Donnerstag 25. April 2024

weltkirche.tagung 2019: Amazonien – spirituell Wandel gestalten

Die weltkirche.tagung 2019 befasste sich mit der Amazonien-Synode

Von 19. bis 20. Juli 2019 fand im Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels die weltkirche.tagung 2019 statt, die sich mit der Amazonien-Synode befasste.

Die heurige, von der KOO gemeinsam mit den Ordensgemeinschaften und anderen kirchlichen Organisationen ausgerichtete Weltkirche-Tagung im Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels stand unter dem Titel "Amazonien: Spirituell Wandel gestalten". Bei der Tagung referierte die brasilianische Ordensfrau Sr. Aline Silva dos Santos über "Neue Wege für Ortskirchen. Evangelisierung im Geist von Laudato Si'". Die in Peru tätige deutsche Ordensfrau Birgit Weiler sprach über "Neue Wege für eine Spiritualität ganzheitlicher Ökologie Die Weisheit indigener Völker". Der emeritierte Innsbrucker Pastoraltheologe Franz Weber, der auch in Brasilien tätig war, setzte sich mit "Neuen pastoralen Ämtern und Diensten für Männer und Frauen" auseinander.


 

Sr. Aline Silva dos Santos: Amazonien-Synode soll "ökologische Bekehrung" bringen

 

Eine "ökologische Bekehrung" und Impulse für eine Stärkung der indigenen Bevölkerung Lateinamerikas erhofft sich die brasilianische Ordensfrau Sr. Aline Silva dos Santos von der kommenden Amazonien-Synode im Herbst 2019 im Vatikan. Die Kirche müsse eine "ökologische Spiritualität" vorleben und sich zugleich klar auf die Seite der von Vertreibung und Verelendung bedrohten indigenen Bevölkerung Südamerikas stellen, mahnte Silva dos Santos bei ihrem Vortrag am Freitag im Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels.

Die Ordensfrau, die in der bolivianischen Prälatur San Ignacio de Velasco einen Vorbereitungsprozess auf die Synode begleitet hat, berichtete dabei weiters von grassierender Armut, wirtschaftlicher und ökologischer Ausbeutung und einer zunehmend prekären Existenz der Bevölkerung. Mit dem Verlust des natürlichen Lebensraumes, der in Bolivien oft von Bergbaufirmen mitverursacht werde, gehe auch ein kultureller Verlust, die Zerstörung sozialer und familiärer Strukturen und ein hoher Gewaltpegel einher.

Angesichts dieser Entwicklungen würden sich die Menschen in der Region ein starkes Bekenntnis der Kirche wünschen, auf ihrer Seite zu stehen, so die Ordensfrau. Auch würden die Menschen von der Kirche erwarten, dass sie helfe, wirtschaftliche Alternativen zu entwickeln und für eine "ganzheitliche Ökologie" einzustehen. Dieses Anliegen der Synode sei weitaus nicht auf Lateinamerika beschränkt, verdeutlichte Sr. Aline Dos Santos im Gespräch mit "Kathpress": Nicht nur, weil in der Kirche das Leiden des einen immer alle betreffe, sondern auch da der Amazonas die "Lunge des Planeten Erde" sei, dessen Vernichtung das Weltklima bedrohe und globale Konzerne wie auch westliche Konsummuster dahinterstünden.

Weiters erhofft sich die Ordensfrau von der Synode klare pastorale Weichenstellungen, wenngleich diese Wünsche "nicht vorderste Priorität" hätten: Sehr wohl gebe es einen Priestermangel, der dazu führe, dass viele Gemeinden nurmehr sporadisch Eucharistie feiern könnten. "In entlegenen Dörfern ist dies nur einmal jährlich möglich, etwa bei den Patronatsfesten." Hier brauche es gerade für die abgelegeneren Gebiete neue Möglichkeiten, um eine Sakramentenspendung sicherzustellen, etwa die Entwicklung eines "indigenen Priestertums" oder die Befähigung Verheirateter zur eucharistischen Wandlung. Auch würden sich die Menschen eine stärkere liturgische Beachtung kultureller Prägungen und Traditionen vor Ort wünschen.

