Donnerstag 28. März 2024

Gedenkfeier im Schloss Hartheim mit Bischof Manfred Scheuer

Angehörige und Nachkommen von Opfern der NS-Euthanasie, VertreterInnen aus Politik und Religion sowie diplomatische VertreterInnen aus 19 Ländern gedachten am 1. Oktober 2018 im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim der rund 30.000 Opfer. Bischof Scheuer hielt die Gedenkrede.

Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer betonte in seiner Rede die große Bedeutung des Ortes, nicht nur in Hinblick auf das Gedenken an die Opfer, sondern auch als Ort der Vermittlung und des Lernens: „Die Gedenkfeier in Schloss Hartheim ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass sich das Land Oberösterreich zu seiner Verantwortung, die aus seiner Geschichte wächst, bekennt. Ein Leben in Frieden und Wohlstand kann nur gelingen, wenn man sich der Geschichte in vollem Umfang bewusst ist – auch der dunklen Kapitel.“ Oberösterreich habe in diesem Bereich eine Vorreiterrolle eingenommen, denn kein anderes Bundesland verfüge über eine derart lückenlose zeitgemäße Dokumentation, so der Landeshauptmann weiter und ergänzt: „Wesentlicher Umgang mit unserer Vergangenheit war immer Schloss Hartheim.“

 

Landeshauptmann Thomas Stelzer.

Landeshauptmann Thomas Stelzer. © Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim

 

Zeugnis geben für die über alle 'Defizite' hinausgehende Würde jedes Menschen

 

Die Gedenkrede hielt Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer. Er wies auf die Entstehung von Hass und Vernichtung hin. Ein Denken, das ab- und entwerte, das verachte, den Menschen ihren Wert entziehe, gehe den Taten voraus. „An der Wurzel von Terror und Barbarei stand nicht selten die Anmaßung absoluter Macht über Leben und Tod, stand die Verachtung des Menschen, in der Nazizeit die Verachtung von Behinderten und Zigeunern, die Verachtung von politischen Gegnern, die Verachtung von Traditionen, die im jüdischen Volk lebten und leben, die Verachtung der ‚anderen’. Diese Verachtung hat sich aller Kräfte, auch die der Wissenschaften, der Medizin, der Ökonomie und sogar der Religion bedient.“

 

Bischof Scheuer warnte in seiner Rede vor einem reinen Kosten-Nutzen-Denken in der Gesellschaft: „Von der Medizin her wurde lebenswertes und lebensunwertes Leben definiert und selektiert, es gab eine ökonomische Kosten-Nutzen-Rechnung im Hinblick auf die Ermordung von Behinderten. Verachtung signalisiert: Du bist für mich überflüssig, reiner Abfall und Müll, den es zu verwerten und dann zu entsorgen gilt, eine Null, ein Kostenfaktor, den wir uns nicht mehr leisten wollen.“ Der Mensch dürfe nicht nur als junger, leistungsfähiger und gesunder Mensch einen Wert und eine Würde haben. Bischof Scheuer wörtlich: „Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, dass Menschenwürde auf Gesundheit, Tüchtigkeit, Jugendlichkeit, Souveränität, wirtschaftliche Brauchbarkeit und Effizienz oder auch Sportlichkeit und Schönheit reduziert wird. Aber Würde und Lebensrecht dürfen nicht abgestuft werden.“ 

 

Der christliche Blick auf Behinderung zeige: Im Leben gibt es Behinderung, Krankheit, Sünde, Schwächen und Defizite. Bischof Scheuer: „Im Glauben dürfen wir uns vom Druck entlasten, innerweltlich Heil herstellen zu müssen. Und wir sind als Christen gerufen, Zeugnis zu geben für die über alle 'Defizite' hinausgehende Würde eines jeden Menschen. In jedem Menschen ist ein 'Mehr' gegenüber rein wirtschaftlichen Berechnungen und Kalküls – es sind personale Qualitäten, es ist die Würde der Gotteskindschaft.“ Wichtig sei, gegenüber den Idealen der „wellness“ und „holeness“ einen erweiterten Begriff von „Heil“ und „Heilsein“ zu finden, so Scheuer. Denn: „Es ist nicht unsere Großzügigkeit oder unsere Anerkennung, durch die das Leben in seiner Unantastbarkeit begründet und gestiftet wird. Menschenleben ist kein verfügbares Produkt, sondern es stellt immer auch ein eigenständiges Gegenüber dar und hat unabdingbar den Charakter einer Gabe. Nicht durch uns wird Leben heilig, sondern durch den, der es schenkt, durch Gott.“

 

Rede von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

Bischof Manfred Scheuer hielt die Gedenkrede.

Bischof Manfred Scheuer hielt die Gedenkrede. © Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim

 

Auf dem Friedhof der Opfer wurden Gebete von Vertretern der katholischen und der evangelischen Kirche sowie der Israelitischen Kultusgemeinde gesprochen und Kränze niedergelegt. Für die musikalische Gestaltung der Gedenkfeier sorgte das Bläserquartett der Landesmusikschule Alkoven.

 

 

Zum Ort und seiner Geschichte

 

In Schloss Hartheim in Alkoven (OÖ) war von 1940 bis 1944 eine NS-Euthanasieanstalt untergebracht, in der nahezu 30.000 Menschen ermordet wurden. Sie waren teils Bewohner von Heil- und Pflegeanstalten sowie Betreuungseinrichtungen, teils arbeitsunfähige KZ-Häftlinge aus den Lagern Mauthausen, Gusen, Dachau und Ravensbrück sowie ZwangsarbeiterInnen.

 

1995 wurde der Verein Schloss Hartheim gegründet, dessen Ziel es war, in Schloss Hartheim einen angemessenen Ort der Erinnerung, des Gedenkens und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu schaffen. Im Jahr 2003 wurde aus Mitteln des Landes OÖ und des Bundes mit der Gedenkstätte und der Ausstellung „Wert des Lebens“ der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim errichtet.

 

Gedenken 2018 in Schloss Hartheim
Kranzniederlegung in Hartheim.
Kranzniederlegung in Hartheim.

© Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim

 

Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim

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