Donnerstag 18. April 2024

KirchenvertreterInnen "Im Zentrum": Opferschutz muss Vorrang haben

"Wir stehen auf der Seite der Opfer": Darauf hat Peter Schipka, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, am Abend des 10. Februar 2019 in der ORF-TV-Sendung "Im Zentrum" zum Thema Missbrauch hingewiesen.

Dieser Weg an der Seite der Opfer, den die katholische Kirche in Österreich beim Umgang mit Missbrauch in den eigenen Reihen seit 2010 konsequent eingeschlagen habe "und auch weiter gehen wird", bedeute "Null Toleranz" gegenüber Tätern und Strafanzeigen, sofern die Opfer zustimmen oder Gefahr für weitere Menschen drohe, und das bewusste Zurückgreifen auf die Expertise von kirchenunabhängigen Fachleuten. Eine solche "Außenperspektive" sei notwendig, betonte Schipka; auch der Druck der Medien sei hilfreich, um notwendige Reformschritte in der Kirche anzustoßen - selbst wenn das unangenehm sein sollte.

 

Zum Thema Missbrauch in der Kirche anlässlich des viel diskutierten TV-Gesprächs zwischen Kardinal Christoph Schönborn und der früheren Ordensangehörigen Doris Wagner im Bayerischen Rundfunk tauschte sich Peter Schipka mit der Präsidentin der österreichischen Frauenorden Sr. Beatrix Mayrhofer, mit der Opferschutzanwältin und Ex-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic, Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck, dem Jesuiten und Buchautor Andreas R. Batlogg und der Psychotherapeutin und Religionspädagogin Monika Prettenthaler aus. Einig war sich die Runde nicht nur darin, Missbrauchsopfern gegenüber eine "Kultur des Hinschauens" zu pflegen, sondern auch darin, dass im Zuge der Missbrauchsdebatte nicht nur Kindern und Jugendlichen, sondern auch der Frauenfrage in der Kirche Aufmerksamkeit zukommen muss.

 

In die ORF-Diskussionssendung wurden mehrere Ausschnitte aus dem Gespräch zwischen Schönborn und Doris Wagner gezeigt, die über ihre Zeit als Angehörige der Gemeinschaft "Das Werk" und ihre Vergewaltigung durch einen Priester mehrere Bücher schrieb, darunter "Nicht mehr ich: Die wahre Geschichte einer jungen Ordensfrau". Dieser Tage ist im Herder-Verlag Wagners neues Buch "Spiritueller Missbrauch in der katholischen Kirche" erschienen.

 

Peter Schipka macht es nach eigener Aussage "fassungslos", welche "abscheulichen Verbrechen" auch Priester begehen. Das Leid der Opfer werde noch dadurch verstärkt, dass deren Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen wird. Er, Schipka, halte wie auch Kardinal Schönborn die Schilderungen von Doris Wagner für glaubhaft. Auf Seiten der Opfer zu stehen und ihnen zu sagen "Ich glaube dir" stünde auch allen Ordensgemeinschaften gut an, merkte der Generalsekretär in Richtung der Gemeinschaft "Das Werk" an, die am 9. Februar 2019 in einer Aussendung eine "einvernehmliche" sexuelle Beziehung zwischen Wagner und einem Priester behauptet hatte.

 

In Österreichs katholischer Kirche werde spätestens seit 2010 ein vorbildlicher Weg im Umgang mit Missbrauch eingeschlagen, der in anderen Ländern noch aussteht, sagte der Bischofskonferenz-Generalsekretär. Schipka hofft auf Impulse in Richtung weltweite Sensibilisierung durch die von Papst Franziskus für 21. bis 24. Februar einberufene Vatikan-Konferenz zum Thema Missbrauch, an der die Vorsitzenden der nationalen Bischofskonferenzen, hochrangige Ordensvertreter sowie Experten teilnehmen.

 

Zugleich warnte Schipka vor einem Pauschalverdacht gegenüber Klerikern: Missbrauch sei ein gesamtgesellschaftliches Thema. Im Blick auf zu Tätern gewordene Priester falle ihm das Wort des Papstes ein: "Wenn ein Baum fällt, macht das mehr Lärm, als wenn ein Wald wächst." Man dürfe nicht aus dem Blick verlieren, dass es viele verdienstvolle, empathiefähige Seelsorger gebe, die ihre Macht nicht für eigene Zwecke missbrauchten, so der Generalsekretär.

 

Peter Schipka, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz

Peter Schipka war einer der DiskutantInnen bei der ORF-Sendung "Im Zentrum" zum Thema Missbrauch. © Kathpress / Henning Klingen 

 

Sr. Beatrix Mayrhofer bestätigt Missbrauch von Ordensfrauen

 

Sr. Beatrix Mayrhofer bestätigte die Aussage des Papstes bei dessen "fliegender Pressekonferenz" nach seinem Arabien-Besuch, wonach Ordensfrauen bis heute Opfer sexueller Übergriffe werden. Weibliche Ordensangehörige würden oft in eine dienende, aufopferungsbereite Rolle hineingedrängt und nähmen diese oft allzu bereitwillig an. Noch stärker als Frau generell in der Gesellschaft würden Ordensfrauen manchmal als "Menschen zweiter Klasse" angesehen, und Priesterseminaristen würden Klosterschwestern nur als Dienende für ihren Haushalt kennen.

