Freitag 29. März 2024

„Friedens- und Dankgebet“ im Linzer Mariendom

Anlässlich „75 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs“ und „65 Jahre Staatsvertrag“ luden Bischof Manfred Scheuer und  PRO ORIENTE Sektion Linz am 25. Oktober 2020 zum ökumenischen Friedensgebet in den Linzer Mariendom ein.

Der Linzer Mariendom war am Abend des 25. Oktober 2020 Schauplatz des einzigen österreichischen „Friedens- und Dankgebetes“ für „75 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs“ und „65 Jahre Staatsvertrag“. Diözesanbischof Manfred Scheuer und die (vom früheren Landeshauptmann Josef Pühringer geleitete) Linzer Sektion der Stiftung PRO ORIENTE hatten zu diesem ökumenischen Gebet eingeladen. Die beiden bedeutenden Jubiläen seien im Schatten von Corona gestanden, aber das, was sich 1945 und 1955 ereignete, sei für Österreich von so großer Tragweite, dass es trotz der Epidemie nicht vergessen werden dürfe, auch die Schuldfrage im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg dürfe nicht ausgeblendet werden, betonte Josef Pühringer zum Auftakt des Friedens- und Dankgebets.

 

 

„Wir erinnern uns, damit wir uns unserer eigenen Verantwortung bewusst werden“

 

Auf die Schuldfrage ging auch Bischof Manfred Scheuer in seiner Predigt ein. Er zitierte die bewegenden Worte von Augenzeugen, die in den letzten Kriegstagen den Todesmarsch ungarischer Juden nach Gunskirchen gesehen hatten. Wörtlich sagte Bischof Scheuer: „Im Vordergrund stehen die Opfer und die Zeugen, die der Barbarei standgehalten haben, die das Unrecht nicht mitmachen wollten, ihm Widerstand leisteten. Wir gedenken derer, die in der Zeit des Nationalsozialismus ihr Leben für die Rettung anderer riskierten“. Der Linzer Bischof zitierte die Worte von Papst Franziskus in seiner jüngsten Enzyklika „Fratelli tutti“: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die gegenwärtigen und künftigen Generationen die Erinnerung an das Geschehen verlieren; jene Erinnerung, die Garantie und Ansporn ist, um eine gerechtere und brüderlichere Welt zu erbauen“. Der Linzer Bischof erinnerte daran, dass es in Oberösterreich andere Aspekte gebe, wie die „Mühlviertler Hasenjagd“ vom Februar 1945 auf Flüchtlinge aus dem KZ Mauthausen, „kein importierter Terror, kein eingeflogener Mordplan“. Die Grenze zwischen denen, die Häftlinge versteckten und damit ihr Leben riskierten, und denen, die mit „auf der Jagd“ waren, sei durch Dörfer, Verwandtschaften oder auch Familien hindurch gegangen. Mit all den Vorgängen vor 75 und mehr Jahren gebe es eine Verwobenheit mit diesem Schrecken, die über die persönliche Schuld der damaligen Täter hinausgehe: „Wir können nicht die Seite der Barbarei einfach dem Vergessen übergeben und auf die andere Seite der Mitmenschlichkeit stolz sein“.

 

Nach dem Krieg seien in Oberösterreich viele Flüchtlinge aufgenommen worden, die hier Heimat und Lebensraum gefunden hätten, betonte Bischof Scheuer. Es habe gerade in Zeiten der großen Not die Bereitschaft zum Teilen, zur Solidarität und zur Gastfreundschaft gegeben. Der Glaube an Gott mache frei, sich „auch den dunklen Seiten der eigenen Biographie und der Schuldgeschichte des eigenen Volkes zu stellen. Wir erinnern uns, damit wir uns unserer eigenen Verantwortung bewusst werden. Wir erinnern uns, damit die Schrecken des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ihre mahnende Kraft behalten, damit wir uns über die Verführbarkeit des Menschen, seine Fähigkeit zu unmenschlichen Taten und seinen Mangel an Mut nicht täuschen“.

