Donnerstag 18. April 2024

Ostern erahnen – mitten im Leben

Gedanken von Bischof Manfred Scheuer zum Osterfest in den Oberösterreichischen Nachrichten.

„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ An dieses bekannte Zitat, das oft Martin Luther zugeschrieben wird, musste ich bei einem Film denken, der derzeit in den heimischen Kinos läuft: „Arthur & Claire“ – die Geschichte einer Nacht in Amsterdam. Der vom Kabarettisten Josef Hader gespielte Arthur ist unheilbar an Krebs erkrankt – er will in Holland aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen; die junge Holländerin Claire hegt Suizidabsichten, weil sie über den Unfalltod ihrer Tochter nicht hinwegkommt. Beide konfrontieren einander mit dem Tod und sprechen gleichzeitig über das Leben. Der Film hat Witz und Tiefgang und regt zum Nachdenken an: Lassen sich Schicksalsschläge und Leiderfahrungen ins Leben integrieren? Dürfen wir über unser Leben tatsächlich frei verfügen? Jenseits dieser moralischen Fragestellungen hat mich der Film jedoch auch nachdenklich gemacht, weil eine naheliegende Fragestellung im Film so gut wie nicht vorkommt: Was ist nach dem Tod? Ist am Ende das Nichts? Oder gibt es ein Weiterleben?

 

Diese existentiellen Fragen prägen in diesen Tagen das christliche Geschehen. In den Österlichen Tagen begehen die Christen alljährlich das Aufeinanderprallen von Tod und Leben. Sie erinnern sich an Leiden, Tod und die Auferstehung Jesu. Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag und schließlich Ostersonntag bilden eine Einheit mit einer alles entscheidenden Zäsur. Jesu Schicksal ist ein tragisches. Er wird denunziert, gefoltert, als Verbrecher verurteilt. Das Kreuz beendet auf grausame und schändliche Art das Leben dessen, den seine Anhänger als Messias, als Retter, bekennen. Nach menschlichem Ermessen waren er und seine Botschaft endgültig gescheitert. Jesu Schicksal konfrontiert uns mit den menschlichen Abgründen, mit Abschied, Einsamkeit, Trauer, Verrat, Leid und Tod. Es bleibt jedoch nicht bei diesem enttäuschenden Schlusspunkt. Vielmehr setzt Gott einen aufregenden Doppelpunkt: Gott lässt das Leben über den Tod siegen. Er erweckt Jesus aus dem Tod.

 

Wie ist das zu fassen? Das Leiden, das Kreuz – all das lässt sich darstellen. Es gibt genügend künstlerische und literarische Zeugnisse dafür. Aber die Auferstehung? Kein Bild kann den Vorgang wiedergeben, keine Geschichte kann ihn umfassend beschreiben. Wir nähern uns an: das leere Grab, der Engel am Grab, der weggerollte Stein. Die Auferstehungserzählungen in den Evangelien enthalten sich hier einer detailgetreuen Schilderung. Sie weisen lediglich auf die beschriebenen Zeichen hin. Herausragend in den Schilderungen ist die Beschreibung der Begegnung von Maria Magdalena mit dem Auferstandenen. Sie erkennt Jesus erst, als er ihren Namen nennt. „Halte mich nicht fest“, sagt er zu ihr. Die Auferstehung Jesu ist nicht greifbar, man kann sie nicht dokumentieren oder mit den Regeln unserer Physik beweisen. Sie ist ein Phänomen, das sich unserem Zugriff entzieht. Auferstehung wird ausschließlich von Gott her plausibel gemacht. So sehr uns das „Wie“ der Auferstehung naturgemäß interessiert, so sehr kommt hier die Dimension des Glaubens ins Spiel. Unser Gott ist ein Gott, der das Leben will – und das über den Tod hinaus.

 

Glasfenster: Auferstehung

Ostern: Das Leben siegt über den Tod. © GailRubin / www.pixabay.com CC0 1.0

 

Auch diese Formulierungen sind Versuche, sie können die Auferstehung nicht erklären und einen Nicht-Glaubenden nicht überzeugen. Die Sprache bekommt Ostern nicht in den Griff – so hat es der Dichter Kurt Marti einmal treffend formuliert. Aber wenn es die Sprache nicht kann, wie kann man die Auferstehung dann verstehbar machen?

