Freitag 19. April 2024

Karlspreis-Verleihung: Papst kritisiert neue Egoismen in EU

Papst Franziskus

Papst Franziskus hat anlässlich der Karlspreis-Verleihung am 6. Mai 2016 ein leidenschaftliches Plädoyer für die Erneuerung Europas gehalten und "Egoismen" in Form von Grenzzäunen kritisiert.

Er träume von einem "neuen europäischen Humanismus", der sich durch die Fähigkeit zu Integration, Dialog und Kreativität auszeichne, sagte Papst Franziskus beim Festakt am Freitag, 6. Mai 2016 im Vatikan. "Der brennende Wunsch, Einheit aufzubauen, scheint immer mehr erloschen. Wir Kinder dieses Traumes sind versucht, unseren Egoismen nachzugeben, indem wir auf den eigenen Nutzen schauen und daran denken, bestimmte Zäune zu errichten. Dennoch bin ich überzeugt, dass die Resignation und die Müdigkeit nicht zur Seele Europas gehören und dass auch die Schwierigkeiten zu machtvollen Förderern der Einheit werden können", sagte Franziskus wörtlich.

Der Internationale Karlspreis zu Aachen wird seit 1950 für besondere Verdienste um Europa und die europäische Einigung verliehen. Er geht auf eine Initiative Aachener Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kirche, Hochschule und Stadtverwaltung zurück. Die Auszeichnung ist nach Karl dem Großen (747/748-814) benannt, der auch in Aachen residierte. Zur Feier waren so viele EU-SpitzenpolitikerInnen wie noch nie in den Vatikan gekommen: unter anderem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionspräsident Donald Tusk, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, König Felipe von Spanien sowie die Regierungschefs Angela Merkel und Matteo Renzi. Der Papst empfing am Freitagvormittag Juncker, Tusk, Schulz und Merkel in Privataudienzen. Merkel wollte am Freitagnachmittag in einer Pressekonferenz über Inhalte berichten. Die EU-Spitzen, Merkel und Renzi hatten am Donnerstag in Rom über die Flüchtlingskrise beraten. Dabei waren sich Merkel und Renzi einig in der Ablehnung von Grenzsperren am Brenner.                      

Der Papst verteidigte in seiner Karlspreis-Ansprache Kulturoffenheit und Veränderungsbereitschaft auf dem Alten Kontinent: "Die europäische Identität ist und war immer eine dynamische und multikulturelle Identität." Angesichts einer "zerrissenen und verwundeten Welt" müsse Europa zur gleichen Solidarität und Großzügigkeit zurückkehren, die auf den Zweiten Weltkrieg folgte, mahnte Franziskus. Er verwies dabei auf Robert Schuman, einen der Gründerväter der Europäischen Gemeinschaft. Mit "kosmetischen Überarbeitungen oder gewundenen Kompromissen zur Verbesserung mancher Verträge" dürfe man sich nicht zufriedengeben. Die Idee Europas müsse "aggiorniert" - ins Heute übersetzt - werden, sagte Franziskus mit einem Schlüsselbegriff des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965).



"Größe der europäischen Seele wiederentdecken"


Nur mit einer "starken kulturellen Integration" werde die Staatengemeinschaft "die Größe der europäischen Seele wiederentdecken, die aus der Begegnung von Zivilisationen und Völkern entstanden ist" und die weiter reiche als die aktuellen Grenzen der EU. Mit einem Zitat von Konrad Adenauer warnte Franziskus, nichts gefährde das Abendland so sehr wie eine "Uniformierung des Denkens". Für Integration reiche eine "bloß geografische Eingliederung der Menschen" nicht aus; zugleich mahnte der Papst zu Widerstand gegen "ideologische Kolonialisierungen".

Unverzichtbar nannte Franziskus auch die Dialogfähigkeit. "Der Frieden wird in dem Maß dauerhaft sein, wie wir unsere Kinder mit den Werkzeugen des Dialogs ausrüsten und sie den 'guten Kampf' der Begegnung und der Verhandlung lehren", sagte er. Eine "Kultur des Dialogs" schlug er als Fächer übergreifendes Prinzip in den schulischen Lehrplänen vor. Es gelte, "der jungen Generation eine andere Art der Konfliktlösung einzuprägen als jene, an die wir sie jetzt gewöhnen", so der Papst. Notwendig sei die Fähigkeit, nicht nur militärische oder wirtschaftliche Bündnisse zu schließen, sondern auch kulturelle und religiöse.