 

Es brauche ein Geschlechterverhältnis "auf Augenhöhe" in der Kirche, forderte die höchstrangige Ordensvertreterin Österreichs. In diesem Zusammenhang sagte Sr. Mayrhofer mit Ironie zum Thema Weiheämter für Frauen: "Wenn's die Männer ausüben, ist es Dienst, und wenn's die Frauen anstreben, ist es Macht."

 

Die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden wünscht sich, wie sie sagte, "so etwas wie eine Ombudsstelle für Ordenspersonen", an die sich etwa von Missbrauch betroffene Nonnen wenden können. Zwar gebe es die Vereinigungen selbst, allerdings seien Ordensführungskräfte oft nicht die passenden Ansprechpersonen. Eine weitere Anregung von Mayrhofer: Der Blick auf Opfer müsse ergänzt werden durch die Frage "Was macht Menschen zu Tätern?", sonst könnten Systemschwächen nicht behoben werden.

 

Sr. Beatrix Mayrhofer

Sr. Beatrix Mayrhofer wünscht sich eine Ombudsstelle für betroffene Ordensfrauen. © Magdalena Schauer / Ordensgemeinschaften

 

Kirchenunabhängige Fachleute im Einsatz

 

Waltraud Klasnic bestätigte die Vorreiterrolle der Kirche im Umgang mit Missbrauch. Seit der Einsetzung der Opferschutz-Kommission 2010 wurden 1.974 Fälle behandelt, 194 stünden noch an; es wurden den Opfern insgesamt 27,3 Millionen Euro für Therapie und Entschädigung zugesprochen – wobei die durchwegs mit kirchenunabhängigen Fachleuten besetzte Kommission bestimmt, wofür welche Mittel eingesetzt werden. Die Bischofskonferenz habe noch keinen diesbezüglichen Antrag abgelehnt, berichtete Klasnic.

 

Sie habe sich vor neun Jahren bereit erklärt, ehrenamtlich die Opferschutzanwaltschaft zu übernehmen, wie dann auch andere kompetente Persönlichkeiten unter der Bedingung von Unabhängigkeit. Das Modell solcher weisungsfreier Kommissionen sei danach auch auf Länderebene übernommen worden, wo in öffentlichen Heimen und Schulen ebenfalls viele Missbrauchsfälle vorgekommen seien.

 

Auf rechtsstaatliche Prinzipien wie "Hört auch den anderen Teil" oder "im Zweifel für den Angeklagten" machte der Heiligenkreuzer Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck aufmerksam. Angesichts des gerade in solchen Fällen schwierigen Beweisdrucks habe Kardinal Schönborn bei Ausbruch der Missbrauchskrise für den kirchlichen Umgang damit festgelegt: keine Verjährung, im Zweifel für das Opfer.

 

Henckel-Donnersmarck informierte darüber, dass ungeeignete Priesterkandidaten in den mehrstufigen Aufnahmeverfahren etwa in Ordensgemeinschaften nicht zur Weihe zugelassen würden, dass bei der Ausbildung aber eine bessere Sensibilisierung bei der Ausübung von Autorität nötig sei.

 

 

"Macho-Kirche" überwinden

 

P. Andreas Batlogg SJ würdigte Doris Wagner dafür, trotz ihrer traumatisierenden Erfahrungen "kein gehässiges Buch" geschrieben, sondern damit den Versuch einer theologischen Debatte unternommen zu haben. Als Vorsitzender einer Bischofskonferenz wie Schönborn oder Kardinal Marx in Deutschland würde er Wagners Expertise für das Thema Missbrauch in der Kirche nützen wollen. Kritik übte der aus Vorarlberg stammende Jesuit am Ungleichgewicht von Frauen und Männern in der Kirche, letztere hätten die Macht in einer oft männerbündlerischen "Macho-Kirche". Unterwerfungsrituale und falsch verstandener Gehorsam bildeten den Unterboden für Missbrauch.

 

Theologisch begründete Unterschiede zwischen Mann und Frau seien heutzutage "nicht mehr vermittelbar", erklärte Monika Prettenthaler. Frauen solle nicht nur die gleiche Würde, sondern auch gleiche Rechte zugesprochen werden. Supervisionsverpflichtungen wie in anderen Berufsfeldern könnten auch im kirchlichen Bereich mithelfen, geschlossene Milieus aufzubrechen, die jahrelanges Wegschauen bei Übergriffen begünstigen, so die auch therapeutisch tätige Religionspädagogin. Zum Thema Vergebung hielt Prettenthaler fest, dieser müsse aufrichtige Reue und Wiedergutmachung vorausgehen.

 

Wie sehr das Thema Missbrauch in der Kirche nach wie vor bewegt, zeigen mehr als 700 Einträge auf der Online-Diskussionsplattform "debatte.ORF.at" (Stand 11. Februar zu Mittag). Der ORF strahlt am Dienstagabend das Gespräch zwischen Kardinal Schönborn und Doris Wagner aus, zu sehen in der TV-Reihe "kreuz&quer" um 22.35 Uhr in ORF2.

 

Kathpress

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