Eine Welt des Staunens: Die Wunderkammer im Stift Kremsmünster
Zur Eröffnungsfeier, die musikalisch umrahmt wurde, kamen Landeskonservatorin Ing. Mag. Petra Weiss, Bürgermeister Gerhard Obernberger, Vizebürgermeisterin Dr. Dagmar Fetz-Lugmayr sowie Vertreter:innen der Tourismusverbände und Medienvertreter:innen.
„Zufall ist es, wenn Gott lächelt und Regie führt hinter den Kulissen“: Mit diesen Worten begann der Kunsthistoriker Dr. Andreas Gamerith die Eröffnungsrede zur Wunderkammer, in der erstmals auch Gemälde einen Platz finden. Beim Betreten des Raumes fällt der erste Blick auf eine Bilderwand, bei der Landschaften, Tiere und Blumen dominieren, und deren zentrales Gemälde die „Vier Elemente“ von Jan Brueghel ist. Darunter hat der Elefantenstuhl aus den Knochen des Elefanten, der 1554 nach Österreich kam, seinen neuen Platz. Wenn man sich aus der ersten Blickachse wegdreht, entdeckt man die Kunstschätze, die die Wunder der Natur mit der künstlerischen Technik verbinden und zum Staunen bringen. „In zwei Kästen haben wir die Objekte verteilt. Dazwischen: der Erlöser. Denn können wir dieser Welt einen Sinn geben, wenn wir eine unerlöste Existenz führen? Sie werden Wunder der Natur finden, Sie werden Staunenswertes finden, das das Geschick früherer Künstler hervorgebracht hat“, so Gamerith, der die Neuaufstellung konzipierte und umsetzte. „In der Wunderkammer dürfen wir uns inspirieren lassen von den Kunstwerken und staunen. Staunen heißt nicht Haben-Wollen, Staunen heißt nicht einmal Gut-Finden. Staunen heißt, das Herz offen zu halten. Staunen heißt, sich absichtslos einer Sache völlig hinzugeben", führte Gamerith den Begriff des Staunens aus.
„In unserer Zeit ist so vieles so selbstverständlich geworden. So sind wir in Gefahr, das Staunen zu verlernen. Die vielen kleinen und großen Kostbarkeiten der Wunderkammer wollen uns wieder neu ins Staunen versetzen und die Dankbarkeit in uns wecken“, so Abt Ambros.
Eröffnungsrede von Dr. Andreas Gamerith
In einer kurzen Ansprache dankte Landeskonservatorin Petra Weiss der Klostergemeinschaft für den Mut und die Bereitschaft, diese Wunderkammer zu zeigen: "Mit der Neuaufstellung der Wunderkammer ist etwas ganz Großes gelungen. Diese Wunderkammer steht für die mannigfaltigen Aufgaben, die Stifte und Klöster in Europa letztendlich ausmachen, und die auch unsere Kultur, unsere Identität und das, was uns alle hier ausmacht, widerspiegeln." Sie dankte dem Konvent für die „stabilitas“ über die Zeiten hinweg und gratulierte mit den Worten: „Das ist ein wunderbarer Auftakt für die nächsten Jahre, der uns in vielerlei Hinsicht – was auch die Restaurierung der Stiftskirche betrifft – den Schwung und die Begeisterung mitgibt.“
Zentrales Element der Kremsmünsterer Sammlung ist ihr religiöses Moment
Die Kunstsammlungen des Stiftes Kremsmünster sind das Ergebnis einer jahrhundertelangen Tradition des Sammelns und Bewahrens, des Wertschätzens und des Weitergebens.
Obwohl viele der Kunstwerke bereits im 17. und 18. Jahrhundert in das Stift gelangten (und manche sogar vom Kloster in Auftrag gegeben wurden), verdankt sich die Fülle der Wunderkammer nicht zuletzt den Sammelaktivitäten diverser Patres im 19. Jahrhundert. Mit großem Enthusiasmus erweiterten sie die vorhandenen Bestände, die nicht dem persönlichen Vergnügen dienten. Schon damals dachte man – im Sinne eines „Museums“ – an eine breitere Öffentlichkeit und ordnete die heterogenen Objekte angelehnt an die einstigen Kunst- und Wunderkammern der frühen Neuzeit.
Im Gegensatz zu anderen Museen, deren Bestände oft aufgrund von Qualität oder historischer Bedeutung zusammengestellt wurden, ist ein zentrales Element der Kremsmünsterer Sammlung ihr religiöses Moment: Zum einen versuchten die Menschen zu allen Zeiten, sich durch die Auseinandersetzung mit Werken der Kunst der Frage nach dem Göttlichen zu stellen. Zum anderen wird in der Kunst, im friedvollen künstlerischen Schaffen, der Mensch zum Schöpfer, der aus (Vor-)Gaben der Natur eine neue Welt zu schaffen imstande ist – ein neues Paradies. Das eigentliche Paradies.
(Aus dem Folder zur Wunderkammer)
Mit der Umsetzung der Neuaufstellung wurde der Kunsthistoriker Dr. Andreas Gamerith beauftragt. Er ist Archivar im Stift Zwettl und hat auch Ausstellungen im Stift Altenburg und im Stift Melk begleitet. Das grafische Konzept stammt von der Möbeldesignerin Doris Zichtl MA.
Besichtigungsmöglichkeit der Wunderkammer
Die Wundkammer ist von Dienstag bis Sonntag im Rahmen einer Stiftsführung zu sehen. Beginn ist im Klosterladen, jeweils um 11.30 und 14.00 Uhr.
Kontakt: tourismus@stift-kremsmuenster.at, Tel.: 07583/5275-151
© Stift Kremsmünster / Stefan Kerschbaumer
Alexandra Hauzenberger / Stift Kremsmünster