Donnerstag 18. April 2024

Stift Kremsmünster: Neueste Erkenntnisse über den Tassilokelch präsentiert

Bei einer Buchpräsentation am 24. September 2019 im Kaisersaal des Stiftes Kremsmünster wurden neueste Erkenntnisse über den Tassilokelch präsentiert. Der Kunstgegenstand wurde zuvor fünf Jahre lang wissenschaftlich untersucht.

Ein Forschungsprojekt in Deutschland hat den ältesten Kunstgegenstand des Stiftes Kremsmünster fünf Jahre lang untersucht. Die Ergebnisse liegen nun vor und eröffnen erstaunliche Perspektiven. Die Buchpräsentation versammelte hochrangige Wissenschaftler und prominente Gäste.

 

Im stimmigen Ambiente des Kaisersaals betonte Abt Ambros Ebhart OSB: „Ich empfinde es als kostbares Geschenk, dass uns der Tassilokelch anvertraut ist. Für unser Kloster Kremsmünster ist er ein Wegbegleiter durch zwölf Jahrhunderte. Der Tassilokelch veranschaulicht die Wurzel, die an den Anfang unseres Klosters zurückführt.“ Ein gesundes Traditionsbewusstsein müsse aber auch einher gehen mit der Offenheit gegenüber wissenschaftlichen Untersuchungen, zeigte sich Abt Ambros überzeugt: „Ich sage allen denen einen herzlichen Dank und Vergelt’s Gott, die sich um die Untersuchung des Kelches angenommen haben.“

 

V.l. Dr. Albrecht Weiland (Verlagsleiter Schnell&Steiner), P. Altman Pötsch, Prof. Dr. Egon Wamers (Herausgeber des Buches), Abt Ambros Ebhart
Buchpräsentation im Kaisersaal des Stiftes

Buchpräsentation am 24. September 2019 im Kaisersaal des Stiftes Kremsmünster. © Stift Kremsmünster

 

Tassilokelch soll nun Tassilo-Liutpirc-Kelch heißen

 

Der mittlerweile emeritierte Direktor des Archäologischen Museums in Frankfurt, Univ.-Prof. Dr. Egon Wamers, nannte als Forschungsziel, „dieses hochrangige Werk der frühen Schatzkunst und Staatsdenkmal der bairisch-österreichischen Kunstgeschichte erstmals nach den modernsten naturwissenschaftlichen Methoden sorgfältig zu untersuchen. Zu klären war seine eindeutige material- und fertigungskundliche Authentizität, seine kunstgeschichtliche Verortung, seine funktionale Bestimmung und vor allem sein ikonographisches Programm.“ Prof. Wamers dankte im Namen der „Wissenschaftscommunity“ dem Stift Kremsmünster unter Abt Ambros, „dass der Kelch, der über die Jahrhunderte Teil der Identität des Stiftes geworden ist, für mehr als sieben Monate an das renommierte Römisch-Germanische Zentralmuseum Mainz für die Dokumentation und die archäometrischen und goldschmiedetechnischen Untersuchungen reisen durfte.“

 

Prof. Wamers bezeichnete es als „große Ehre und Höhepunkt meines Forscherlebens“ dieses Projekt federführend begleitet zu haben und fasste die wichtigsten Erkenntnisse zusammen: „Dieser außergewöhnliche Abendmahlskelch wurde vor etwa 1250 Jahren im Salzburger Raum geschaffen. Auf wundersame Weise hat er die Stürme der Zeit überlebt.“ Zweifelsfrei sind Herzog Tassilo und seine Frau die Stifter des Kelchs. Die Inschrift lautet: „Tassilo dux fortis, Liutpirc virga regalis – Tassilo, starker Fürst – Liutpirc, aus königlichem Geschlecht.“ Da aber auch Tassilos Ehefrau Liutpirc am Kelch als Stifterin genannt wird, sei es höchste Zeit, den Kelch als Tassilo-Liutpirc-Kelch zu bezeichnen.

