Mittwoch 24. April 2024

„Meine Lebenskraft bringt er zurück“

Bibelwissenschaftler Johannes Marböck im Interview über die Revidierung der Einheitsübersetzung.

Prof. Johannes Marböck lebt mit der Bibel. Als Bibelwissenschafter mit Schwerpunkt auf dem Alten Testament prägt das Ringen um die richtige Übersetzung der hebräischen und griechischen Texte sein Leben. Fast 10 Jahre lang verbrachte er mit der Revidierung der Einheitsübersetzung. Ein Interview in Langfassung.

Prof. Marböck, viele Bibelwissenschafter ringen ihr Leben lang mit bestimmten Aussagen oder Büchern der Bibel. Wofür schlägt Ihr Herz?

 

Marböck: Mich beschäftigen immer die Psalmen. Es kommt darin der ganze Mensch vor. Sie sind ein Gespräch mit Gott. Der Mensch in seiner Größe (Ps 8), aber auch der verlassene Mensch (Ps 13). In den Psalmen kommt Not und das Halleluja vor. Sie begleiten mich täglich im Stundengebet. Aber auch mitten am Tag fällt mir manchmal ein Vers ein.

 

Haben Sie auch bei der Revidierung der Einheitsübersetzung mit den Psalmen gearbeitet?

 

Marböck: Ja, einerseits natürlich im Leitungsgremium. Dort wurden uns nach und nach die Revidierungen aller Bücher vorgelegt. Für eine Sitzung musste ich mich oft wochenlang vorbereiten. Ich habe aber auch bei der Übersetzung der Psalmen mitgearbeitet. Sie haben sich sogar ziemlich stark verändert. Sie sind nicht mehr so glatt wie vorher. Der Psalm 23 ist sehr bekannt. Im Vers 3 heißt es hier nun „Meine Lebenskraft bringt er zurück“, statt vorher „Er stillt mein Verlangen“. Wir wollten mehr auf den Urtext zurückgehen.

 

Die Bibel wurde ja nicht ganz neu übersetzt, sondern revidiert für die heutige Zeit. Welche grundsätzlichen Unterschiede würden Sie benennen?

 

Marböck: Wir haben versucht, den Urtext wieder mehr spüren zu lassen. Die Übersetzung  lässt Bilder mehr sprechen. Wir lassen mehr Raum und Offenheit zu. Wir schreiben weniger fest durch unsere Übersetzung.

 

Bibelwissenschaftler Johannes Marböck im Interview über die Revidierung der Einheitsübersetzung.

Prof. Johannes Marböck mit der revidierten Einheitsübersetzung, an der er maßgeblich mitgearbeitet hat. © Eder-Cakl

 

Ist das eine Zeiterscheinung, dass Sie weniger festschreiben und wieder mehr Spielraum zur Interpretation lassen?

 

Marböck: Ja das glaube ich schon. Unsere Sprache ändert sich sehr schnell. Daher war es auch notwendig, die Bibel wieder zu überarbeiten. Sie muss für die je aktuelle Zeit verständlich gemacht werden. Maria ist zum Beispiel wieder „schwanger“, statt „sie empfing“. Vielfach wurde inklusiv übersetzt, dass Frauen und Männer in gleicher Weise angesprochen werden, zum Beispiel „Eltern“ statt „Väter“. In der direkten Anrede der Paulusbriefe heißt es nun „Brüder und Schwestern“. Im Römerbrief 16,7 grüßt Paulus nun gemäß dem griechischen Urtext die „Apostolin Junia“. In den Seligpreisungen steht „selig“ statt „wohl denen“ und Gott ist der „Ich bin, der ich bin“. Das Letztgenannte ist offener formuliert als in der vorigen Einheitsübersetzung. Wie und wer Gott ist, das ist seine Sache. Gott ist für die Menschen da, aber er kann auch verborgen sein. Aus Rücksicht auf das Judentum haben wir immer dort, wo der hebräische Gottesname Jahwe steht, die griechische Übersetzung für Kyrios – „Herr“ – geschrieben.

 

Sind Sie auch ein wenig stolz auf Ihre Arbeit?

 

Marböck: Ja schon, ich freue mich, wenn ich die neue Einheitsübersetzung durchblättere. Das ist doch ein Buch, das die Menschen mehrere Jahre verwenden werden. Ich freue mich , dass von meiner Arbeit und den rund 30 Sitzungen der letzten Jahre etwas eingeflossen ist. Die Einheitsübersetzung ist ein Zeichen der Gemeinschaft. Sie schafft Gemeinsamkeit im Gebet, in der Liturgie. Sie ist wertvoll für die Schule. Eine gemeinsame Übersetzung ist wichtig, dass sich Texte einprägen können. Es ist allerdings auch gut, bei Gelegenheit verschiedene Übersetzungen heranzuziehen. In den unterschiedlichen Übersetzungen kommt der ganze Reichtum der Bibel hervor. Die Übersetzung ist ja der Versuch des Verstehens.

 

Was bedeutet die Bibel für Sie?

 

Marböck: Die Bibel ist für die Menschen da, in all ihren Facetten. Der Prophet Jesaja zum Beispiel gibt eine Verheißung in einer Zeit von wenig Hoffnung. Aus einem Baumstumpf wächst wieder ein junger Trieb. Er macht Mut, dass die Hoffnung weitergeht. Die Bibel ruft dazu auf, etwas wachsen zu lassen, auch wenn momentan oft wenig zu sehen ist.

 

Dieses Interview führte Mag.a Gabriele Eder-Cakl. Es erschien in gekürzter Fassung in der Ausgabe 2/2017 des „informiert“, der MitarbeiterInnenzeitung der Diözese Linz.

 

 

 

 

Die neue Einheitsübersetzung kaufen ...

 

Noch gibt es keinen Termin, ab wann die neue Einheitsübersetzung liturgisch verwendet werden soll. Für vorab interessierte Pfarren und kirchliche Mitarbeitende übernimmt die Diözese bis Ende Februar 20 % der Kosten, wenn die unterschiedlichen Ausgaben im Bibelwerk oder im Behelfsdienst gekauft werden.

 

 

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