Freitag 29. März 2024

Liturgiewissenschaft: Fachtagung zu Liturgie und Covid-19

Am 20. und 21. November 2020 fand an der KU Linz der liturgiewissenschaftliche Fachkongress Liturgie und Covid-19 in Form einer Online-Tagung statt. Ziel der Veranstaltung war eine erste Zwischenreflexion nach über einem halben Jahr täglicher Omnipräsenz von Corona.

Diskutiert wurden Probleme, Herausforderungen und Chancen der aktuellen Krise für das gottesdienstliche Leben, welches seit März massiven Einschränkungen ausgesetzt ist bis hin zum Einstellen der öffentlichen Liturgien während der Lockdown-Phasen.

 

Dabei sollte die komplexe Thematik in interdisziplinärer Breite und aus liturgietheologischer und pastoraler Perspektive diskutiert werden, so das Anliegen der Veranstalter Univ.-Prof. Ewald Volgger und Ass.-Prof. Predrag Bukovec.

 

Die Resonanz auf die Tagung war erheblich und offenbart das enorme kirchliche und öffentliche Interesse. Teilnehmende und Referierende aus dem gesamten deutschsprachigen Raum beteiligten sich an der Zoom-Konferenz und brachten ihre Erfahrungen aus der Pastoral, Kirchenleitung, Wissenschaft und Ökumene ein.

 

Die Tagung startete am Freitag mit einem religionssoziologischen Vortrag von Univ.-Prof. Christian Spieß (Linz), der die gesellschaftlichen Vernetzungen des Themas skizzierte und besonderes Augenmerk auf die Triage im klinischen Alltag legte. Ihm folgte der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer, der die theologischen Herausforderungen dieser Krise aus der Sicht eines Bischofs entfaltete und dabei um verstärkte Sensibilität für die theologische Kategorie "Stellvertretung" warb.

 

Bischof Scheuer: Empathie statt Pochen auf Systemrelevanz

 

Die Fähigkeit zu Empathie und Mitleid ist für den Linzer Bischof Manfred Scheuer zentral bei der Bewältigung der Corona-Pandemie. Dementsprechend seien bei den Krisenbesprechungen in seiner Diözese nicht Fragen im Mittelpunkt gestanden wie "Wie kommen wir über die Runden? Wie halten wir das eigene System aufrecht?"; auch nicht die Behauptung: "Wir sind systemrelevant!", sondern "Wer wird jetzt übersehen? Wer braucht jetzt was? Wie können die Leute gut leben und auch sterben?" Alle von der Krise mitgenommenen, von Einsamkeit bedrohten Menschen wollten jetzt wahrgenommen werden, sie "freuen sich, wenn ihnen jemand zuhört und sie versteht", so Scheuer. Scheuer betonte, Covid-19 habe die Gesundheit als politische, als ethisches, als wirtschaftliches, als wissenschaftliches und als kulturelles Problem vor Augen geführt. Reine Fakten- und Evidenzorientierung würden hier für eine ethische und politische Urteils- und Entscheidungsfindung nicht ausreichen.

 

"Gestus der Empörung" hilft nicht

 

"Und was ist Aufgabe und Verantwortung der Kirche in solchen Zeiten?", fragte der Linzer Bischof: "Den Staat in seiner Aufgabe für die Gesundheit und für das Gemeinwohl zu stützen oder mit dem Gestus der Empörung auf das Versagen der politischen und auch kirchlichen Verantwortungsträger hinzuweisen?" Über seine Präferenz ließ Scheuer keinen Zweifel. Es gelte ethische Orientierung z. B. in Fragen der Triage zu geben, Mut zu machen, Hoffnung zu bezeugen oder diakonisch zu wirken. Alle Grundvollzüge von Kirche seien nur inkarnatorisch zu leben, "das heißt, sie sind in eine solidarische und kritische Zeitgenossenschaft hineingestellt", stellte Scheuer klar.

 

Kritik begegne ihm etwa in Bezug auf den "Gottesdienst-Lockdown", mit dem die Bischofskonferenz die Infektionsschutzmaßnahmen der Regierung unterstützt. "Da wird das Gewissen beschworen, in dem wir Widerstand gegen die Gesetze der staatlichen Obrigkeit leisten müssten", berichtete Scheuer über Rückmeldungen. Ihm gegenüber sei sogar Franz Jägerstätter in der Absicht genannt worden, "dessen Verhältnis zum NS-Staat mit dem Verhältnis von uns Bischöfen zur Bundesregierung aufzurechnen". Auch "neidische Vergleiche" habe es gegeben im Sinne von: Haben die Religionsgemeinschaften nicht Privilegien gegenüber anderen gesellschaftlichen Bereichen wie zum Beispiel Kunst und Kultur?

