Nyungura (Missio OÖ), P. Hans Eidenberger SM (Bildungshaus Greisinghof), Referentin Inge Bell (Menschenrechtsaktivistin und stv. Vorstandsvorsitzende bei TERRE DES FEMMES Deutschland), Initiatorin Schwester Maria Schlackl SDS, Isabella Maria Kern (Autorin), Heidemaria Hofer (ehemalige Mitarbeiterin bei Welthaus), Helga Prühlinger (Missio OÖ), Lore Beck (Evangelische Kirche A.B.) © Martin Eder

 

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