Pro Oriente Linz: Reinhard Kardinal Marx zu Gast beim Oberbank Werte-Forum
Franz Gasselsberger, Generaldirektor der Oberbank und Gastgeber der Veranstaltung, hob in seiner Begrüßung die Wichtigkeit eines gelebten Wertekatalogs hervor, dessen Grundlage stets Unabhängigkeit und Freiheit seien: „Freiheit bedeutet, selbst zu entscheiden, selbst zu gestalten, Verantwortung zu übernehmen und alle Interessen zu berücksichtigen. Aber um Unabhängigkeit und Freiheit muss man immer wieder ringen.“
Diözesanbischof Manfred Scheuer unterstrich in seiner Begrüßung den Wert gottesdienstlicher Feiern als Ort des notwendigen Korrektivs: „Kult ist ein Warner, wenn Recht, Kultur oder sogar Ethik übermächtig werden. Kult ermöglicht Freiheit und sorgt für die Anerkennung jedes Einzelnen.“
Landeshauptmann a. D. Josef Pühringer als Vorsitzender der Stiftung Pro Oriente dankte Kardinal Marx für sein Kommen nach Linz und für sein aktives Eintreten gegen eine gesellschaftlich zunehmende Untergangsstimmung: „Ihre Aussagen der vergangenen Monate gegen ein Untergangsszenario sind beachtlich und stellen eine Notwendigkeit in unserer Zeit dar“, würdigte Pühringer den Referenten als „Botschafter der Hoffnung“.

Kardinal Reinhard Marx bei seinem Vortrag im Werte-Forum der Oberbank. © Eric Krügl
Die Thematik der Freiheit griff Kardinal Marx in seinem Vortrag auf und betonte, dass nur, wer frei sei, sich bewusst entscheiden könne, mehr zu tun, sich stärker zu engagieren, als von ihm verlangt werde. Demokratie lebe aber genau von diesen Menschen, die bereit seien, mehr an Solidarität und Engagement einzubringen, als das Gesetz fordere. Dieses „Mehr“ und die damit verbundene Freiheit seien die Fundamente jedes demokratischen Gefüges. Dabei verwies er auf das Diktum des Staatsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“
Freiheit könne jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn alle Menschen als gleichwertig betrachtet würden. Letztlich sei das nur möglich, wenn eine Gesellschaft Räume schaffe, in denen niemand über andere gestellt werde. Dies garantiere der Kult, die gottesdienstliche Feier, in der ein Gott gefeiert werde, vor dem alle gleich seien. Ein Kult, der keinen Zweck verfolge, sondern „nutzlos“ sei, weil er einfach feiere, ohne etwas erreichen zu wollen. „In diesem Sinne sind die Kirchen ein notwendiges Korrektiv: Sie suchen nach einer gerechten Gesellschaft und wehren sich gegen ein ständiges Mehr, bei dem der Mensch unter die Räder kommt.“
Als gesellschaftliche Einrichtung des Christentums schlechthin bezeichnete Marx den Sonntag, den er als „Denkmal der Demokratie“ verstand, da er sichtbar mache, dass es in einer Gesellschaft um mehr gehe als um Profit, Verzweckung und Nutzen.
Am Ende seines Vortrags räumte der Münchner Erzbischof selbstkritisch ein, dass die Kirche in vielen Zeiten ihrem Anspruch nicht gerecht geworden sei und dass der Mitgliederschwund nicht aufzuhalten sei. Seine Vision sei jedoch klar: „Wenn Menschen an einer Demokratie bauen, dass sie dann sagen: ‚Euch Christen hätten wir gerne dabei.‘“
© Eric Krügl
Florian Wegscheider | Pro Oriente Linz








