Freitag 3. Mai 2024

Florian (4.5.)

Ich bin ein Christ...
Einblick in die Kunstaustellung im Stift St. Florian.

Wilhelm Neuwirth, emeritierter Propst von St. Florian, stellt anlässlich des 1700 Jahr-Gedenkens an den Tod des Heiligen Florian fest: Wir wissen nicht viel von Florianus. Eigentlich ist er ein Unbekannter.

Ein Unbekannter?

Bekannt ist sein Todesdatum, der 4. Mai 304 und warum er zu Tode gekommen ist, er blieb nämlich seinem christlichen Glauben treu. Und bekannt ist noch einiges über seinen Beruf, er war Chef der Verwaltung in der römischen Provinz Ufer Noricum. Aus frühen Aufzeichnungen kennen wir auch den Ort seines gewaltsamen Todes: Lauriacum, das ist Lorch bei der heutigen Stadt Enns. Man hat ihn mit einem Stein im Ennsfluss ertränkt. Es ist also nicht viel, was wir von ihm wissen.

 

Wenn ich vor etwa vierzig Jahren während des Studiums in meine Heimatpfarre Enns gekommen bin, dann war der Besuch bei Pfarrer Dr. Eberhard Marckhgott immer ein besonderes Erlebnis. Es gab stets neue Erkenntnisse bei den Ausgrabungen in Lorch, denn er war intensiv bestrebt, die Zeit des frühen Christentums in Lauriacum, also die Zeit da Florian lebte, zu erforschen. Die Lorcher Basilika ist heute steinernes Zeugnis für das christliche Continuum in unserem Lande. Ich versuchte es einmal so auszudrücken: Der Seelsorger Marckhgott ließ zwischen den Steinen der Archäologie die Quelle der Verkündigung hervorbrechen.

 

 

 

Mutiger Märtyrer

Was vor 1700 Jahren in Lauriacum geschehen ist, gestaltet sich heute letztlich doch sehr anschaulich vor unserem geistigen Auge. Manche nennen es ein „Phänomen”, dass sich das Gedächtnis und die Verehrung Florians über so viele Jahrhunderte lebendig erhalten hat. Der anscheinend Unbekannte ist uns ein sehr vertrauter Bekannter. Er ließ seine Glaubensgefährten nicht im Stich. Sie waren in Bedrängnis gekommen, da die römische Staatsgewalt die Christen aufspüren ließ und sie verfolgte. Die Not der Mitchristen machte Florian zu seiner Not, diese Solidarität war für ihn die Nagelprobe seines Glaubens. Er weigerte sich zusammen mit seinen Gefährten, den Göttern des Staates zu opfern und dadurch dem Glauben an Jesus Christus abzuschwören. Zivilcourage und Solidarität sind moderne Begriffe für solch mutige Haltung. Es war aber noch mehr: Er bezeugte seinen Glauben bis in den Tod, er war Märtyrer. Dieser Unbekannte ist der bekannteste und bestbezeugte Glaubenszeuge der frühchristlichen Zeit in den Ländern der Ostalpen. Das Wenige also, das wir über Florian wissen, ist letztlich doch sehr viel!

 

Die wenigen Fakten aus dem Leben bzw. über den Tod des Märtyrers ließen die Meinung aufkommen, dieser Florian sei keine historische Gestalt. Inzwischen ist bei einem wissenschaftlichen Symposion erneut sehr klar ausgewiesen worden, dass die wenigen Quellen hinführen zu einer Gestalt, die gelebt hat und nicht einer Phantasie entsprungen sein kann. Diese Feststellung ist umso gewichtiger, da die historische Forschung gründlicher und kritischer geworden ist.

 

Mehr als nur Legende? 

Die Ereignisse nach seinem Tod, die Auffindung seines Leichnams und über den Ort seines Begräbnisses schildert uns die Legende. Es heißt, er sei an der Stelle begraben worden, wo heute unweit von Enns-Lorch das Stift St. Florian steht. Dort blieb in besonderer Weise seine Verehrung lebendig, die seit dem elften Jahrhundert auch in der Liturgie der Augustiner Chorherren unter anderem gepflegt worden ist. Die Wallfahrten hatten nie etwas Spektakuläres, aber durch all die Jahrhunderte pilgerten christliche Wallfahrer zu Florian, dem Helfer in Nöten des Glaubens und des Lebens. Er wurde und wird angerufen als Begleiter im Leben und im Sterben und als Fürsprecher in Gefahren, insbesondere bei Bedrohung durch Feuer oder Wasser. So wurde er auch zum Patron aller Helfer wie Feuerwehr und anderer Notdienste.

