Samstag 20. April 2024

„Gemeinsames Wort“ von Katholischer und Evangelischer Kirche in OÖ: „Zur Ökumene gibt es keine Alternative“

Anlässlich des Reformationsgedenkens, das die Evangelische Kirche A. B. im Jahr 2017 begeht, haben die Katholische und die Evangelische Kirche in Oberösterreich ein „Gemeinsames Wort“ veröffentlicht.

Das Dokument wurde am 18. Jänner 2017 bei einer Pressekonferenz im OÖ. Presseclub vorgestellt.


Präsentiert wurde das gemeinsame Dokument von Dr. Gerold Lehner (Superintendent der Evangelischen Kirche A. B. in Oberösterreich), Dr.in Hannelore Reiner (Oberkirchenrätin i. R. der Evangelischen Kirche A. B. in Österreich), Dr. Manfred Scheuer (Diözesanbischof der römisch-katholischen Diözese Linz) und Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber (Rektor der Katholischen Privat-Universität Linz). Lehner, Reiner und Gruber waren Mitglieder einer „Evangelisch-Katholischen Theologischen Kommission 2017“, deren intensive Gespräche im „Gemeinsamen Wort“ mündeten. Weitere Mitglieder der Kommission waren Generalvikar Univ.-Prof. DDr. Severin Lederhilger (katholisch), Ökumene-Referentin Mag.a Helga Schwarzinger (katholisch), Dompfarrer Dr. Maximilian Strasser (katholisch), Senior Mag. Andreas Hochmeir (evangelisch) und Pfarrer Dr. Thomas Pitters (evangelisch).


Das „Gemeinsame Wort“ enthält auch einen Hirtenbrief zum gemeinsamen Gedenken an 500 Jahre Reformation, verfasst vom evangelischen Superintendenten Dr. Gerold Lehner und vom katholischen Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer am 6. Jänner 2017. Er soll am Sonntag, 22. Jänner 2017 in den katholischen und evangelischen Pfarrgemeinden verlesen werden.

 

 

Oberösterreich als Vorreiter


Dr. Gerold Lehner, Superintendent der Evangelischen Kirche A. B. in Oberösterreich und Mitglied in der Kommission, betonte die Besonderheit des „Gemeinsamen Wortes“: Nirgendwo in Österreich gebe es eine vergleichbare „Evangelisch-Katholische Theologische Kommission“, die ein gemeinsames Papier erarbeitet habe, oder einen katholisch-evangelischen Hirtenbrief. „Auch bei uns in Oberösterreich ist es der erste gemeinsame Hirtenbrief“, freute sich Lehner über diese ökumenische Premiere. Lehner schilderte im Zeitraffer die Entstehungsgeschichte des gemeinsamen Dokuments. Anstoß dafür war ein Interview mit dem Superintendenten in der Linzer KirchenZeitung im Jänner 2015. In diesem Interview wurde ein „Vier-Punkte-Programm“ formuliert, das Lehner in einem Brief im März 2015 an den damaligen Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz nochmals anregte. Er schlug vor, dieses Programm in einer gemeinsamen Kommission zu bearbeiten und daraus resultierend eine gemeinsame Erklärung zu erarbeiten. Nach einem Gespräch mit Bischof Schwarz und Generalvikar Lederhilger wurde die Einsetzung einer solchen Kommission beschlossen, die konstituierende Sitzung fand im Dezember 2015 statt. In sieben Arbeitssitzungen – an einer Sitzung im März 2016 nahm auch der damals neue Diözesanbischof Manfred Scheuer teil – und etlichen kleineren informellen Treffen wurden die Inhalte für das „Gemeinsame Wort“ erarbeitet. Fertiggestellt und mit Bischof Manfred Scheuer abgestimmt wurde es im Dezember 2016, datiert ist es mit 6. Jänner 2017 – ebenso wie der gemeinsame Hirtenbrief, der von Bischof Manfred Scheuer und Superintendent Lehner formuliert wurde und am 22. Jänner 2017 in den Pfarrgemeinden verlesen werden soll.