Insgesamt zeigte sich Silva dos Santos zuversichtlich, dass diese Aufgaben einer Kehrtwende zu einer "ökologischen Spiritualität" gelingen könne: "Es ist schwierig, aber wir schaffen das", so ihr abschließender Appell.

 

P. Franz Weber: Amazonassynode kann Türspalt für neue Weiheämter öffnen

 

Die im Oktober anstehende Amazonien-Synode ist schon im Vorfeld ein "Signal für die Zukunft und auch ein Anstoß für die Kirche in Österreich und in Mitteleuropa": Das hat der Theologe Franz Weber bei der "weltkirche.tagung" hervorgehoben. Zwar seien der Synoden-Vorbereitungstext und das "Instrumentum Laboris" mit ihren Vorschlägen weit vorsichtiger als die Reformerwartungen vieler in der Kirche ausgefallen und "alles eher als kühn". Eine Entwicklung hin zu neuen Ämtern und Diensten in der Kirche, ausgehend von der Amazonas-Region, halte er aber durchaus für einen Schritt in die richtige Richtung.

 

"Die Träger der Pastoral – die vielen kleinen Gemeinden in der Amazonasregion sowie viele ihrer Bischöfe und theologischen Begleiter – versuchen die Tür, die über lange Zeit verschlossen war, einen Spalt breit zu öffnen. Viele von ihnen scheinen entschlossen zu sein, ihren Fuß nicht mehr aus diesem Spalt zurückzuziehen", so die Wahrnehmung des emeritierten Innsbrucker Pastoraltheologen. Von Papst Franziskus werde hier Unterstützung erhofft, durch eine "Öffnung des Weges für eine regionalkirchliche Veränderung der Zulassungsbedingungen für Männer und Frauen zu den kirchlichen Weiheämtern". Hier seien aber auch eindeutige Schritte europäischer Bischofskonferenzen erforderlich, weil prekäre pastorale Situationen in Europa keinen Aufschub mehr erlaubten.

 

Theologisch festzuhalten sei, "dass das Sakrament der Ehe und das Sakrament der Weihe sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern tragen und dass diese doppelte Sakramentalität zur Quelle pastoraler Fruchtbarkeit werden kann", sprach sich der Theologe für Lockerungen beim Zölibat aus. Dazu kämen Veränderungen beim Rollenverständnis der Frau: In Amazonien und Lateinamerika würden mindestens zwei Drittel der Gemeinden von Frauen geleitet, weshalb sich das Synodenpapier für die Anerkennung neuer Ämter für Frauen ausspreche, so der Referent. "Frauen von der Weihe auszuschließen, führt nach meiner Wahrnehmung zu einer tiefen Verletzung der Frauen. Ich halte diesen Ausschluss für eine tiefe Wunde am Leib der Kirche."

 

Die aus Webers Sicht ebenfalls nötige Weihe von Frauen zum Diakonat sei getrennt davon zu sehen: Es handle sich dabei weder um eine "schlampige Lösung", noch um eine Übergangslösung, noch um eine "vorübergehende Vertröstung der Frauen", solange ihnen die Priesterweihe verwehrt bleibe. Vielmehr wäre dies ein "eigenständiges Amt", das in der Kirchengeschichte bereits existiert habe und wiedereingeführt werden sollte.

 

Zentrale Bedeutung der Eucharistiefeier

 

Theologisch gut begründbar sah der Theologe solche Reformen vor allem durch die zentrale Bedeutung der Eucharistiefeier, welche "seit urchristlichen Zeiten für jede Gemeinde grundlegend wichtig, wesentlich und konstitutiv" sei. Weber: "Daran wird niemand rütteln können." Dass die Eucharistie vielen kleinen Gemeinden speziell in der Amazonien-Region durch den eklatanten Priestermangel "verweigert" werde, hätten die Synoden-Vorbereitungspapiere nun erstmals klar zur Sprache gebracht. Weber: "Die prekäre Präsenz der Kirche im Amazonas hat nicht nur, aber wesentlich auch, mit der nur selten möglichen Feier der Eucharistie und der übrigen Sakramente und mit der mangelnden Präsenz von geweihten Amtsträgern und -trägerinnen zu tun, die den Gemeinden eine stabile Leitungsstruktur garantieren."

