Dienstag 16. April 2024

Theologisch-praktische Quartalschrift: „Beziehungsweisen“

Die Theologisch-praktische Quartalschrift wird von den ProfessorInnen der Katholischen Privat-Universität Linz (KU) herausgegeben. Ausgabe 4/2015 behandelt das Thema „Beziehungsweisen“.

Ein Paar ist ein Paar, wenn zwei Personen sich zusammen eine Waschmaschine kaufen.“ So hat der französische Alltagssoziologe Jean-Claude Kaufmann einmal definiert. Er zeigt damit eine diagnostische Verlegenheit an: Beziehungswirklichkeiten befinden sich im Umbruch, sind in Auflösung und in Neuentstehung begriffen; die dazugehörigen Begriffe Paar, Partnerschaft, Beziehungen, Lebensgefährten oder – zum Teil ins Ironische gewendet – Lebensabschnittsgefährten können den Entwicklungen kaum folgen. Die Vielfalt von Beziehungsweisen bedeutet freilich nicht, dass die etablierten Institutionen – die Ehe und die Familie – zu Auslaufmodellen geworden sind. Sie haben nur ihren Monopolcharakter, ihre Bedeutung als Leitbilder für alle verloren. Gesellschaftliche Triebfeder dieser Prozesse ist die Individualisierung. Generell werden die Menschen in modernen Gesellschaften von institutionellen und traditionellen Vorgaben entbunden, aus sozialen Kontrollen entlassen und von gesellschaftlichen Zwängen befreit. Menschen unserer Tage verstehen sich – am Leitwert der Selbstbestimmung orientiert – immer stärker als Autorinnen und Autoren ihrer eigenen Lebens-, Arbeits- und Liebesgeschichte. Individualisierung bedeutet jedoch keineswegs Bindungslosigkeit. Im Gegenteil: Die sozial entkoppelten und nach Selbstbestimmung strebenden Individuen sind umso anlehnungsbedürftiger. Sie befinden sich auf der anstrengenden Suche nach (neuer) Geborgenheit, Nähe und Gemeinschaft. Je brüchiger Beziehung erfahren wird, umso mehr steigert sich die Sehnsucht nach Verlässlichkeit. Diese Spannung durchzieht auch die Beiträge unseres Schwerpunktheftes. Sie bieten ein Panorama von theologischen und humanwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit Liebe, Partnerschaft und Ehe in unserer Zeit.

 

 

Unsere ersten drei Beiträge fokussieren auf das christliche Verständnis von Ehe: Der Moraltheologe Eberhard Schockenhoff führt das christliche Eheverständnis aus einem moralistischen (Miss-)Verständnis eines heteronomen Zwanges heraus. Die in der Ehe institutionalisierte Vorstellung einer lebenslangen Entschiedenheit füreinander hängt mit dem Wesen von Liebe selbst zusammen: der Sehnsucht nach bedingungsloser Annahme in allen Aspekten des Personseins. Insofern gebührt Beziehungsweisen moralische Anerkennung, in denen Werte wie Freundschaft, Verlässlichkeit, Treue und Füreinander-Einstehen gelebt werden. Der folgende Vergleich des Eheverständnisses aus katholischer, evangelischer und orthodoxer Sicht erweist sich als instruktiv. Unsere jeweils in einer konfessionellen Tradition beheimateten AutorInnen, Dorothea Sattler, Ulrich H. J. Körtner und Ioan Moga, zeigen in ihren Beiträgen die zentrale Bedeutung auf, die Ehe in den drei konfessionellen Theologien und Kulturen besitzt. Zugleich wird deutlich, wie die christlichen Kirchen Beziehungswirklichkeiten unterschiedlich theologisch deuten, werten und pastoral begleiten. Einmal mehr erweist sich die konfessionelle Vielfalt als ökumenische Herausforderung und wechselseitige Bereicherung. Die Kirchenrechtlerin Sabine Demel geht von einem kanonistischen Widerspruch aus: Einerseits ist aus Sicht katholischer Theologie jede Ehe unauflöslich; andererseits kennt das kanonische Recht Eheauflösungsverfahren. Aus diesem Dilemma bietet Demel eine pastoral weiterführende Lösung an. Die Ehe bleibt zwar aus theologischen Gründen unauflöslich; entsprechend der Rechtsvollmacht der Kirche können die Rechtsfolgen jedoch aufgehoben werden. Eine zweite Eheschließung könnte so als Ausnahme sowie unter bestimmten Bedingungen und Auflagen gewährt werden.

 

Unsere weiteren Beiträge lassen sich als Weitung und Vertiefung der Thematik verstehen: Mirja Kutzer (Systematische Theologin) denkt über das grundsätzliche Verhältnis von Gottesliebe und Menschenliebe nach. An der lange Zeit kirchlich dominierenden augustinisch-neupla­tonischen Tradition kritisiert sie eine zumindest implizite Abwertung menschlicher Liebe. Dagegen setzt sie eine psychoanalytisch wie theologisch geschulte Lesart zwischenmenschlicher Liebe, die diese nicht in Konkurrenz zur Gottesliebe interpretiert, sondern im ekstatischen Moment der Liebe „einen Geschmack des Göttlichen“ (Benedikt XVI.) wahrnimmt. Zur Frage des Geschlechterverhältnisses gehört die ethisch virulente Frage nach der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Die Kirchenhistorikerin Ines Weber analysiert eine Schlüsselzeit der Emanzipationsbewegung, die 1960er-Jahre, und kommt zu einem erstaunlichen Befund: Im Spiegel der untersuchten pastoraltheologischen Literatur und katholischen Publizistik lässt sich ein beachtlicher Beitrag der Theologie zum Übergang von einem patriarchalen zu einem gleichberechtigten Eheverständnis, zur Emanzipation der Frau und zu einem neuen Rollenverständnis und -verhältnis ausmachen. Der eingangs beschriebene Prozess der Individualisierung wirkt sich nicht nur auf die erotische Liebe aus, sondern auch auf andere Beziehungsweisen. Der Soziologe Janosch Schobin verweist auf die wachsende Bedeutung von Freundschaft als zentralem Ort von Intimkommunikationen. In ethnologisch-historischer Herleitung sieht Schobin die entscheidende Bindekraft, die Freundschaften zusammenhält, im Teilen von „Geheimnissen“, von intim-vertraulichen und existenziellen Dingen. Er macht damit deutlich, dass die in der individualisierten Gesellschaft ersehnte persönliche Nähe nicht nur im Rahmen von Intimpartnerschaften gesucht und gefunden werden kann.

 

Der thematisch freie Beitrag von Johannes Rauchenberger widmet sich einem adäquaten Verständnis von Sakralräumen und schneidet damit eine aktuelle Frage an. Die Besprechung des Buches „Leitbild am Ende? Der Streit um Ehe und Familie“ von Georg Winkler knüpft an das Schwerpunktthema des Heftes an und eröffnet den Rezensionsteil.

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