Donnerstag 28. März 2024

TelefonSeelsorge: Entlastung durch Zuhören, Wege zur Angstreduktion suchen

Silvia Breitwieser

Silvia Breitwieser, Leiterin der TelefonSeelsorge OÖ, zu den Ängsten der Menschen angesichts der Coronavirus-Pandemie und wie die TelefonSeelsorge konkret hilft.

Ruhe und Vernunft bewahren

 

Das Coronavirus hat unsere Welt gehörig durcheinandergewirbelt und wird es auch weiterhin tun. Wir befinden uns in einer völlig neuen Situation, die auf der bitteren Erkenntnis beruht, dass unser Lebensstil, unser Lebensgefühl zerbrechlich ist. Die Selbstverständlichkeit unseres Alltags ist in diesen Tagen in Auflösung begriffen.

 

Niemand kann sich Covid-19 und der Berichterstattung darüber entziehen, kaum ein Gespräch, das sich nicht um die Pandemie dreht. Angst, Unsicherheit und Zwang zum Verzicht verändern das soziale Gefüge. Beklommenheit herrscht, weil wir vieles zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht wissen, nicht einschätzen können. Was wir aber wissen, ist, dass wir stärker sind, wenn wir einander helfen. Unsere Gesellschaft ist nun gefordert, sich als widerstandfähig, als resilient zu erweisen.

 

Das Coronavirus begegnet uns als unvertraute Bedrohung, die wir nicht sehen, nicht riechen und nicht schmecken können. Das kann zu Ohnmachtsgefühlen führen. Die eher irrationalen Hamsterkäufe sind beispielsweise ein Versuch, die eigene Wirkmacht aufrechtzuerhalten und sich zu beweisen, dass man handlungsfähig bleibt.

 

Manche Menschen verbringen derzeit viel Zeit damit, auf die neuesten Nachrichten zu lauern und ständig die Infektionsstatistiken zu checken. Es herrscht laut Medienwissenschafter Bernhard Pörksen eine regelrechte Infodemie mit dem Prinzip der Gefühlsansteckung, der emotionalen Infektion, welcher man sich kaum entziehen kann (Die Presse, 15.03.2020). Je mehr Zeit aber mit Covid-19 verbracht wird, desto präsenter ist es in den Gedanken. Daher ist es wichtig, sich auch „Auszeiten“ zu nehmen und mit jemandem bewusst über andere Themen zu sprechen. Denn es braucht auch Zeiten, in denen man von Sorgen abgelenkt wird, um sich zu beruhigen. Ständiger Stress durch Ängste kann sich negativ auf das eigene Immunsystem auswirken (Psychoneuroimmunologie).

 

In eine Angststarre zu verfallen, hilft nicht weiter. Besser ist es, die eigenen Ängste zu bearbeiten, indem wir sie mit jemanden teilen und gemeinsam herausfinden, wie wir konkret tätig werden können. Das stärkt die Selbstwirksamkeit. Energie wird der Angst entzogen und dem Handeln zugeführt, die Angst reduziert sich.

 

Einige sehen die Zeit der Besinnung, der Kontemplation und Muße gekommen. Doch gerade das empfinden viele als Bedrohung, da wir uns in den vergangenen Jahrzehnten auf viele verschiede (digitale) Arten erfolgreich gegen die Langeweile gewehrt haben. Ständig das Smartphone in der Hand, Theater, Konzerte, Fernsehen, Streamingdienste, Kino, Restaurant, Bar, Stadion – wir waren daran gewöhnt, zahlreiche Unterhaltungsangebote zu nutzen. Fast alles, was an Bespaßung vorhanden war, ist plötzlich nicht mehr möglich. Wir sind auf uns selbst und unsere Ängste zurückgeworfen.

 

Nun ist es nötig, trotz alledem einen funktionsfähigen Alltag aufrechtzuerhalten. Doch den meisten Menschen fällt es schwer, alleine mit sich zu sein. Das Gefühl der Einsamkeit ist niemandem unbekannt, von Zeit zu Zeit überkommt es wohl jeden. Ein kurzfristiger selbstgewählter sozialer Rückzug kann wohltuend sein, langfristige und verordnete Isolation macht krank. Das heißt, wir brauchen auch jetzt fixe Programmpunkte. Aufgaben, denen wir uns stellen und Dinge, die wir abarbeiten können. Günstig wäre es, die ganz „banalen“ Dinge des Alltags wieder zu entdecken: kochen, basteln, malen, gärtnern, lesen, schreiben oder spazieren gehen.

 

Und wir brauchen sozialen Kontakt per Telefon, Mail oder Chat.

 

Wir sind da – rund um die Uhr

 

Die TelefonSeelsorge Oberösterreich – Notruf 142 ist an allen Tagen des Jahres rund um die Uhr, vertraulich und kostenlos erreichbar. Dies gilt natürlich besonders in der derzeitigen Krisensituation.

Unsere MitarbeiterInnen sind für all jene da, die sich belastet fühlen, voller Angst sind, nicht mehr ein und aus wissen. Sie haben aber auch ein offenes Ohr für alle Menschen, die in diesen Tagen sozialen Kontakt, ein menschliches Gegenüber und ein Gespräch suchen.

 

Unter dem Motto „Sorgen kann man teilen“ bieten wir niederschwelliges Beratungsangebot per Telefon, Mail oder Chat.

