Symposium "Sakralraum vs. Stadtraum" beim AEC-Festival
„Wir haben zu viele Kirchen“, erklärte Jun.-Prof.in Dr.in Sonja Keller, Juniorprofessorin für Praktische Theologie am Fachbereich Evangelische Theologie an der Universität Hamburg zu Beginn ihres Vortrags. Ihre Aussage beruht auf einer Beobachtung, die ExpertInnen unterschiedlicher Fachrichtungen seit rund 25 Jahren beschäftigt. Diese Entwicklung bildete den Rahmen für die Diskussion, die Keller gemeinsam mit Kasper Nowak, Philosophiestudent in Wien sowie Univ.-Prof.in Dr.in Anne Koch, Professorin für Religionswissenschaften an der Universität Salzburg, in der Stadtpfarrkirche Urfahr hielt.
Der von Keller sogenannte Überschuss an Kirchen gibt Anlass, sich zu überlegen, was mit jenen Kirchen, die „zu viel“ sind, in Zukunft passieren soll: Stilllegen? Abreißen? Oder besser doch anderweitig nutzen? Fakt ist, dass bereits viele Kirchen zugleich als Kulturräume agieren und etwa für Konzerte genutzt werden. Als öffentliche Räume gelten somit Sakralräume, wie eben Kirchen, auch als „Stadträume“, ist Keller überzeugt.
Eine erweiterte Kirchennutzung? Diese Frage bildete den Rahmen des Symposiums. © Diözese Linz/Waselmayr
Doch was sind überhaupt „Sakralräume“ und „Stadträume“? In der Religionswissenschaft gebe es viele Konzepte, wie man „sakral“ definieren könnte, deklarierte Univ.-Prof.in Dr.in Anne Koch. „Das In-Kontakt-Bringen mit einer Form von höherer Gewalt ist ein Aspekt“, so die Religionswissenschafterin. Stadträume beschreibt Koch unter anderem als Räume der Demokratie und der Debatte. Eine große Rolle spiele aber vor allem die eigene Bedeutungszuschreibung: „Es hängt davon ab, welchen Sinn wir Menschen unseren Bauwerken verleihen“, unterstrich Kaspar Nowak in seinem Vortrag. Ihm zufolge könnten auch neue Bedeutungen für Bauwerke entstehen.
Visuelle Effekte sorgten bei Holy Hydra für eine besondere Stimmung. © Klemens Hager
Kirchen also komplett anders nutzen als bisher?
Was Kirche ist und was Kirche sein soll, bleibt also eine spannende Frage und wird die ExpertInnen wohl auch in Zukunft beschäftigen. Auch die anschließenden Fragen und Meinungen des Publikums zeigten, dass die Veranstalterinnen Amanda Augustin und Lorena Höllrigl mit ihrem Projekt ein brisantes Themenfeld aufgegriffen haben. Moderiert wurde das Symposium von Pastor Martin Obermeir-Siegrist von der evangelisch-methodistischen Kirche Österreich.
Experten referierten zum Thema: "Sakralraum vs. Stadtraum" © Diözese Linz/Waselmayr
Das Symposium war der Auftakt zur Veranstaltung „Holy Hydra“: Dabei wird die Stadtpfarrkirche Urfahr, in der auch die Jugendkirche Linz Grüner Anker beheimatet ist, am 6. und 7. September 2018 mit elektronischer Klangkunst, interaktiven Lichtinstallationen und raumfüllenden Projektionen umhüllt. Das Projekt haben die beiden Studentinnen gemeinsam mit dem Raumteiler Kulturverein im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Kunstuniversität Linz entwickelt. Es war Teil der Veranstaltungsreihe des Ars Electronica-Festivals.
Kirche beim AEC-Festival
Ein anderer Schauplatz des Festivals ist übrigens auch der Linzer Mariendom, im dem zwei weitere Kunstprojekte installiert sind: „Light Tank“ und „The Bien“.
Darüber hinaus begeben sich die Domfrauen mit BesucherInnen am Samstag, 8. September 2018 um 16.00 Uhr auf Entdeckungsreise im Linzer Mariendom. 30 Frauen zwischen 25 und 75 Jahren erzählen über ihr Leben und ihren Glauben in Verbindung mit einem markanten Platz im Mariendom. Treffpunkt: 16.00 Uhr, Domplatz; Dauer: ca. 1,5 Stunden.