 

Den weit verstreuten Gemeinden dürfe laut dem Pastoraltheologen die sonntägliche Eucharistie nicht deshalb vorenthalten werden, "weil das Kirchengesetz des Zölibats und der Ausschluss der Frauen um jeden Preis aufrecht erhalten werden muss". Anstatt sich mit "Notsituationen" von "Hungerleider-Gemeinden" abzufinden, sollten sich regionale und nationale Bischofskonferenzen drauf verständigen, "dem Papst regionale Lösungen vorzuschlagen". Würden die in der Gemeindeleitung tätigen Frauen und Männer dazu geweiht, könnte die sonntägliche Feier von Tod und Auferstehung Jesu in allen Gemeinden möglich werden, hoffte der Experte.

 

Die weltkirche.tagung 2019 befasste sich mit der Amazonien-Synode

Die weltkirche.tagung 2019 beschäftigte sich mit der Amazonien-Synode. © weltkirche.tagung / Alexandra Salmhofer

 

Sr. Birgit Weiler: Indigene Weisheit entscheidend für "Öko-Spiritualität"

 

Die von Papst Franzikus einberufene vatikanische Amazonien-Synode im Oktober hat als Grundlage die "Spiritualität einer ganzheitlichen Ökologie", die auf indigenes Wissen zurückgreift und bereits die Enzyklika "Laudato si" geprägt hat: Das hat die Theologin und Ordensfrau Birgit Weiler bei der am Samstag endenden "weltkirche.tagung" im oberösterreichischen Puchberg dargelegt. Die aus Diusburg stammende missionsärztliche Schwester, die seit 1995 als Professorin für Fundamentaltheologie an der Universität Antonio Ruiz de Montoya in Lima lehrt, skizzierte Ansätze für neue Formen der Evangelisierung in Lateinamerika.

 

Seit Beginn ihres Wirkens in Peru setzt sich Weiler intensiv für die in der Amazonasregion lebenden Indigenenvölker der Awajun und Wampis ein, u. a. als Koordinatorin eines Forschungsprojekts zur interkulturellen zweisprachigen Schulbildung für deren Angehörige. Die "indigene Spiritualität" könne für das Christentum entscheidende Lernimpulse liefern, so ihre Überzeugung. Bei den ihr vertrauten Völkern habe etwa das gemeinsame Unterwegssein auf den Flüssen große Bedeutung, führte die Ordensfrau beispielhaft aus. Für ein gutes Weiterkommen gehe es darum, gut aufeinander zu achten, damit die einfachen Boote nicht kippen, ebenso wie um das Hochhalten des großen Wissens der Bootsführer über einzelne Flussarme oder Herausforderungen der Strömung. Ähnlich gehe es auch in der Kirchengemeinschaft um das Hinhören und Achten aufeinander.

 

Die ganzheitliche Sicht der Indigenen, ihre "Kosmovision", kann laut der Theologin mit Prinzipien wie "Interaktion, Interdependenz und Interrelationalität" umschrieben werden. Das Beziehungsgefüge sei für sie vorrangig: Gelingendes Zusammenleben mit dem Ziel eines "Guten Lebens für alle". Dabei handle es sich nicht um einen Zustand, sondern um ein "Gemeinschaftsprojekt, für das man arbeiten muss", durch Ausgleich und Kontakt. Das Gemeinwohl beziehe alle Lebewesen mit ein, auch das Territorium, das bei den Indigenen nicht nur als Grundbesitz, sondern auch als "Wohnraum, Heilige Orte, Platz für alle anderen und starker Identifikationsrahmen" gelte. Dies sei ein starker Kontrast zu jenem Ansatz, der alles zur Ressource und Handelsware mache und dabei längst an seine Grenzen gestoßen sei.

 

Mutige Kirche nötig

 

In diesem Licht seien auch die Menschenrechtsverletzungen der peruanischen Regierung gegen die eigenen Völker zu sehen. Die Indigenen gedenken jährlich am 5. Juni der traumatischen Ereignisse von 2009, als der damalige Präsident eine Protestblockade Indigener gewaltvoll räumen ließ – als "reine Machtdemonstration", habe es doch damals schon eine Einigung über den freiwilligen Abzug gegeben, erinnerte Sr. Weiler. Viel zu oft würden friedliche Proteste gegen den Raubbau an Natur und Menschen in der Region – durch Vergiftung der Flüsse, Menschenhandel, Rodung des Regenwalds und Gewaltakte – kriminalisiert. Kirchenangaben zufolge wurden allein in Brasilien 1.119 Indigene zwischen 2002 und 2017 bei der friedlichen Verteidigung ihrer Rechte getötet.