 

Die Themen am Telefon drehen sich mittlerweile zu 90 Prozent um die Pandemie. Es geht um die Angst vor Einsamkeit und Isolation, um die Sorge um Angehörige, um Ängste um die eigene Gesundheit bei einer bereits bestehenden Grunderkrankung, um Existenzängste sowie um die Unsicherheit bezüglich der Abhaltung geplanter Veranstaltungen (Hochzeit, Begräbnis, Taufe).

 

Seit Freitag melden sich vermehrt Menschen, die Angst haben, am Virus erkrankt zu sein, und Anrufende, die wichtige Termine wie beispielsweise Therapien bei Alkoholentzug nicht wahrnehmen können und bei der TelefonSeelsorge Überbrückung suchen. Covid-19 wirkt sich natürlich auch auf die psychosoziale Landschaft aus. Mittlerweile mussten diverse Therapie-/Beratungs- und Seelsorgeeinrichtungen ihre Türen schließen. Ihre KlientInnen sind aber auch weiterhinauf auf Beratung, Begleitung und Unterstützung angewiesen – gerade jetzt!

 

 

Was wir tun:

  • Durch Zuhören Entlastung bieten: Viele unserer AnruferInnen haben nur ein kleines soziales Netz. Es geht also darum, dass sie ihre Ängste und alles, was sie in den Medien hören, mit jemandem besprechen und somit ihre Sorgen teilen können.
  • „Diffuse“ Ängste explorieren, benennen und sortieren: Welche Ängste gibt es
    genau? Welche Gedanken gehen durch den Kopf? Welche Angst ist am größten?
  • Strategien zur Angstreduktion entwickeln helfen, um das Gefühl der Ohnmacht zu lindern und rationales Denken zu ermöglichen: Was könnte helfen, die Angst zu mindern bzw. Ablenkung bieten? Was könnte dabei helfen, sich zu beruhigen/entspannen?
  • Ressourcenarbeit: Was könnte im Moment Sicherheit geben? Welcher positive Gedanke könnte beruhigen? Wie kann man für sich selbst tätig werden? Was hat in früheren Situationen geholfen?
  • ein verlässliches, einfühlsames menschliches Gegenüber bieten: Für Menschen, die ohnehin schon einsam sind und sehr isoliert leben, bedeuten die aktuellen Geschehnisse eine weitere Isolation und können dadurch großen Stress erzeugen. Gemeinsam wird überlegt, wie Sozialkontakte weitergeführt werden können und wie eine Alltagsstruktur aufrecht erhalten bleiben kann. Zudem sichern wir den AnruferInnen unser Da-Sein für sie und ihre Sorgen rund um die Uhr zu.
  • Gefühle erlauben: Viele Menschen haben Angst und das ist in dieser Situation ganz normal. Wir vermitteln, dass der/die AnruferIn/Ratsuchende mit seinen/ihren Ängsten nicht alleine ist.
  • Die Belastungen durch die derzeitige Weltlage variieren nach psychischer Verfasstheit und Vulnerabilität der Person. Wir helfen beim Sortieren der Ängste, beim Stärken der Selbstwirksamkeit und suchen nach Möglichkeiten, die eigene Handlungsfähigkeit zu erhalten.
  • Es geht in den meisten Fällen nicht um das Virus konkret, sondern um seine Auswirkungen auf unseren Alltag. Das Besondere ist, dass alle Lebensbereiche stark betroffen sind: die eigene Gesundheit, die Gesundheit der Familie, Beruf, Kinderbetreuung, wirtschaftliche Existenz, Freizeitgestaltung
  • Wir versuchen einen Weg zwischen Hysterie und Bagatellisierung zu vermitteln sowie an die menschliche Krisenfähigkeit zu erinnern: Bitte bleiben Sie vernünftig, lassen Sie absurde Gerüchte nicht an sich heran, vertrauen Sie etablierten und seriösen Medien.

 

TelefonSeelsorge online

 

Viele, die verunsichert sind, werden nun Online-Kanäle nutzen, um Antworten auf ihre Fragen zu erhalten. Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Onlineberatung in den nächsten Wochen steigen wird. Gleichzeitig ist es sinnvoll und naheliegend, Beratungsgespräche in den virtuellen Raum zu verlegen und damit sicher zu stellen, dass Menschen, die gerade jetzt unsere Hilfe und Unterstützung benötigen, diese weiterhin in Anspruch nehmen können.

 

Der Sofortchat der TelefonSeelsorge wird als Unterstützung für die Menschen in dieser Krisensituation deshalb ab sofort täglich von 18.00 bis 20.00 Uhr geöffnet sein.

 

Im geschützten Chatroom finden Ängste und Sorgen Raum. Das Angebot ist aus ganz Österreich kostenlos, anonym und vom eigenen Wohnzimmer aus erreichbar. Die geschulten ChatberaterInnen bieten Entlastung bei Ängsten, unterstützen beim „Sich-Sortieren“ und helfen bei der Suche nach Wegen zur Angstreduktion. Für Menschen, die unter der zunehmenden Isolation leiden, bieten die BeraterInnen ein menschliches Gegenüber, Kontakt, sowie Unterstützung bei der Suche nach Alternativen zur Gestaltung des Alltags und der zwischenmenschlichen Kontakte.

 

TelefonSeelsorge OÖ – Notruf 241

Tel.: +43(0)732/73 13 13

Mail: telefonseelsorge@dioezese-linz.at
Web: www.ooe.telefonseelsorge.at

Chat- und Onlineberatung: www.onlineberatung-telefonseelsorge.at

Elterntelefon: https://www.dioezese-linz.at/elternnotruf

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