Dienstag 16. April 2024

Moraltheologe Lintner: "Kirchliche Sexualmoral ist in Bewegung"

Sexualität werde von Theologie und Lehramt "mehr und mehr in ihrer personalen und ganzheitlichen Dimension wahrgenommen", so Prof. Martin Lintner in der aktuellen Ausgabe der christlichen Wochenzeitung "Die Furche".

Der Brixener Moraltheologe und Vorsitzende der "Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie" begründete seine Einschätzung mit einem Wandel weg von einer naturrechtlich bestimmten "Aktmoral", bei der jede einzelne sexuelle Handlung danach beurteilt wurde, ob diese der "Natur der Sexualität" entspreche, hin zu einer bereits vom Zweiten Vatikanischen Konzil vertretenen Sichtweise, wonach "sexuelles Verhalten als leibliche Kommunikation" zu gelten habe.

Auf der Ebene der konkreten sexualethischen Normen habe sich trotz dieses Wandels zum Positiven in der katholischen Kirche allerdings kaum etwas verändert, schrieb Lintner. Das zeige sich etwa beim Thema Homosexualität, wo das Argument der biologischen Zeugungsfunktion weiterhin neben den personalen Urteilskriterien stehe. Eine Vermittlung zwischen der naturrechtlichen und der personalen Argumentationsweise sei hier schwierig.

Dennoch: Nicht zuletzt die Diskussionen während der außerordentlichen Bischofssynode vom Herbst 2014 sowie das jüngst veröffentlichte Arbeitspapier für die Familiensynode im Oktober 2015 zeigen laut Lintner ein "Umdenken" im Umgang mit homosexuellen Menschen: "Die Kirche wird sensibler für die Leiderfahrungen von Betroffenen sowie von Familien, in denen homosexuelle Menschen leben." Diese Entwicklung erscheint dem renommierten Südtiroler Moraltheologen und Angehörigen des Servitenordens "bedeutend, auch wenn die Kirche betont, dass eine homosexuelle Partnerschaft von einer Ehe zu differenzieren bleibt".

Für Lintner "lebt die Hoffnung, dass die Kirche aus dem langen und bedrückenden Schatten ihrer sexualfeindlichen Tradition heraustritt". Neben der geänderten Sicht und Deutung der Sexualität sei dafür auch ein stärkeres Vertrauen in die Moralfähigkeit des Menschen notwendig. Das erfordere die Förderung eines "selbstbestimmten, verantwortungsvollen Umgangs mit der eigenen Sexualität". Das persönliche Gewissensurteil bleibe jedenfalls "letztverbindlich", so Lintner.

Auch Papst Franziskus steht in den Augen des Theologen für eine lehramtliche Öffnung. Dessen vielzitierter Satz "Wenn eine Person homosexuell ist und guten Willens nach Gott sucht, wer bin ich, über sie zu urteilen?" solle "angesichts der sexualethisch konservativen Haltung von Franziskus" zwar nicht "überinterpretiert" werden. Dennoch lege der Papst hier den Akzent "auf das, was für ein moralisches Urteil aus christlicher Sicht entscheidend ist: dass jemand guten Willens nach Gott sucht, das letzte und höchste Gut, auf das hin das ganze Leben ausgerichtet ist".



Heute "kaum nachvollziehbare" Auswüchse


Mit einem Rückblick auf heute "kaum nachvollziehbare" Auswüchse der früheren "Aktmoral" in der Kirche machte Lintner das erfolgte Umdenken deutlich: Wenn die "Natur der Sexualität" eben als primär auf Fortpflanzung hingeordneter Trieb definiert worden sei, hätten folgerichtig Selbstbefriedigung oder Homosexualität als "widernatürliche" Sünden verurteilt werden müssen; sie hätten schwerer gewogen als Sünden "gemäß der Natur" wie etwa sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung, bei der - so wurde argumentiert - eine Zeugung immerhin möglich sei.

Diese bis ins 20. Jahrhundert prägende katholische Sexualmoral habe - so Lintner - vergessen, dass jede Handlung "eingebettet ist in die Biografie eines Menschen, geprägt von dessen Entwicklung sowie Lebens- und Vorentscheidungen". Für das sittliche Urteil müssten deshalb die unterschiedlichen biografischen, psychischen und gesellschaftlichen Faktoren berücksichtigt werden, die die Moralfähigkeit und Reife des handelnden Subjekts mit bedingen. Heute versuche man, dem mit dem "Gesetz der Gradualität" Rechnung zu tragen.

 

Kathpress

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