 

Statement von Superintendent Dr. Gerold Lehner zum Nachlesen

 

V. l.: KU-Rektor Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber, Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Superintendent Dr. Gerold Lehner und  Oberkirchenrätin i. R. Dr.in Hannelore Reiner. © Diözese Linz / Eckerstorfer

 

„Kleines gemeinsames Konzil“ auf dem Weg zur Einheit


Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber, Rektor der Katholischen Privat-Universität Linz und Mitglied in der Kommission, bezeichnete die Arbeit in der Kommission als „eine der schönsten theologischen und kommunikativen Arbeiten“ in seiner beruflichen Laufbahn. Mit dem Text habe die Kommission im Kleinen das Beste versucht, um die Gemeinsamkeiten, aber auch den Respekt und die Anerkennung der Verschiedenheit zu formulieren und darum zu ringen. Dabei sei es ein Anliegen gewesen, auch strittige Punkte wie die gemeinsame Feier des Abendmahls und das Amtsverständnis nicht zu übergehen. „Wir wollten einen ehrlichen Text“, so Gruber. Die Mitglieder der Kommission hätten die Erfahrung gemacht, dass die Gemeinsamkeiten bei weitem überwiegen. Gruber dazu wörtlich: „Es war uns jedoch wichtig, auch die Differenzen festzuhalten, damit die Menschen wissen, warum wir immer noch auf dem Weg zur Einheit sind.“ Gruber bezeichnete die Arbeit in der katholisch-evangelischen Kommission als „kleines gemeinsames Konzil, das ein Stück weit die Zukunft zeigt. Wir sollen dorthin kommen, wozu wir vom Evangelium her berufen sind: zur Einheit in versöhnter Vielfalt.“ Gruber räumte ein, es sei klar, dass die VertreterInnen der einzelnen Kirchen nie für ihre gesamte Kirche sprächen. „Wir verfügen nicht über den Geist Gottes, der diesen gemeinsamen Weg angeregt hat. Aber es wäre theologisch höchst problematisch, wenn dieser Weg im 21. Jahrhundert unterbrochen würde. Die Menschen warten darauf, dass die Kirchen ihren Konfessionismus in versöhnter Verschiedenheit leben.“ Gruber wünschte sich, dass es in beiden Kirchen gelinge, Vielfalt nicht als Verlust, sondern als Gewinn und Reichtum zu sehen, und dass man gleichzeitig dazu fähig sei, „die Vielfalt immer auf die Einheit zurückzuspiegeln“.

 

 

„Heilen der Erinnerungen“ als Grundlage für einen guten gemeinsamen Weg


Dr.in Hannelore Reiner, Oberkirchenrätin i. R. der Evangelischen Kirche A. B. in Österreich und ebenfalls Mitglied der Kommission, betonte, es sei eine Freude für sie gewesen, in dieser „spannenden Arbeitsgruppe“ mitzumachen und „in das gute ökumenische Klima einzutauchen, das Oberösterreich auszeichnet“. Es sei ein vertrautes ökumenisches Miteinander gewesen. Schnell sei klar gewesen, was das Ziel der Kommission sein sollte: „Gemeinsam etwas zu tun, was noch nie war.“ Dies sei mit dem gemeinsamen Hirtenbrief und dem „Gemeinsamen Wort“ auch gelungen. Reiner griff als für sie wichtigen Punkt das „Heilen der Erinnerungen“ (Healing of memories) heraus. Reiner wörtlich: „Uns war bewusst, dass wir diesen Weg nicht anfangen können, ohne dass vorhandene Verletzungen benannt und ein Stück weit geheilt werden. Deshalb haben wir auch die Leidensgeschichte im ‚Gemeinsamen Wort‘ thematisiert.“ Gleichzeitig betonte Reiner, dass es zwar eine getrennte Geschichte von 500 Jahren gebe, aber genauso eine gemeinsame Geschichte von 1.500 Jahren, die eine Fülle von Gemeinsamkeiten berge. Zu nennen sei in diesem Zusammenhang die Verbundenheit der beiden Kirchen durch die biblischen Texte, durch die grundlegenden Bekenntnisse der alten Kirche, durch die zentrale Bedeutung der Feier des Gottesdienstes, durch das Vaterunser, durch gemeinsame Lieder oder durch die „Ökumene der Märtyrer“.