 

Bischof Manfred Scheuer

Bischof Scheuer: „Wir erinnern uns, damit wir uns unserer eigenen Verantwortung bewusst werden.“ © Wolfgang Simlinger

 

Eindringlich hob der Linzer Bischof die Dankbarkeit für die Befreiung von der Geißel des Krieges und der nationalsozialistischen Unterdrückung am 8. Mai 1945 hervor, aber auch die Dankbarkeit für die seit 75 Jahren währende Friedenszeit: „Das ist nicht das große Verdienst der Nachgeborenen, es ist ein großes Geschenk, mit dem wir wie mit einem kostbaren Gut behutsam umgehen sollen“.  In Österreich hätten die Todfeinde der 1930er-Jahre zueinander gefunden und miteinander das Nachkriegsösterreich aufgebaut, „Rechtsstaat und Demokratie mit Gewaltentrennung, Grund- und Freiheitsrechten“. All dies sei keine Selbstverständlichkeit, sondern müsse täglich verteidigt werden. Auch 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bleibe es eine zentrale Aufgabe, den Frieden zu wahren und zu erneuern, betonte Scheuer: „Es gibt keinen dauerhaften Frieden ohne Gerechtigkeit, ohne den Schutz der Menschenrechte, ohne Freiheit und ohne die Achtung des Rechts“.

 

Für die katholische Kirche habe der Konzilspapst Johannes XXIII. In seiner Enzyklika „Pacem in terris“ die für alle Menschen gültigen Grundpfeiler für die Vision eines Zusammenlebens in Frieden formuliert: Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Freiheit. Die Wahrheit werde die Grundlage des Friedens sein, wenn jeder außer seinen Rechten auch seine Pflichten ehrlich anerkennt. Die Gerechtigkeit werde den Frieden aufbauen, wenn jeder die Rechte der anderen konkret respektiert. Die Liebe werde der Sauerteig des Friedens sein, wenn die Menschen die Nöte und Bedürfnisse der anderen als ihre eigenen empfinden und zum Teilen bereit sind, so der Linzer Bischof. Die Freiheit schließlich werden den Frieden nähren und Früchte tragen lassen, wenn die einzelnen bei der Wahl der Mittel zu seiner Erreichung der Vernunft folgen und „mutig die Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen“.

 

Gedanken von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

 

„Für den Frieden muss man immer arbeiten und auch beten“

 

Josef Pühringer verwies auf das Konzept von Papst Franziskus für die Ökumene: „Gemeinsam gehen, gemeinsam beten, gemeinsam arbeiten. Das ist unser Königsweg“. Dieser Weg solle auch beim Friedens- und Dankgebet im Linzer Dom gegangen werden. Der frühere oberösterreichische Landeshauptmann erinnerte daran, dass der Österreichische Staatsvertrag vom 15. Mai 1955, der Österreich Freiheit und volle staatliche Souveränität brachte, gleichsam ein Wunder war. Denn bei der Berliner Konferenz von 1954 hätten die Alliierten noch klar festgehalten, dass Österreich erst dann seinen Staatsvertrag bekomme, wenn es auch mit Deutschland eine Lösung gibt. Als 1955 die österreichische Delegation, aus Moskau kommend, auf den Flughafen Vöslau gelandet sei, habe der damalige Bundeskanzler Julius Raab seine Rede mit den Worten begonnen: „Vor allem möchte ich Gott danken. Die österreichische Delegation bringt gute Kunde mit nach Hause. Wir werden, was wir in diesen zehn Jahren erhofft und erstrebt haben: frei sein!“ Auch heute gelte es, Gott zu danken, „dass wir seit 75 Jahren in Frieden leben können, in einer Welt voller Kriege und Unruhen“. Die täglichen Bilder der Medien seien eine Erinnerung, dass Friede „keine Selbstverständlichkeit“ ist. Pühringer: „Für Frieden muss man sich immer aufs Neue einsetzen, für den Frieden muss man immer arbeiten und auch beten“.

