Mittwoch 24. April 2024

Schöne neue Welt durch Soziale Medien?

Der Dies Academicus der Katholischen Privat-Universität Linz thematisierte am 16. November 2017 Veränderungen von Öffentlichkeit und Politik durch Social Media.

Was Nicolas Negroponte vor 20 Jahren noch als Vision sah, scheint heute in greifbare Nähe gerückt: Nämlich aus der Fülle von Informationen nur jene zu bekommen, die uns wirklich interessieren. Auf unseren Smartphones bekommen wir nicht nur täglich, sondern stündlich Texte, Bilder und Videos nach unseren Interessen zugespielt, beschreibt Ass.-Prof. Dr. Lukas Kaelin vom Institut für Praktische Philosophie/Ethik der KU Linz in seiner Einführung. Was uns gezeigt wird, ist nicht von uns bewusst festgelegt, sondern passt sich intelligent an unsere Präferenzen an. Die sozialen Medien ermöglichen uns, zielgerichtet jene Informationen herauszufiltern, die uns interessieren. Eine schöne neue Welt?

 

In Analysen ist von einer immer fragmentierter werdenden politischen Öffentlichkeit die Rede, von Filterblasen und es stellt sich die Frage, ob Social Media nicht die mühsam errungene zivilisatorische Decke durchschlagen. Auf Facebook-Seiten schaukeln sich hasserfüllte Kommentare auf, "social bots" manipulieren die Öffentlichkeit und verbreiten "fake news". Soziale Medien sind ein Phänomen, das unser Verständnis von Öffentlichkeit und Politik prägt. Was genau Social Media sind und wie sie unsere Wahrnehmung prägen, wurde beim Dies Academicus der Katholischen Privat-Universität Linz am 16. November 2017 eingehend erörtert.

 

Prof. Dr. Alexander Filipović, Sozialethiker und Kommunikationswissenschafter aus Münster, skizziert in seinem Vortrag „Gesellschaft ohne Diskurs? Social Media aus medienethischer Perspektive“ die Bedrohungen des Diskurses als medienethische Kategorie Social Media. Die Sortierung von Informationen, ausgewählt nach Interessen des Users/der Userin, fördert Selbstreferenzialität, Gleichgesinnte schotten sich in "Echokammern" bzw. "Filterblasen" ab. Zusätzlich kommt es im Rahmen einer Desinformationsökonomie zur Etablierung von Fake News und der Zunahme von Hasskommentaren. Filipović spricht sich für das eigene Recht auf Kommunikation und die Pflicht, den anderen als Kommunikationspartner anzunehmen, aus.

 

Das Internet als Medium politischer Kommunikation war Thema des Vortrages "Politische Diskurse in den Social Media – Neue Formen, alte Ziele" von Dr. Georg Weidacher vom Institut für Germanistik der Universität Graz. Politik stellt ein Orientierungsangebot dar. PolitikerInnen nutzen das Internet zur Selbstdarstellung und etablieren einen politischen Mythos. Problematisch dabei ist, dass sich die politische Kommunikation den gängigen Praktiken der Social Media anpasst und so Inhalte verkürzt werden. Texte werden unterhaltend formuliert, sollen aber trotzdem als Faktum erscheinen. Beispiele dafür sind Memes, die ideologische Positionen mit Bildern kombiniert verbreiten.

 

V. l.: Prof. Dr. Alexander Filipović, Dr. Georg Weidacher, Ass.-Prof. Dr. Lukas Kaelin.
V. l.: Dr.in Kerstin Schankweiler, Dr. Chris Tedjasukmana, Univ.-Prof.in Dr.in Ilaria Hoppe.

© KU Linz / Eder

 

Der zweite Teil des Studientages beschäftigte sich mit der Rolle von Bildern im politischen Diskurs. Diese sind nicht als bloße Illustrationen zu verstehen, betont Univ.-Prof.in Dr.in Ilaria Hoppe, Professorin für Kunst in gegenwärtigen Kontexten und Medien an der KU Linz, einleitend, sondern "wirksame Agenten, die selbst eine Wirklichkeit stiften". Ging man ursprünglich davon aus, dass Medien wie Fotografie und Film die Wahrheit wiederspiegeln, hat der Übergang zu digitalen Techniken diesen "Bild-Glauben" relativiert: Mittels Computerprogrammen ist es heute sehr einfach, Darstellungen nachzubearbeiten und zu verfremden.

 

Der Berliner Medienwissenschafter und Philosoph Dr. Chris Tedjasukmana, derzeit am IFK Wien zu Gast, konstatiert fehlende Medienkompetenz im Umgang mit Social Media und appelliert in seinem Vortrag "Geteilte Empörung und gemeinschaftliche Gefühle – Affektive Öffentlichkeiten und politscher Aktivismus auf YouTube" für ein Verständnis von digitaler Bildung als politischer Bildung. Social Media bieten eine kommunikative Infrastruktur, die von vielen gesellschaftlichen Gruppen ganz unterschiedlich genutzt werden können. Videos erscheinen in dieser Kommunikation besonders einflussreich, da sie Gefühle intensiv ansprechen. Tedjasukmana zeigte, wie diese sowohl von der Industrie und der Politik, als auch von NGOs oder aktivistischen Gruppen zum Einsatz kommen.

 

Amateuraufnahmen mit Handykameras verbreiten sich weltweit über Social Media-Kanäle und konstituieren eine neue Protestkultur. Die Kunsthistorikerin Dr.in Kerstin Schankweiler von der Freien Universität Berlin thematisiert in ihrem Beitrag "Sousveillance – Bildzeugnisse von Polizeigewalt in Social Media und Kunst" wie dieses globale Phänomen zum bedeutenden Instrument einer Zeugenschaft geworden ist. Bilder von Polizeigewalt verdichten sich im Kontext der Social Media zu einem eigenen Genre und Affizierung wird zur zentralen Mitteilung des Videos. Es geht um den subjektiven und emotionalen Standpunkt des Videografen. Dessen Involviertsein verspricht Authentizität. Durch die Zeugenschaft entwickeln sich Gefühle von Solidarität und Gemeinschaft, die auch in Positionen zeitgenössischer Kunst zu finden sind.

 

V. l.: Dr.in Kerstin Schankweiler, Prof. Dr. Alexander Filipović, Dr. Georg Weidacher, Dr. Chris Tedjasukmana.

V. l.: Dr.in Kerstin Schankweiler, Prof. Dr. Alexander Filipović, Dr. Georg Weidacher, Dr. Chris Tedjasukmana. © KU Linz / Eder

 

Hermine Eder | KU Linz

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