 

 

„Lernfähigkeit ist entscheidende Grundhaltung der Ökumene“


Der katholische Diözesanbischof Manfred Scheuer ist in der Österreichischen Bischofskonferenz der zuständige Referatsbischof für Ökumene, einer der Vorsitzenden in der Gemischten Katholisch-Evangelischen Kommission und stellvertretender Vorsitzender im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ). Scheuer betonte, er sei ein „Quer- und Späteinsteiger“, was die Ökumene in Oberösterreich und das „Gemeinsame Wort“ betreffe. In der Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum sei miteinander, so wie auch innerhalb der evangelischen Kirche, darum gerungen worden, wie das Jahr 2017 begangen werden solle: als Jubeljahr, als Bedenken von Schmerz und Trennung oder als Anlass zu Buße und Umkehr. Er habe am Beginn des Jubiläumsjahrs zu „500 Jahre Reformation“ betont, er wolle dieses Gedenkjahr mit der Grundstimmung der Freude und Dankbarkeit beginnen. Auf mehreren Ebenen habe es bereits 2016 Zeichen des gemeinsamen Feierns und Besinnens gegeben: so etwa im September 2016 bei einer JournalistInnen-Reise mit Bischof Manfred Scheuer und Bischof Michael Bünker auf Luthers Spuren ins Kernland der Reformation, Anfang November 2016 bei der Herbstversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz mit SpitzenvertreterInnen der evangelischen Kirchen und einer gemeinsamen Presseerklärung oder Ende November 2016 bei einem ökumenischen TV-Gottesdienst in Linz. Scheuer: „Wir müssen uns weiterhin fragen: Wo braucht unsere Geschichte Heilung? Wo braucht es Umkehr und Buße? Wo darf die Freude am Glauben im Vordergrund stehen?“


Der Linzer Diözesanbischof dankte der Kommission für ihre Arbeit und das ehrliche Ringen. Es brauche, gerade auch auf katholischer Seite, das Bewusstsein, dass der gemeinsame Weg mit Gewalt und Zwang verbunden war, „dass es ein Leidensweg war“. Scheuer betonte als zentrale Punkte auf dem Weg miteinander und zueinander das gemeinsame Christuszeugnis im Heiligen Geist, die Einheit in der Diakonie (Nächstenliebe) und den Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Scheuer wörtlich: „Für mich ist Lernfähigkeit eine entscheidende Grundhaltung der Ökumene. Die katholische Kirche hat gerade in den vergangenen Jahrzehnten viel von der evangelischen Tradition gelernt.“ Der Bischof zeigte sich zuversichtlich, dass das Gemeinsame im Jahr 2017 beide Kirchen auf einen Weg führe, der nicht wieder umkehrbar sei, denn: „Zur Ökumene, zur Suche nach dem gemeinsamen Glaubenszeugnis, gibt es keine Alternative.“

 

V. l.: Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Oberkirchenrätin i. R. Dr.in Hannelore Reiner, Superintendent Dr. Gerold Lehner und KU-Rektor Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber mit dem gedruckten 'Gemeinsamen Wort'.

V. l.: Dr. Manfred Scheuer (Diözesanbischof der römisch-katholischen Diözese Linz), Dr.in Hannelore Reiner (Oberkirchenrätin i. R. der Evangelischen Kirche A. B. in Österreich), Dr. Gerold Lehner (Superintendent der Evangelischen Kirche A. B. in Oberösterreich) und Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber (Rektor der Katholischen Privat-Universität Linz) mit dem gedruckten „Gemeinsamen Wort“. © Diözese Linz / Kraml

 

 

Sichtbares Zeichen der Einheit zu Fronleichnam


In vielen Bereichen und auf unterschiedlichen Ebenen kirchlichen Lebens ist ein gutes katholisch-evangelisches Miteinander bereits verwirklicht. So werden etwa Krankenhausseelsorge, Altenseelsorge, Gefangenenseelsorge, TelefonSeelsorge und Notfallseelsorge von evangelischer und katholischer Kirche gemeinsam getragen. Auch im Bereich der Bildung gibt es Beispiele für gelebte Einheit, wie etwa bei Kooperationen des Katholischen Bildungswerks und des Evangelischen Bildungswerks oder bei der Ökumenischen Sommerakademie, die jährlich in Kremsmünster stattfindet.