 

Vorbild und Beispiel - Patron und Nothelfer 

Als Nothelfer und Schutzheiliger ist Florian sehr populär geworden, so sehr, dass die Anrufung fast schon zum Missbrauch geworden ist, wenn er das Eigene schützen und die Gefahr auf den Nachbarn hinwenden sollte. Dieses „Prinzip” spannt ihn vor egoistische Interessen und steht seiner Haltung völlig entgegen.

 

Die katholische Kirche in Oberösterreich, die Diözese Linz, hat den Heiligen Florian und seine Gefährten von Lorch im Jahre 1971 zum Hauptpatron ernannt. Die oberösterreichische Landesregierung hat beschlossen, dass Florian neben Leopold mit 4. Mai 2004 Landespatron sein soll.


In ihm wird ein Vorbild und Bespiel gesehen. Florian ist eine Provokation, er fordert heraus. Als harmlosen Heiligen kann man ihn nicht bezeichnen.

Mit Zivilcourage und Solidarität können wir in gängigen Begriffen das Auftreten und Handeln Florians beschreiben. Er war bereits im Ruhestand, er lebte in Cetium (St. Pölten).


Es wäre für ihn einfach gewesen, eine Unterstützungserklärung nach Lauriacum zu schicken. Florian aber machte sich selber auf den Weg, er hielt sich die Angelegenheit nicht vom Leibe, noch weniger die Not seiner Gefährten. Er wollte da sein, ihnen nahe sein. Denn sie brauchten ihn.

 

Einander brauchen – auch heute?

Wir brauchen einander mehr, als wir zugeben. Wir sind aufeinander angewiesen, vielleicht oft mehr als uns lieb ist. Viele Menschen können heute ihr Leben sehr unabhängig organisieren und es ist gut, dass sklavische Abhängigkeit nicht mehr an der Tagesordnung ist. Das Bestreben unabhängig zu sein, ist aber auch die Versuchung, vorerst auf das Eigene zu schauen. Das Wohlergehen des Nächsten und das Gemeinwohl ist zweit- und drittrangig oder die Gemeinschaft – sei es Gemeinde, Land oder Bund – hat für mich da zu sein. Auch die kirchliche Gemeinschaft wird angefragt, was es denn bringe, wenn man dabei ist. Oft wird erst in der Vereinsamung und Isolation deutlich, wie sehr ich einen Menschen brauche, der mir Zuwendung gibt und der mich anspricht. Wie beglückend mag es sein, einmal zu erfahren, dass auch ich gebraucht werde. Ich als Person, nicht mein Auto, mein Garten, mein Haus. Was lässt mehr aufleben als ein Wort: Ich brauche dich, gut dass du da bist! Jeden Tag sind wir auf verschiedene Weise miteinander in Verbindung – elektronisch vernetzt und füreinander erledigen wir ständig Geschäfte. Im unmittelbaren Miteinander und Füreinander sind wir nicht selten sprachlos und hilflos. Wir verstehen uns oft nur mehr als Mitarbeiter und zu wenig als Lebens-Partner und kaum mehr als Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben.

 

Florian wusste, dass er jetzt gebraucht wird und er verlässt seinen gesicherten Ort und machte die Bedrängnis seiner Gefährten zu seiner Bedrängnis. Ob solche Zivilcourage und Solidarität nicht gerade in unserer Zeit gefragt ist?!

 

 

Ich bin ein Christ!

Florian setzte sogar sein Leben aufs Spiel. Woher nahm er diese Kühnheit, diesen schier unvernünftigen Mut? Dieser Zugang wird vielen nicht leicht fallen, da in unserer Gesellschaft christlicher Glaube nicht mehr ohne weiteres erfahrbar ist. Als Florian zusammen mit seinen Gefährten vor den Statthalter gebracht worden war, bekannte er: Ich bin Christ!


Christ sein heißt: An Gott glauben, auf ihn hoffen und ihn lieben, ihn und den Nächsten wie mich selbst, so wie es Jesus Christus uns gelehrt hat. Ohne diesen Glauben ist der letzte Schritt des Florian nicht erklärbar.

 

Walter Nigg, der sich mit vielen Heiligenbiographien beschäftigt hat, schreibt: „Die Welt der Heiligen kann einzig mit Gott und niemals ohne ihn begriffen werden. Jedem anderen Versuch erschließen sie ihr Geheimnis nicht.” In Gott nämlich erschließt sich für den Menschen sein Lebenssinn und der tiefste Grund seines Daseins: Ich bin von Gott, meinem Schöpfer, angenommen. Im Glauben darf ich sagen: Ich bin von Gott geliebt. Diese Wirklichkeit macht mein Leben kostbar – ich weiß, wem und zu wem ich gehöre.

