Freitag 29. März 2024

„Fachtagung Weltkirche“: Appell für mehr Friedens-Engagement

Lebhafte Diskussionen bei der Fachtagung Weltkirche

Mit einem Aufruf an Österreichs Politik und Wirtschaft sowie einer Selbstverpflichtung der Kirche, mehr für den Frieden zu tun, ist am 25. Juli 2015 die „Fachtagung Weltkirche“ im Stift Lambach zu Ende gegangen.

Friedensarbeit als Grundauftrag der Kirche

 

Unter dem Motto „Selig, die Frieden stiften“ beschäftigten sich 120 TeilnehmerInnen bei der „Fachtagung Weltkirche“ im Stift Lambach von 24. bis 25. Juli mit kirchlichem Engagement gegen Gewalt und Krieg. Inmitten von Gewalt und Konflikten müssen sich die Kirchen verstärkt für Verständigung und Versöhnung einsetzen, appellieren die VertreterInnen aus der Zentralafrikanischen Republik und dem Irak. Besonders Ordensgemeinschaften, NGOs und kirchliche Würdenträger sollen in Wort und Tat Frieden fördern. Die Augenzeugenberichte aus den Krisengebieten waren bewegend und schockierend zugleich.

Irakische Ordensfrau: "Wir werden unser Land nicht verlassen"

 

"Solange es auch nur einen einzigen Christen im Irak gibt, werden wir das Land nicht verlassen sondern bei den Menschen bleiben und ihnen beistehen." Das hat die irakische Ordensfrau Luma Khuder im "Kathpress"-Gespräch betont. Sie war eine der Vortragenden bei der diesjährigen Fachtagung Weltkirche. Sr. Luma ist Dominikanerin und kümmert sich mit ihren Mitschwestern um Flüchtlinge rund um die kurdische Hauptstadt Erbil und in der Provinzstadt Dohuk. Trotz aller Grausamkeiten gebe es langfristig keine Alternative zu Frieden und Versöhnung, so die Ordensfrau, die selbst schwer traumatisiert ist von den Gräuel der Terrortruppen des Islamischen Staates (IS).

Im Sommer 2014 musste die Dominikanerin mit ihren Mitschwestern vor den Islamisten aus Karakosch, einer christlichen Stadt nahe Mosul, fliehen. Sr. Luma: "In der Nacht vom 6. auf den 7. August erfuhren wir, dass die kurdischen Peschmerga die Verteidigung von Karakosch aufgeben und der IS kommt." Hals über Kopf hätten zigtausende Menschen die Stadt verlassen - Christen, Schiiten, Jesiden. Die grauenhaften Bilder dieser Flucht würden sie immer noch in ihren Träumen verfolgen, so Khuder. Am Morgen des 7. August seien schließlich allein 100.000 christliche Flüchtlinge aus der ganzen Ninive-Ebene im sicheren Kurdengebiet angekommen. Khuder: "Wir sind den Kurden sehr dankbar. Sie haben ihre Grenzen geöffnet. Wohin hätten wir sonst gehen sollen?" Die meisten Christen blieben in Ankawa, einer christlich geprägten Stadt mit rund 25.000 Einwohnern nahe bei Erbil.

Das Ausmaß der Flüchtlingskatastrophe im Irak sei "unvorstellbar". Allein von Jänner 2014 bis April 2015 hätten mehr als 2,8 Millionen irakische Zivilisten ihre angestammten Dörfer und Städte verlassen müssen. Darunter auch 300.000 Christen, so Sr. Luma. Die Christen seien deprimiert, hätten keine Zukunftsperspektiven und Hoffnung. Sollte der IS vertrieben werden und Sicherheit gegeben sein, würden die Flüchtlinge aber zurückkehren. "Die Menschen wollen zurück in ihre Häuser. Das ist unser aller größter Wunsch", so Sr. Luma. Aber es würde sehr lange dauern, "bis wir unseren Nachbarn wieder vertrauen könnten". Das Vertrauen zwischen Christen und Muslimen sei nachhaltig zerstört worden.