 

Wichtig sei daher die "Präsenz einer mutigen Kirche vor Ort" und konkret für die im Oktober anstehende Synode, dass die neuen Wege der Evangelisierung "für das in dieser Region lebende Volk Gottes und mit ihm" erarbeitet würden, betonte die Lateinamerika-Expertin. Einzubeziehen seien dabei sowohl Bewohner der Gemeinden und des Landesinneren als auch der Städte und der großen Metropolen, Flussanrainer, Zuwanderer und Vertriebene und besonders die indigenen Völker, wie auch schon das Synoden-Vorbereitungsdokument festgehalten habe.

 

Große Hoffnungen

 

Ausführlich schilderte Sr. Weiler, wie es in der Amazonas-Region schon im Vorfeld der Synode einen "synodalen Prozess des Hörens der vielen verschiedenen Stimmen" gegeben habe: Bei 260 diesem Anliegen gewidmeten Veranstaltungen in und außerhalb der Region seien über 87.000 Menschen beteiligt gewesen, die zumeist große Mühen für die sehr beschwerlichen Anreisen auf sich genommen und enormes Engagement gezeigt hätten. Dafür motiviert worden seien sie vor allem durch Aussagen von Papst Franziskus, der am 19. Jänner 2018 bei der Begegnung mit Indigenen im peruanischen Puerto Maldonaldo bekannt hatte: "Es ist gut, dass ihr jetzt selber eure Identität bestimmt und sie uns kommuniziert. Wir müssen Euch zuhören."

 

"weltkirche.tagung": Impulse in Richtung Ämter für Frauen

 

Die Bedeutung der für Oktober geplanten Amazonien-Synode für Österreich hat die Katholische Frauenbewegung im Anschluss an die "weltkirche.tagung" im kirchlichen Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels unterstrichen. Diese gemeinsame Veranstaltung der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz für Entwicklung und Mission, der Ordensgemeinschaften und der MIVA am 19./20. Juli blickte voraus auf die Bischofsversammlung im Amazonasgebiet und habe auch für die Teilnehmerinnen aus den Reihen der Katholischen Frauenbewegung (kfbö) "fruchtbare Impulse" gegeben, so Generalsekretärin Regina Augustin in einer Stellungnahme am 22. Juli 2019.

Besonders hob die kfbö-Vertreterin den pastoralen Notstand hervor: "In Österreich ist die Situation längst nicht so prekär wie im Amazonasgebiet und doch machen viele die Erfahrung, dass die Eucharistiefeier am Sonntag nur mehr möglich ist, wenn man ein Auto besitzt", erklärte Augustin. Dass Frauen Kirchengemeinden leiten, sei "ebenso zu einer Realität geworden", die offizielle Anerkennung dessen stehe jedoch noch aus. Die kfbö rege an, "in der Hoffnung auf den Heiligen Geist" die Diskussion über Leitungsmodelle und Ämter in der Kirche unabhängig vom Geschlecht und offen zu führen. Es gelte sich den "Ängsten und Sorgen, die bisher die Diskussionen behinderten", zu stellen, betonte die kfbö-Generalsekretärin. Die Verantwortung für die Schöpfung, die Mitmenschen und die sakramentale Versorgung der Kirchenmitglieder könne nur gemeinsam getragen werden.

Augustin erinnerte daran, dass auch die drei Fachleute, die im Rahmen der Weltkirche-Tagung Vorträge hielten – Sr. Aline Silva dos Santos, Sr. Birgit Weiler und P. Franz Weber – die Notwendigkeit unterstrichen, neue Leitungsmodelle für Kirchengemeinden zu entwickeln. Der Missionstheologe und Ordensmann P. Franz Weber hatte dabei den Ausschluss der Frauen von den Weiheämtern als "eine tiefe Wunde am Leib Christi" bezeichnet.

 

Kathpress

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