Ein besonderes Zeichen der Einheit soll am 15. Juni 2017 gesetzt werden. An diesem Tag feiern die KatholikInnen traditionell das Fronleichnamsfest, die evangelischen ChristInnen das Gustav-Adolf-Fest. 2017 wird die evangelische Kirche einen Teil ihres Festes auf Einladung der katholischen Kirche auf dem Linzer Domplatz begehen, während die KatholikInnen im Mariendom den Fronleichnamsgottesdienst feiern. Geplant ist, dass die TeilnehmerInnen der katholischen Fronleichnamsprozession am Ende zur evangelischen Feier dazukommen. In manchen Gemeinden in Oberösterreich wurde in der Vergangenheit schon Ähnliches realisiert.


Das sichtbare gemeinsame Zeichen, das im Juni gesetzt werden soll, entspricht nach KU-Rektor Gruber einem von drei Zielen, die die Kommission für ihre Arbeit formuliert hat: 1. ein gemeinsames Wort entwickeln, 2. gemeinsame Zeichen setzen und 3. eine gemeinsame Praxis in Gang bringen. Den Spitzenvertretern beider Kirchen ist die Brisanz dieses Zeichens bewusst, das auch ein gewisser Prüfstein für die Ökumene ist. Bischof Scheuer: „Natürlich liegt darin eine Herausforderung, für manche vielleicht auch eine Zumutung.“ Und Superintendent Lehner ergänzt: „Ökumene heißt nicht Kuscheln – sie verlangt von beiden Seiten etwas. Ökumene bedeutet immer auch, einen Raum zu öffnen, der ein Wagnis ist.“

 

 

Das „Gemeinsame Wort“ im Überblick


Verfasst wurde das Dokument aus Anlass des Reformations-Gedenkjahres 2017. Es richtet sich an alle evangelischen und katholischen ChristInnen, besonders an jene, die in den beiden Kirchen Verantwortung tragen. Das Ziel des „Gemeinsamen Wortes“ ist es, wie es im Dokument heißt, „gemeinsam zu sagen, wie wir die Anliegen der Reformation sehen. Damit machen wir deutlich, dass wir nicht mehr das Trennende betonen, indem wir uns nicht auf unsere konfessionelle Identität zurückziehen, sondern dass wir sowohl die Reformation als auch die von ihr ausgelöste katholische Reform als für beide Kirchen wichtige, schmerzvolle und doch fruchtbare Abschnitte auf dem Weg durch die Geschichte ansehen.“


Nach einem Abriss zum Anliegen der Reformation legen die beiden Kirchen im „Gemeinsamen Wort“ dar, wo sie heute stehen und wo es in Oberösterreich bereits ein gelingendes ökumenisches Miteinander gibt. Auch Trennungen und Differenzen werden offen angesprochen. Ein Rückblick auf die gemeinsame Vergangenheit betont die Gemeinsamkeiten und die Verbundenheit, beleuchtet aber auch die Verletzungsgeschichte. Am Ende des Dokuments werden das gemeinsame Weitergehen auf dem ökumenischen Weg und der diesbezügliche Arbeitsauftrag an beide Kirchen thematisiert.

 

Gesamttext des „Gemeinsamen Wortes“ als PDF zum Download

 

 

 

Weltgebetswoche für die Einheit der Christen


Die Veröffentlichung des „Gemeinsamen Wortes“ fällt nicht zufällig in die „Weltgebetswoche für die Einheit der Christen“. Diese Woche findet jährlich von 18. bis 25. Jänner statt. Während der Gebetswoche kommen weltweit ChristInnen aus unterschiedlichen Konfessionen zusammen, um gemeinsam für die Einheit der Christenheit zu beten. Das internationale Leitthema der Woche ist heuer dem Reformationsjubiläum geschuldet und stammt aus dem zweiten Korintherbrief: „Versöhnung – die Liebe Christi drängt uns“ (vgl. 2 Kor 5,14-20).


In Österreich sind in den acht Tagen zahlreiche Veranstaltungen in allen Diözesen vorgesehen. In Oberösterreich wird seit vielen Jahren im Rahmen der Weltgebetswoche ein Gottesdienst mit insgesamt neun Konfessionen gefeiert, der jedes Jahr in einer anderen Kirche stattfindet. Heuer findet der Gottesdienst christlicher Kirchen am Mittwoch, 18. Jänner 2017 um 18.30 Uhr in der Evangelisch-methodistischen Kirche (Wiener Straße 260, 4020 Linz) statt. Daran nehmen u. a. auch Diözesanbischof Manfred Scheuer und der evangelische Superintendent Gerold Lehner teil.

 

 

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