Geht’s der Schule gut, geht’s uns allen gut
Es ist kein Jammern, sondern Fakt. Um den Gesundheitszustand unseres Bildungspersonals ist es schlecht bestellt. Renommierte Studien belegen bei LehrerInnen überdurchschnittlich hohe psychosomatische Gesundheitsstörungen, Erkrankungszahlen und Frühpensionierungen. Vor sechs Jahren gründete die Pädagogische Hochschule der Diözese Linz ein Beratungszentrum, um diesem Umstand entgegenzuwirken.
Am Anfang ist das Gespräch
Neben der Treppe ist eine rote Tür in der Mauer. Wer das Beratungszentrum für LehrerInnen und Schulen besucht, betritt zwar einen Nebentrakt der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz, aber kein Anhängsel. Das Beratungszentrum ist dem Rektorat zugeordnet. Es berät, coacht und forscht im Bereich LehrerInnengesundheit unabhängig von Aus-, Fort- und Weiterbildung. Wünschen Schulen oder Einzelpersonen externe Beratung, erhalten sie zuerst eine Einladung in die Räumlichkeiten des Zentrums. Große Fenster ziehen den Blick hinaus über Linz. DirektorInnen und LehrerInnen sitzen mit einem Coach zusammen und klären, wie viele Termine es geben und worum es bei der Beratung gehen soll. „Wir raten, QuerdenkerInnen mitzubringen“, meint Christoph Freudenthaler schmunzelnd. Der Theologe leitet das Zentrum gemeinsam mit der ehemaligen Lehrerin Elisabeth Oberreiter.
In einem Gespräch vor der eigentlichen Beratung wird abgeklärt, worum es eigentlich gehen soll und was sich die TeilnehmerInnen erwarten. © CC pixabay/422737
Beratung von Lehrern und Schulen etabliert
Beratung als fixen Bestandteil des Systems Schule zu fixieren, war das Ziel, als das Beratungszentrum vor sechs Jahren gegründet wurde. Etwas, das im kirchlichen Bereich bereits lange üblich war, weniger aber in der Schule. LehrerInnen verbringen logischerweise mehr Zeit mit den SchülerInnen als mit KollegInnen. Während der Fünf-Minuten-Pausen ist es im Konferenzimmer laut. Viele korrigieren Schularbeiten daheim. Bei Konflikten bleibt oft vieles unausgesprochen. Hinzu kommen neue Herausforderungen wie Neue Mittelschule, Zentralmatura, Ganztagsschulen. „Unser Angebot hat eingeschlagen“, erzählt Freudenthaler, der Gründungsmitglied war. Die Zahlen der Supervisionsgruppen steigen, wie auch die Zahlen der Schulentwicklungsberatungen. Das Team besteht mittlerweile aus 13 ausgebildeten MediatorInnen, Coaches und SupervisorInnen. Alle lehren oder lehrten an unterschiedlichen Schultypen. Auch KindergartenpädagogInnen sind eine Zielgruppe.
Die Lösung liegt beim Klienten
„Einmal kam die Belegschaft einer Schule zu uns und es stellte sich heraus, dass es in der Schule keinen Rückzugsraum gab“, berichtet Freudenthaler. „Also wurde ein Raum gesucht und zum Ruhebereich umgestaltet.“ Sich in Stille zurückziehen zu können, wirkte sich positiv auf das Kollegium, den Unterricht und auf die Gesundheit der Einzelnen aus. Eine gute Schulentwicklung bedarf starker Personen, die zur Selbstreflexion fähig sind, denn Mensch und Institution sind miteinander verwoben. Eine Schulbelegschaft, die als Team agiert, kann die Schule zu einem gesunden Arbeitsplatz machen. Schließlich ist die Arbeit mit jungen Menschen eine sinnstiftende. „Die Lösung liegt immer bei den KlientInnen“, so Oberreiter. Das Beratungszentrum helfe nur, die Lösung zu finden. „Für viele ist wichtig, dass wir nicht von der Schulaufsicht kommen.“
Im Beratungszentrum für LehrerInnen und Schulen wird viel nachgedacht. MMag.a Elisabeth Oberreiter, MAS, und Dr. Christoph Freudenthaler leiten es als Team. „Eins und eins kann mehr sein als zwei“, meinen die beiden. Die Teamleitung erleben sie als große Kraft für die Weiterentwicklung des Beratungszentrums. © Diözese Linz/Appenzeller
Schulgesundheit als christlicher Auftrag
„Es ist mir ein Anliegen, die Reflexionskultur und Menschlichkeit in der oberösterreichischen Bildungslandschaft zu verankern“, meint Elisabeth Oberreiter, und Christoph Freudenthaler ist überzeugt: „Die Investition in unser Bildungspersonal hat gesellschaftliche Bedeutung. Das System Schule überträgt sich ja auf die Familien. Wir haben also eine hohe Verantwortung, dass es der Schule und der Schullandschaft gut geht. Das ist doch ein urchristlicher Auftrag.“
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 10/2016 des „informiert“, der MitarbeiterInnen-Zeitung der Diözese Linz. Verfasserin ist Maria Appenzeller