Bischof Manfred Scheuer zu 50 Jahre Synagoge Linz
Unter den Festgästen: Bischof Dr. Manfred Scheuer, Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer, Bürgermeister MMag. Klaus Luger, die Botschafterin des Staates Israel Talya Lador-Fresher und der ehemalige Wiener Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg.
Der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer ist auf vielfältige Weise mit dem Thema Judentum befasst. So ist er unter anderem in der Österreichischen Bischofskonferenz Zuständiger für Ökumene und Kontakte zum Judentum sowie für den Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus.
Scheuer war einer der Festredner beim 50-Jahr-Jubiläum der Wiedererrichtung der Linzer Synagoge, das am 26. April 2018 von der Israelitischen Kultusgemeinde Linz mit Präsidentin Dr.in Charlotte Herman feierlich begangen wurde. Die ursprüngliche Linzer Synagoge war während der November-Pogrome 1938 der Zerstörungswut der Nazis zum Opfer gefallen. 1955 begannen konkrete Überlegungen für die Errichtung eines Neubaus auf den Grundmauern der zerstörten Synagoge. Nach einem Jahr Bauzeit wurde die neue Synagoge am 2. April 1968 geweiht. Die Linzer Synagoge war damit die erste unter den österreichischen Synagogen, die nach dem Krieg wiedererrichtet wurde.
Die neue Synagoge ist Ort des Gedenkens an die Ermordeten der Shoah
Bischof Scheuer blickt in seinen umfangreichen Gedanken zum 50-Jahr-Jubiläum der wiedererrichteten Synagoge zunächst auf die Pogromnacht 1938 zurück, in der die Linzer Synagoge ein Raub der Flammen wurde. Bischof Scheuer: „Der Name Gottes wurde geschändet, als in der Nacht von 9. auf 10. November 1938 in Linz jüdische Wohnungen völlig zerstört und die Synagoge zertrümmert wurde. Gegenwärtiger Antisemitismus in Europa und auch bei uns ist ein Anschlag auf die Heiligkeit des Ewigen. Ich erbitte für die Synagoge und für die Israelitische Kultusgemeinde Linz Segen. Mögen Sie zum Segen werden. Möge Sein Name geheiligt werden.“
Fast 80 Jahre danach bleibe die Erinnerung an die „Reichskristallnacht“, an die Deportation der Linzer Juden im Mai und im November 1938, an die Ermordung der oberösterreichischen Juden, die Erinnerung an die Zerstörung der Linzer Synagoge im November 1938 und an die Shoah „für Christen durch den Gedanken der Verstrickung in Schuldzusammenhänge, das gläubige Vertrauen auf die erlösende Macht Gottes und die aufrichtige Bitte an Gott und an sein erwähltes Volk um die Schuldvergebung strukturiert“, so Scheuer. Die jahrhundertelang tradierten antijüdischen Stereotypen in der christlichen Theologie, v. a. die Anklage des Gottesmordes oder in Oberösterreich der Hostienschändung, hätten zum Gefühl der Selbstgerechtigkeit der Christen und zu einer Mentalität beigetragen, die sich vor der notwendigen Solidarität mit den ausgegrenzten und nach und nach auch dem Tod preisgegebenen Opfern des nationalsozialistischen Regimes drückte. Scheuer wörtlich: „Die Katholische Kirche in Oberösterreich stellte keine Ausnahme im Kontext dieser schmerzhaften Verstrickung dar.“
Die neue Synagoge sei ein Ort des Gedenkens an die Ermordeten der Shoah, so der Linzer Bischof. Er betonte mit dem Theologen Johann Baptist Metz, Erinnerung sei für humane Rationalität notwendig, weil das Gedenken den Widerstand gegen Vergesslichkeit, Unempfindlichkeit und Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern fördere: „Die Erinnerung an sie ist ‚gefährliche‘ Erinnerung, um Apathie und Fühllosigkeit in der Wahrnehmung gegenüber Leid und Opfer zu überwinden.“
Die vollständige Unterlage von Bischof Manfred Scheuer finden Sie anbei.
Weitere Informationen:
50 Jahre neue Synagoge in Linz: Der Geist der Toleranz hat wieder Einkehr gehalten
(Linzer KirchenZeitung online):
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