 

Friede sei nie ein fertiger Zustand, so der Vorsitzende der Linzer „Pro Oriente“-Sektion: „Friede ist mehr als Freisein von Krieg, zu ihm gehört auch das friedliche Zusammenleben und der soziale Frieden, Gerechtigkeit, ein gutes Miteinander und die Solidarität mit den Schwächeren im eigenen Land und in den Ländern des ‚Südens‘“. Die Stiftung „Pro Oriente“ habe gemeinsam mit Bischof Scheuer zum Friedens- und Dankgebet eingeladen, weil im Hinblick auf den Frieden zumindest alle Christen „mit einer Stimme reden“ und gemeinsam dafür beten sollten. Das Wort aus dem Weihnachtsevangelium – „Friede den Menschen auf Erden“ – sei für ihn „einer der politischesten Aufträge des Evangeliums“, so Pühringer: „Da muss die Ökumene funktionieren, auch im Gebet, egal, wo immer wir sonst noch nicht eins sind.“

 

Josef Pühringer, Vorsitzender von PRO ORIENTE Sektion Linz

Josef Pühringer: „Für Frieden muss man sich immer aufs Neue einsetzen.“ © Wolfgang Simlinger

 

Im Zeichen des gemeinsamen Einsatzes für den Frieden wurden die Fürbitten sowohl von Repräsentanten der Sicherheits- und Hilfsorganisationen – Bundesheer, Rotes Kreuz, Feuerwehr – als auch von Vertretern der Gemeinden der orthodoxen und reformatorischen Kirchen in Oberösterreich vorgetragen: Oberstleutnant Martin Weiß für das Militärkommando Oberösterreich, Landesfeuerwehrkommandant LBD Robert Mayer für das Feuerwehrwesen in Oberösterreich, Paul Reinthaler für das Rote Kreuz, Erzpriester Alexander Lapin als orthodoxer Militärseelsorger, Pfarrer Samuel Ebner (Altkatholische Kirche), Erzpriester Sorin Bugner (Rumänisch-Orthodoxe Kirche), Erzpriester Dragan Micic (Serbisch-Orthodoxe Kirche) und Cecile Ndayisaba (Evangelisch-methodistische Kirche).

 

Unter den Teilnehmenden des Friedens- und Dankgebets war auch der emeritierte Linzer Bischof Maximilian Aichern. Im Friedensgestus lud der evangelisch-lutherische Superintendent Gerold Lehner die Teilnehmenden ein, den jeweils „anderen“ mit Gottes Augen zu sehen, als „Gottes geliebtes Geschöpf“. Im Hinblick auf die Präsenz der Hilfsorganisationen unterstrich Lehner, es sei auch nicht selbstverständlich, dass so viele Menschen auf Knopfdruck zur Rettung anderer bereit seien. Der 1. Präsident des Oberösterreichischen Landtags Wolfgang Stanek, der in Vertretung von Landeshauptmann Thomas Stelzer gekommen war, dankte PRO ORIENTE dafür, dass die Stiftung eine Plattform der Begegnung, des Dialogs bietet. Auch Stanek unterstrich, dass es nicht selbstverständlich sei, in Frieden und Freiheit leben zu dürfen. Es gehe immer um das Miteinander. 

 

Friedens- und Dankgebet im Linzer Mariendom
Superintendent Gerold Lehner
Vertreter der Sicherheits- und Hilfsorganisationen und der Ökumene in Oberösterreich
Der 1. Präsident des Oberösterreichischen Landtags Wolfgang Stanek kam in Vertretung von Landeshauptmann Thomas Stelzer.
Bischof Manfred Scheuer spendete den Segen.

© Wolfgang Simlinger

 

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