 

Ich bin davon überzeugt, dass sich die groß zu Ostern gefeierte Auferstehung vom Tod, dass sich der Himmel in kleinen Erfahrungen des Lebens und der Auferstehung erschließt. Der hl. Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, empfiehlt für die Betrachtung der Auferstehung: „Helligkeit oder Vorteile der Temperatur benutzen, etwa im Sommer Frische und im Winter Sonne oder Wärme, soweit die Seele denkt oder vermutet, dass es ihr helfen kann, um sich in ihrem Schöpfer und Erlöser zu erfreuen.“ Und weiter empfiehlt er, sich „Dinge ins Gedächtnis bringen und bedenken, die zu Gefallen, Fröhlichkeit und geistlicher Freude bewegen“. Das klingt etwas hölzern, benennt aber Wesentliches: Es gibt tatsächlich Auferstehung, täglich, glückliche Auferstehung aus dem matten Alltag, aus Sorgen, aus festgefahrenen Situationen, aus schlechter Laune, aus Stress und Qual. Auferstehung vor dem Tod erlebt jeder und jede: Einmal hast du eine Blume wahrgenommen und darüber gestaunt, dass es so etwas Schönes einfach gibt. Dass du dich an die Freude dieses Augenblicks noch erinnerst! Einmal hast du jemanden gestützt und gewusst oder geahnt, was Freundschaft ist. Einmal hast du eine Berührung gespürt, eine Umarmung erfahren, und du hast gewusst: Da ist einer, der mich mag. Einmal hast du dich gewundert als du bemerktest, dass du vor dich hin pfeifst. Einmal warst du so glücklich, dass es fast wehtat. Einmal hast du gewusst, was du tun musstest, und hast es getan. Für diese Freiheit ist jeder Platz zu klein. Einmal hast du lange in die Flamme einer Kerze geschaut. Einmal hast du etwas vom Geheimnis Gottes geahnt. Es gibt Sternstunden des Lebens, die wir nie vergessen. Da sind Taborstunden, Erfahrungen des Glücks, der Lebensfreude, der intensiven Beziehung, die zu uns gehören. Solche Erinnerungen sind Anker der Hoffnung; sie geben Zuversicht auch in dunklen Stunden und lassen nicht verzweifeln. Es sind Bilder der Lebensfreude, des Glücks, der Freundschaft, der Hochzeit, des Essens und Trinkens, der Verwandlung von Trauer und Schmerz, Bilder der Leichtigkeit des Lebens. Gott hat sich diese irdischen Freuden ausgedacht. Er hat uns nicht zum Frust geschaffen, sondern zum Glück.

 

Jesu Auferstehung ist der Weg zum Leben, er ist Freund des Lebens, gekommen, damit wir Leben in Fülle haben. In den biblischen Erzählungen über die Erscheinungen des auferstandenen Jesus ist auffällig: Die Auferstehung Jesu wird erschlossen durch kleine Begegnungen. Er spricht beim Namen an, wie etwa Maria von Magdala. Er findet den Schlüssel zu verschlossenen Menschen, wie bei den Jüngern, die sich in ihrer Trauer und Hoffnungslosigkeit verbarrikadiert haben. Er teilt sich mit im Brotbrechen und im gemeinsamen Mahl, wie etwa den Jüngern, die nach Emmaus gehen. Diese Erfahrungen der kleinen Auferstehung und der kleinen Freude im Alltag können uns die Auferstehung Jesu erschließen.

 

Insofern hat auch der eingangs beschriebene Film „Arthur & Claire“ doch sehr viel mit Auferstehung vom Tod zu tun. Trotz der schieren Ausweglosigkeit entschließen sich beide Protagonisten zum Weiterleben. Ein starker Impuls, der genau das versinnbildlicht, was Ostern will: den Sieg des Lebens.

 

Bischof Manfred Scheuer

 

Gedanken zum Osterfest, erschienen am 31. März 2018 in den Oberösterreichischen Nachrichten

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