Menschliches Leben ist für Menschen nicht verfügbar, wenngleich es wie Ware gebraucht wird, oder als Druckmittel oder als Objekt menschlicher Willkür. Menschen, die über das Leben anderer Menschen verfügen, stehen im Unrecht. Wo Gottlosigkeit um sich greift oder der Mensch sich für Gott hält, bemächtigt sich Geschäft und Nachfrage rücksichtslos menschlichen Lebens. So meinte auch der römische Statthalter über menschliches Leben verfügen und Todesurteile fällen zu können.

 

Florian bekennt: Ich bin Christ. Er ist nicht nur ein couragierter Kerl oder gar der unverwundbare Held und Rächer. Diese Idole werden medial frei Haus geliefert.
Florian sagt gleichsam: Du kannst mich töten, doch du kannst mir nicht das Leben nehmen. Diese Glaubensgewissheit trägt er seit seiner Taufe in sich.

 

Taufe als Entscheidung 

In der Zeit des frühen Christentums war Taufe ein entschiedener Schritt eines erwachsenen Menschen. Getauft werden hieß: Hinkehr und Ausrichtung meines Lebens auf Jesus Christus hin, hieß umdenken und anders denken. Es war die Rede vom alten und vom neuen Menschen. Die Kindertaufe gab es damals noch nicht. Die Taufe wird heute noch immer allzu sehr als ein privates Familienfest gesehen und als die formale Aufnahme in die Kirchengemeinschaft. In den Familien ist christlicher Glaube als tragfähige Voraussetzung für das Sakrament oft nicht mehr genügend vorhanden. Der Glaube ist nicht mehr lebensgestaltend. Im alltäglichen Leben richten sich auch getaufte Christen allzu sehr nach den Spielregeln, wie sie die Gesellschaft duldet oder fordert, sie leben wie die Heiden.


Wer den Glauben nicht lebt, das heißt im Gebet die lebendige Verbindung mit Gott nicht sucht, im Wort der Heiligen Schrift und in der Eucharistie die Christusnähe nicht pflegt, läuft Gefahr, sich den üblichen Verhaltensweisen „dieser Welt” anzugleichen. Es ist notwendig, sich den „Mehrwert” christlichen Glaubens ständig vor Augen zu halten. Getauft sein bedeutet, mir ist die Wirklichkeit meines Lebens voll erschlossen, ich bin vom lebendigen Gott gehalten und getragen. Dies ist aber auch an meiner Lebensweise sichtbar.

 

Teilnehmen am Leben anderer

Dieser Glaube schenkt die volle Freiheit, die Freiheit der Kinder Gottes. Diese Freiheit nimmt nicht nur die Angst, sondern sie befreit und befähigt zur Tat. Christen stehen mitten im Leben, sie kennen sich aus, sie gestalten die Gesellschaft mit. Sie denken aber einen Schritt voraus: sie überschreiten eine Grenze, ihre eigentliche Wirklichkeit ist die Transzendenz, das „Reich Gottes”! Florian war ein Mann des öffentlichen Lebens. Christsein heißt teilen und ebenso und vielleicht noch mehr: teilnehmen. Anteil nehmen am Leben, das sich um uns ereignet; Anteil nehmen an Freud und Leid, am Leben und Sterben. Wahrhaft leben heißt nicht für sich leben, sondern teilnehmen am Leben anderer.

 

Florian – der Aufblühende?

Bei näherer Betrachtung erschließt sich Florian immer mehr wie die Blüte einer Blume, die als Knospe noch nicht viel von ihrem Reichtum preisgibt. Der Name Florian bedeutet ja auch „der Blühende”. Die Grundzüge dieser Persönlichkeit formen sich beim näheren Hinschauen stets deutlicher zu einem klaren Profil. Die Herausforderungen und Spannungen menschlichen Lebens, in die Florian hineingestellt ist, sind zeitlos. Was ist heute mehr gefragt als der Mut, gegen den Strom zu schwimmen, sich nicht einfach als „Meinungsklon” mittreiben zu lassen.


„Willst du zur Quelle, musst du gegen den Strom gehen”, ist eine alte Weisheit. Florian geht den Weg zur Quelle, letztlich zur Quelle des Lebens.

 

Das Wasser des Flusses bringt ihm den Tod, das Wasser der Taufe bringt ihm das Leben!

 

Quellenangabe (Origiginalbeitrag):

Neuwirth, Wilhelm: Ich bin ein Christ. In: Stift St. Florian. URL: http://www.stift-st-florian.at/stift-st-florian/hl-florian/ich-bin-ein-christ.html#C [Stand: 06/2014] 

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