 

Sr. Luma Khuder. © Ordensgemeinschaften Österreich 

 

Profiteure des Krieges

 

Abbé Philippe Grebalet aus der Zentralafrikanischen Republik warnt davor, den Konflikt in seinem Land als Konflikt der Religionen zu bezeichnen: „Das haben die Medien so dramatisiert.“ Kein religiöser Führer der Moslems oder der Christen habe zu Gewalt aufgerufen. Vielmehr sei das rohstoffreiche Land seit seiner Unabhängigkeit 1960 immer instabil geblieben und Kräfte aus dem Ausland versuchen Macht zu bekommen: „Es ist ein Krieg um Erdöl und ein Krieg der großen Konzerne.“ Besonders Frankreich wolle die Vorgänge in der Zentralafrikanischen Republik steuern. 2012 kam es zu einem Putschversuch durch koalierende Gruppen aus dem Norden. Die sogenannten Seleka-Rebellen übernahmen die Kontrolle über weite Teile des Landes und zogen im März 2013 in die Hauptstadt Bangui ein. Abbé Philippe war zu dieser Zeit Leiter eines diözesanen Ausbildungszentrums und erlebte den Einmarsch der Rebellen. Sie wurden immer gewalttätiger, Vergewaltigungen und bestialische Tötungen häuften sich. „Es war Barbarei“, so Abbé Philippe.

Um die Angreifer zu stoppen bildeten sich Verteidigungstruppen. „Die Anti-Balaka stellten sich mit Macheten gegen die Rebellen“, erzählt der Priester. Weil die Seleka-Rebellen fast ausschließlich Moslems sind und viele Christen sich in der Anti-Balaka-Miliz formierten, seien die Kämpfe zu einem Religionskonflikt hochstilisiert worden. „Das sind einfach Kriminelle“, beschreibt Abbé Philippe die kämpfenden Gruppen. Es herrscht vorübergehende Ruhe in der Zentralafrikanischen Republik, doch der Konflikt sei noch nicht gelöst. Abbé Philippe : „Die Waffen kommen aus dem Ausland. Manchen Ländern scheint dieser Konflikt zu nützen.“

Abbé Philippe Grebalet erzählte von der schwierigen Arbeit der Resozialisierung der Kindersoldaten: „Es gibt 10.000 im Land.“ In mehreren Diözesen gibt es Projekte für sie, mit Bildung versucht die Kirche „den zerstörten Seelen Zukunft zu geben“. In jeder Diözese haben sich interreligiöse Plattformen gebildet, in der Moslems, Protestanten und Katholiken zusammenarbeiten. „In einer Diözese leben der Imam und der Bischof sogar im selben Haus“, berichtet Abbé Philippe. Es brauche ein Ende dieser Todesmaschinerie mit internationaler Hilfe, damit Friede von innen wachsen kann: „Wir müssen fähig werden einander zu verzeihen.“ Im Herbst wird Papst Franziskus die Zentralafrikanische Republik besuchen: „Hoffentlich hören die Politiker seine Friedensbotschaft.“

 

 

Abbé Philippe Grebalet. © Ordensgemeinschaften Österreich

 

 

Konflikte beendet, aber nicht gelöst

 

Der Friedensforscher Maximilian Lakitsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung auf Burg Schlaining, wies in seinem Referat darauf hin, dass es derzeit keine zwischenstaatlichen Konflikte gebe, aber viele Bürgerkriege. Besonders betroffen seien Afrika und der Nahe Osten. „Das Problem ist, dass viele Konflikte für beendet erklärt, aber nicht gelöst wurden“, konstatiert er. In der Friedensforschung spricht man von Konfliktbearbeitung und Transformation, ein jahrelanger Weg bis zur nächsten Generation. Dieser notwenige soziale Wandel passiere aber oft nicht. „Werden die Kämpfe eingestellt, schaut die Weltöffentlichkeit wieder weg und es fehlen die Ressourcen für wirkliche Transformationen“, so der Friedensforscher. Für Lakitsch können glaubwürdige religiöse Würdenträger entscheidende Beiträge zum Frieden leisten. Er plädiert dafür, dass in Friedensprozessen neben politischen und sozialen auch religiöse Aspekte beachtet werden.