 

"Communio" auch außerhalb der Liturgie

 

Liturgie sei seit Ausbruch der Pandemie oft nur stellvertretend möglich gewesen, erinnerte Scheuer. "Und doch gab es da viel Kreativität, manchmal auch Stillstand bei Priestern und pastoralen Mitarbeitern", die Caritas sei vor großen Herausforderungen gestanden, ihren normalen "Betrieb" für Menschen in Not zu gewährleisten. "Communio" - Gemeinschaft - ereignet sich nach den Worten des Bischofs auch über Telefon, in der Hauskirche, beim Essen, bei Weggemeinschaften, bei einer Obdachlosenwallfahrt u.a.m.

 

"Nicht im Stich lassen und nicht im Stich gelassen werden, das zeichnet eine humane Gesellschaft und eine christliche Gemeinschaft aus", betonte Bischof Scheuer. Die Antwort auf die Frage "Was brauchst du?" könne lauten: Unterstützung beim Einkaufen, Nachbarschaftshilfe oder telefonische Kontakte, aber auch, "dass wir wieder einmal einen Brief schreiben ... und was es in Zeiten des Lockdown mit all den Maßnahmen braucht, ist Sachlichkeit, Achtsamkeit und die Kraft der Zuversicht, der Hoffnung", so Scheuer.

 

Gedanken von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

Bischof Manfred Scheuer

Eine wichtige Frage für Bischof Scheuer: Wer braucht jetzt was? © Diözese Linz / Hermann Wakolbinger

 

Der im engeren Sinne liturgiewissenschaftliche Teil der Tagung wurde angeführt von Prof. Martin Stuflesser (Würzburg); Stuflesser unterstrich, dass das Paschamysterium als Kerngehalt jeder Liturgie die entscheidende Größe bleibt. Ferner betonte er die Wichtigkeit statistischer Erhebungen für eine wissenschaftliche Aufbereitung der Coronakrise. Im Anschluss daran widmete sich Univ.-Prof. Reinhard Meßner (Innsbruck) den magischen Aspekten, die an der gottesdienstlichen Praxis wahrnehmbar werden. Ass.-Prof. Predrag Bukovec entfaltete ein Panorama der Bewältigungsstrategien, die in der weltweiten Ökumene forciert werden: Die exemplarisch diskutierten Maßnahmen – z. B. Eucharistisches Fasten (Anglikaner in Kanada), Kommunionlöffel (Orthodoxie) und Digitales Abendmahl (evangelische Kirchen) – verweisen sowohl auf mutige Pionierlösungen als auch zum Teil auf bremsende Kräfte, die sich mit der Krise schwertun. Den Abendvortrag gestaltete Militärseelsorger Stefan Gugerel (Enns), der die Liturgie im Cyberspace fundamentaltheologisch ausdifferenzierte.

 

Am Samstag stellten Franz Josef Zeßner (Wien) und Heiner Schweigkofler (Belgioioso) ihre Erfahrungen aus den momentan besonders kritischen Bereichen der Seelsorge vor: Zeßner berichtete aus der Caritas Socialis und der Pastoral mit alten Menschen, während Schweigkofler mittendrin im Corona-Hotspot Lombardei im Krankenhaus tätig war. Nach diesen sehr eindrücklichen Berichten und Bildern teilte ebenfalls aus erster Hand der ÖBK-Generalsekretär Peter Schipka seine Erfahrungen im Dialog zwischen Kirchen und Staat: Schipka beobachtet eine durch die Krise eingespieltere Kooperation, die die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie der Religionsgemeinschaften achtet. Der kritische Schlussvortrag wurde von Ingrid Fischer (Wien) gehalten, die zentrale Bruchlinien und Probleme identifizierte, welche durch die Krise deutlicher zu Tage treten, u. a. divergente Wahrnehmungen unter den Betroffenen, machtkybernetische Unklarheiten und Entleiblichungstendenzen.

 

Die Beiträge der Tagung werden zusammen mit vielen weiteren Aufsätzen in Kürze schriftlich vorliegen und im Pustet-Verlag publiziert werden.

 

Hermine Eder,  KU Linz / Kathpress

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