"Ich träume von einem Europa..."


Die Bürger Europas mahnte Franziskus zu aktiver Teilnahme am Aufbau einer integrierten und versöhnten Gesellschaft. Junge Menschen spielten dabei eine tragende Rolle. "Sie sind nicht die Zukunft unserer Völker, sie sind ihre Gegenwart", so der Papst. Ein neues Europa lasse sich nicht planen, "ohne dass wir sie einbeziehen und zu Protagonisten dieses Traums machen". In dem Zusammenhang verlangte Franziskus auch die Suche nach gerechteren Wirtschaftsmodellen, die vor allem jungen Leuten berufliche Perspektiven ermöglichten.

"Am Wiederaufblühen eines zwar müden, aber immer noch an Energien und Kapazitäten reichen Europas kann und soll die Kirche mitwirken", sagte der Papst. Seine Rede schloss er mit einem hymnischen Appell für einen neuen europäischen Humanismus: "Ich träume von einem Europa, in dem das Migrant-Sein kein Verbrechen ist, sondern vielmehr eine Einladung zu einem größeren Einsatz mit der Würde der ganzen menschlichen Person. ... Ich träume von einem Europa, von dem man nicht sagen kann, dass sein Einsatz für die Menschenrechte an letzter Stelle seiner Visionen stand."

Die Feiern zur Verleihung des Karlspreises an Papst Franziskus hatten mit einer Messe im Petersdom begonnen. Kardinal Walter Kasper plädierte in seiner Predigt für ein offenes Europa. Fremdenfeindlichkeit sei mit dem Christentum unvereinbar, Fremdenhass eine "Todsünde", sagte er. Europa brauche "nicht Mauern, sondern Brücken". Dabei gehe es nicht darum, Unterschiede zu nivellieren, sondern sich gegenseitig zu respektieren. In jeder Krise stecke auch eine Chance, so Kasper weiter. Nötig sei in Europa eine Rückbesinnung auf christliche Werte. Den Kontinent habe stets eine "offene Kultur" ausgezeichnet, betonte der Kardinal.



Zäune zeigen "Solidaritätskrise"


Bei der Preisverleihung sagte Vorredner Martin Schulz, Europa durchlebe eine "Solidaritätskrise". Der Kontinent laufe Gefahr, das Erbe von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu verspielen. "Nationale Egoismen, Re-Nationalisierung, Kleinstaaterei sind auf dem Vormarsch." Jenen, die 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wieder Mauern und Zäune in Europa errichten wollten, warf Schulz Geschichtsvergessenheit und Realitätsverweigerung vor. Damit gefährdeten sie "eine unserer größten europäischen Errungenschaften - die Freizügigkeit". Die gemeinsame Wertebasis gerate ins Wanken, so der EU-Parlamentspräsident. "Jetzt ist es an der Zeit, für Europa zu kämpfen." Franziskus mache dafür Hoffnung und erteile jenen Regierungschefs eine Lektion in gelebter Solidarität, "die sich weigern, muslimische Flüchtlinge aufzunehmen mit der Begründung, man sei ein christliches Land", sagte Schulz unter Anspielung auf die Aufnahme muslimischer Familien im Vatikan.

Jean-Claude Juncker sagte vor der Papstrede, mit zwölf Flüchtlingen aus Lesbos habe der Vatikan gemessen an seiner Einwohnerzahl "mehr Menschen als jedes EU-Land" aufgenommen. Er rief die europäischen Regierenden auf, zum Mut ihrer Vorgänger zurückzufinden. "Ein Rückzug in unsere eigene Behaglichkeitszone ist keine Lösung", so Juncker. Franziskus erinnere daran, "dass wir unsere Verantwortung und unser gewaltiges Potenzial besser ausschöpfen können und müssen - für Flüchtlinge, für soziale Gerechtigkeit, für den Ausgleich zwischen Menschen und Völkern". An die "alten Europäer" appellierte Juncker: "Hört die Stimme von Papst Franziskus, wacht auf!"

EU-Ratspräsident Donald Tusk lenkte den Blick auf das Kirchenprofil unter Papst Franziskus. Das letzte Ziel von Politik und Religion sei nicht Macht, sondern "die Linderung von Leid und Unheil". Gläubige wie Nichtglaubende brauchten eine Kirche, die niemanden ausschließe; "eine Kirche, die auf Prunk verzichtet, um den Armen zu helfen; eine Kirche, in ihrer Liebe radikal ist und das Urteilen Gott überlässt".

Kathpress

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