 

 Friedensforscher Maximilian Lakitsch. © Ordensgemeinschaften Österreich

 

Abschlusserklärung für nachhaltigen Frieden

 

Nach der persönlichen Begegnung mit Augenzeugen aus den Krisengebieten Zentralafrikanische Republik und Irak verfasste eine Delegiertengruppe eine Erklärung mit folgenden Eckpfeilern für nachhaltigen Frieden: Befriedigung von Grundbedürfnissen, rechtsstaatliche Prinzipien, Schutz von Minderheiten, Religion im Dienst des Friedens und Wege der Vergebung. Die Erklärung solle konkrete Schritte für alle Akteure anregen, wünschte sich Entwicklungsexperte Heinz Hödl im Namen der Verfasser.

Der Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO), war einer der Organisatoren der Tagung, die diesmal dem Thema "Selig, die Frieden stiften" gewidmet war. Veranstaltet wurde sie von der Vereinigung der Frauenorden, der Superiorenkonferenz, von der "Missions-Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft" (MIVA) und der KOO.

 


KOO-Geschäftsführer Heinz Hödl. © Peter Rinderer


In ihrer Erklärung fordern die in der Entwicklungszusammenarbeit tätigen kirchlichen Organisationen von Außenminister Sebastian Kurz, sich für den Schutz der Bevölkerung in Krisenregionen einzusetzen. Die Bundesregierung insgesamt solle "gegen konfliktschürende Wirtschaftspraktiken und gegen Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen" auf europäischer und globaler Ebene auftreten. Ein weiterer Appell richtete sich an österreichische Wirtschaftsunternehmen, auf Praktiken mit konfliktfördernden Auswirkungen zu verzichten.

Die Veranstalter der Fachtagung appellieren aber auch an die Bischöfe in Österreich: Sie mögen öffentlich Friedensinitiativen fördern und "gegen konfliktfördernde Praktiken und Strukturen auftreten". Die Erklärung sei gleichzeitig eine Selbstverpflichtung für intensivere Friedensarbeit, wies Heinz Hödl hin: "Wir dürfen das Thema nicht ad acta legen, wir müssen Antworten finden."

 

Abschlusserklärung im Wortlaut



Friedensinitiativen präsentieren Arbeit

 

Im Rahmen der Tagung präsentierten österreichische Friedensinitiativen in Workshops ihre Arbeit. Vertreten waren der Versöhnungsbund, das Institut für Religion und Frieden, die Gemeinschaft Sant'Egidio und das Haus der Stille. Zusätzlich standen die beiden Gäste - Schwester Luma Khudher aus dem Irak und Abbé Philippe Grebalet aus der Zentralafrikanischen Republik - für Rückfragen und Austausch zur Verfügung. Mitglieder des Versöhnungsbundes berichteten von dreimonatigen Freiwilligeneinsätzen, dem sogenannte "Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel" (EAPPI). Dort begleiten sie Menschen im Alltag, haben eine Schutzfunktion und setzen ein aktives Zeichen für den Frieden.

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion wies Abbé Philippe Grebalet darauf hin, dass für nachhaltigen Frieden eine "Heilung der Erinnerungen" nötig sei. "Wir müssen unsere Geschichte aktiv in die Hand nehmen", so Grebalet. Schwester Anneliese Herzig von der Dreikönigsaktion rief dazu auf, Verantwortung zu übernehmen, sei es beim Konsum, in der Entwicklungspolitik, durch Bewusstseinsbildung, im Journalismus oder durch Gebet: "Jeder muss irgendwo anfangen oder weitermachen." Es brauche vielfältige Ansätze, um die Friedensarbeit zu fördern. Herbert Rechberger von "Kirche in Not" bedankte sich bei den zwei Gästen aus der Zentralafrikanische Republik und Irak für ihren Mut und ihre Präsenz: "Ihr seid Helden der Nächstenliebe."

 

Kathpress / KOO

 

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