 

Stift Kremsmünster: Neueste Erkenntnisse über den Tassilokelch präsentiert

Abt Ambros Ebhart und P. Altman Pötsch mit dem Tassilokelch. © Stift Kremsmünster

 

Geschichte wird neu geschrieben

 

Gängige Erklärungen sind mit dieser Untersuchung nicht mehr haltbar, wie etwa, dass der Kelch ein Hochzeitskelch für Herzog Tassilo gewesen oder in Irland bzw. Oberitalien hergestellt worden sei. Bedeutend ist auch die Erkenntnis, dass der Kelch nie in der Weise verändert wurde, dass der Fuß von der Kuppa getrennt worden sei – auch darüber wurde in der Vergangenheit gemutmaßt.

 

Prof. Wamers

Univ.-Prof. Dr. Egon Wamers , der Herausgeber des Buches. © Stift Kremsmünster

 

Prof. Wamers: „So wie sich der Kelch uns heute präsentiert, stellt er den Originalzustand dar, also nicht drehbar, Originalposition von Kuppa zu Nodus/Fuß. Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen und Analysen werden das neue, sichere Fundament für alle zukünftigen, auch kunsthistorischen Forschungen sein.“

 

Fest stehe, dass es sich von Anfang an um einen liturgischen Messkelch handelte. Prof. Wamers zeigte sich überzeugt, dass der Kelch ein Werk der Hofschule Tassilos unter dem Einfluss von Bischof Virgil und seinem gelehrten Umkreis in Salzburg war. „Diese Hofkunst wurde offenkundig im Zuge von Tassilos Sturz 788 durch Karl dem Großen vernichtet und vergessen, so dass es heute nur noch versprengte Reste gibt.“ Es sei davon auszugehen, dass dieser Kelch im Stift Kremsmünster der Rest eines größeren liturgischen Schatzes ist und die weiter dazugehörende Gegenstände, wie eine Patene, verloren sind.

 

Offen für verschiedene Deutungsmöglichkeiten

 

Die Untersuchungen wurden angestoßen von Pater Altman Pötsch OSB, der sich in seinen Forschungen an Prof. Wamers als den herausragenden Experten des Kelches gewandt hatte. Es entstanden fruchtbare Kontakte zwischen dem Stift Kremsmünster und deutschen Forschungsstätten. In seinem Referat ging P. Altman, Kustos der Kunstsammlungen und Rektor der Stiftskirche, auf das theologische Programm näher ein und unterstütze die These durch seine Interpretation der Anordnung der Buchstaben, dass der Kelch auf Bischof Virgil von Salzburg verweise. P. Altman machte auch deutlich, wie sich der Umgang mit dem Tassilo-Liutpirc-Kelch im Stift Kremsmünster gewandelt habe. „Noch im Jahre 1877 wurde der Kelch zur 1100-Jahr-Feier unserer Gründung als Weinbecher herumgereicht. Seit 1964 verwenden wir ihn ausschließlich liturgisch in der Eucharistiefeier am Gründonnerstag, am Stiftertag am 11. Dezember sowie bei einem Papstbesuch in Österreich.“ So wurde der Kelch 1983 im Donaupark von Papst Johannes Paul II. und 2007 in Mariazell von Papst Benedikt XVI. verwendet. Er findet zudem Verwendung als Wahlurne bei einer Abtwahl.

 

P. Altman Pötsch

P. Altman Pötsch OSB. © Stift Kremsmünster

 

Der Leiter des Regensburger Verlags Schnell & Steiner, Dr. Albrecht Weiland, nannte in seiner Rede den vorgestellten Band eine herausragende Publikation. Diese sei „eine archäologisch-kunsthistorische Abhandlung und zugleich ein wesentlicher Beitrag zur frühen Kulturgeschichte Europas. Dieses Werk ist außerdem ein wichtiger Beitrag zur Schmiede- und Schatzkunst des frühen Mittelalters, das für zukünftige Forschungen Maßstäbe setzt.“ Schmunzelnd schilderte der Verlagsleiter das ursprüngliche Ansinnen, eine übliche Publikation von ca. 256 Seiten herauszubringen. Doch die 24 fundierten Einzelbeiträge der 19 Autorinnen und Autoren sowie das Bildmaterial hätten diesen Rahmen bei weitem gesprengt. Dr. Weiland fügte hinzu: „Es grenzt fast schon an ein Wunder, dass dieser großartige Kelch erhalten geblieben ist. Dies ist ein Ausdruck der hohen Wertschätzung und Verehrung, die das Stifterpaar hier im Stift Kremsmünster über so viele Jahrhunderte hinweg erfahren darf.“

