Jugendstudie: Familie gewinnt, Religion verliert an Bedeutung
Für 76 Prozent der 1.000 im September befragten 16- und 29-Jährigen ist Familie der wichtigste Lebensbereich, gefolgt von FreundInnen und Bekannten (71 Prozent). Religion (13 Prozent) und Politik (13,5 Prozent) erachtet das Studienteam um den Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier als "nahezu irrelevant".
In seiner Aussendung über die Studie nahm das Institut am 7. Oktober 2019 dazu folgende Einschränkung bzw. Präzisierung vor: Für Jugendliche mit Migrationshintergrund ist Religion deutlich wichtiger (26 Prozent "sehr wichtig") als für autochthone ÖsterreicherInnen (nur 9 Prozent "sehr wichtig"), für weitere 20 Prozent der MigrantInnen ist Religion "wichtig".
Kirche als gesellschaftlicher Faktor sei auch in der nächsten Generation in der Krise, erklärte Heinzlmaier der "Kleinen Zeitung" (Ausgabe 7. Oktober 2019): "Offensichtlich geben bereits areligiöse Elternhäuser diese Einstellung an die nächste Generation weiter." Zu den GewinnerInnen unter den Institutionen zählt die Zeitung unter Berufung auf Vertrauensrankings die Polizei, die Gerichte und das Bundesheer.
Haltung zur Politik "alarmierend"
"Alarmierend" nannte das Institut für Jugendkulturforschung in seiner Zusammenfassung die Haltung der jungen ÖsterreicherInnen zur Politik. Der Aussage "Die meisten PolitikerInnen haben keine Ahnung, wie es den meisten Menschen geht", könnten mehr als vier von fünf Befragten zustimmen. Die Politik hat somit – wie bereits bei der älteren Generation – auch bei den Jungen ein massives Imageproblem. Nur drei Prozent der Befragten vertrauen den Parteien, die damit am Ende des Rankings liegen. 67 Prozent glauben, dass der Wohlstand zurückgehen wird und es ihnen einmal schlechter gehen wird als ihren Eltern. 70 Prozent der Jugendlichen stimmen mit keiner Partei wirklich überein und wählen spontan, sagte Heinzlmaier: "Beim Wahlverhalten kommt es bei den Jungen auf die Emotion an", gewählt wird überwiegend "das geringste Übel".
Bei der Verwendung Sozialer Medien zeigte sich laut dem Jugendforscher: "Bildmedien mit präsentativer Symbolik" triumphieren über diskursive Textmedien. Emotionen würden immer wichtiger, Argumente und inhaltliche Tiefe träten demgegenüber in den Hintergrund. Bestes Beispiel ist laut Heinzlmaier "das Phänomen Greta Thunberg. Es ist das starke Bild des zornigen Mädchens mit Tränen vor der UNO, das die Emotion bedient und die Massen erreicht." Dieses Bild verbreite sich rasant, längere Textpostings lese hingegen keiner mehr.
Bilddominierte Medien wie Instagram (75 Prozent Nutzung) und Snapchat (62 Prozent) haben solche wie Facebook an Bedeutung überflügelt; nur 27 Prozent der Befragten gaben an, Facebook oft zu nutzen. Der ORF und Zeitungen als einstige Leitmedien stecken laut der Studie ebenfalls in einer Krise. Weniger als 7 Prozent der Befragten haben großes Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ähnliches gilt für Printmedien. "Die höher Gebildeten trauen Medien noch eher über den Weg, niedrigere Bildungsschichten fühlen sich von Medien, die Teil des Establishments und der Eliten seien, eher verhöhnt oder belehrt", meinte Heinzlmaier.
Info: www.jugendkultur.at