 

Zugegen waren bei der Präsentation Wissenschaftler, die am Sammelband mitgewirkt hatten, aber auch der emeritierte Direktor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz, Univ.-Prof. Dr. Falko Daim, und der Historiker Herwig Wolfram, der Doyen der bairisch-österreichischen Frühgeschichtsforschung. Neben namhaften Persönlichkeiten aus Politik und Kirche waren Mönche, Mitarbeiter und Freunde des Stiftes Kremsmünster sowie zahlreiche Interessierte in den Kaisersaal gekommen. Viele von ihnen haben sogleich das druckfrische Buch erstanden.

 

Das Buch

 

Egon Wamers (Hg.)

Der Tassilo-Liutpirc-Kelch im Stift Kremsmünster
Geschichte – Archäologie – Kunst

mit Beiträgen von:

Matthias Becher, Anja Cramer, Rüdiger Fuchs, Reinhard Gratz, Susanne Greiff, Martina Hartmann, Sonngard Hartmann, Wilfried Hartmann, Guido Heinz, Elisabeth Krebs, Stephan Patscher, Alexandra Pesch, P. Altman Pötsch, Renate Prochno-Schinkel, Katrin Roth-Rubi, Michael Ryan, Anton Scharer, Florian Ströbele, Egon Wamers, Herwig Wolfram

 

Schriften des Archäologischen Museums Frankfurt, 32

Schnell & Steiner Verlag, Regensburg 2019

Hardcover, H 28.00 cm / B 21.00 cm / 2485.00 g

496 Seiten, ISBN 978-3-7954-3187-7, € 51,40

 

 

Veranstaltungen zum Tassilo-Liutpirc-Kelch

 

Das Stift Kremsmünster bietet Spezialführungen an, die bis Ende Dezember 2019 immer am Samstag und Sonntag, jeweils um 14.00 Uhr stattfinden (im Rahmen einer Führung durch die Kunstsammlungen mit Schwerpunkt der neuen Erkenntnisse über den Tassilo-Liutpirc-Kelch). Treffpunkt und Beginn ist im Klosterladen. Information: 07583/5275-150, tourismus@stift-kremsmuenster.at

 

Mehrwert Glaube am Freitag, den 4. Oktober 2019, 20:00 im Wintersaal: Der Kustos der Kunstsammlungen, P. Altman Pötsch, hält einen Vortrag über das religiöse Programm des Tassilokelchs.

 

Bei „Kunst im Advent“ im Ars Electronica Center Linz ist am Donnerstag, 12. Dezember 2019, 19.00 Uhr im Deep Space der Tassilo-Liutpirc-Kelch zu sehen. Titel der Veranstaltung: „Der Tassilokelch in neuem Licht“

 

Hintergrundinfos zum Tassilo-Liutpirc-Kelch, zur Forschung und zum Buch

 

Quelle: Stift Kremsmünster

 

Zukunftsweg
Seelsorgeteam Einführung

Seelsorgeteam Einführung im Dekanat Pettenbach

"Ja wir machen das! Wir gehen diesen Weg gemeinsam"

Zu Pfingsten wird durch alle Pfarren gepilgert.

Dekanat Schörfling unterwegs auf dem Zukunftsweg

Wichtige Etappen in der Vorbereitung zur Pfarrgründung sind im Gange.
Katholische Kirche in Oberösterreich
Diözese Linz

Fachbereich Kommunikation
Herrenstraße 19
Postfach 251
4021 Linz
TEL: 0732 / 7610 - 1170
FAX: 0732 / 7610 - 1175

www.dioezese-linz.at
post@dioezese-linz.at
https://www.dioezese-linz.at/
Darstellung: