Donnerstag 28. März 2024

Kirche weit denken: Zukunftsweg der Katholischen Kirche in Oberösterreich

„Kirche weit denken“: Unter diesem Motto beschreitet die Katholische Kirche in Oberösterreich einen etwa zwei Jahre dauernden „Zukunftsweg“. Die Auftaktveranstaltung mit Bischof Manfred Scheuer fand am 11. November 2017 im Bildungshaus Schloss Puchberg statt.

Über 200 Mitglieder des sogenannten „erweiterten Diözesanforums“ – im Wesentlichen bestehend aus Pastoralrat, Dechantenkonferenz, Priesterrat und weiteren Personen in diözesanen Leitungsfunktionen – hatten sich am 11. November 2017 im Bildungshaus Schloss Puchberg eingefunden. Gemeinsam mit Bischof Manfred Scheuer setzten sie den Auftakt zum „Zukunftsweg der Katholischen Kirche in Oberösterreich“. Auf diesem Weg, für den ein Zeitraum von rund zwei Jahren vorgesehen ist, sollen Themenbereiche bearbeitet werden, die sich aus tiefgreifenden Veränderungen in Gesellschaft und Kirche ergeben. Der Grundgedanke: Wenn die Katholische Kirche in Oberösterreich ihrem Leitsatz gemäß „nah bei den Menschen und wirksam in der Gesellschaft“ sein möchte, muss sie sich anstehenden Themen ehrlich und mutig stellen und als lebendige Kirche neue Wege wagen. Es braucht eine thematische und auch strukturelle Weiterentwicklung, die dem Grundauftrag von Kirche und der Lebensrealität der Menschen von heute Rechnung trägt. Und es braucht Antworten auf jene Fragen, die auf dem Tisch liegen. Daher auch das Motto „Kirche weit denken“, unter das der Zukunftsweg gestellt wurde.


Für die nötigen Vorarbeiten bzw. Koordinierungsarbeiten wurde im September 2017 eine Steuerungsgruppe gebildet. Zu dieser Steuerungsgruppe gehören Bischof Dr. Manfred Scheuer, Generalvikar DDr. Severin Lederhilger, die Direktorin von Pastorale Berufe Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger, PMM, Pastoralamts-Direktorin Mag.a Gabriele Eder-Cakl, Generaldechant Dr. Slawomir Dadas, Finanzdirektor Mag. Reinhold Prinz, der Leiter der diözesanen Kommunikation Michael Kraml und Mag. Andreas Kaltseis. Die Projektleitung und Gesamtkoordination liegt bei Pastoralamts-Direktorin Mag.a Gabriele Eder-Cakl. Projektassistentin ist Mag.a Katharina Brandstetter.


Die strukturelle Prozessbegleitung übernimmt Mag.a Reingard Lange, MAS; sie war über 20 Jahre im Kardinal König Haus in Wien tätig und ist nun Unternehmensberaterin, Prozessbegleiterin, Mediatorin und Erwachsenenbildnerin. Die theologische Prozessbegleitung erfolgt durch Dr. Ansgar Kreutzer, Professor für Fundamentaltheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz.

 

Die Steuerungsgruppe und die ProzessbegleiterInnen.

Die Mitglieder der Steuerungsgruppe von „Kirche weit denken“ und die ProzessbegleiterInnen: V. l.: Mag. Andreas Kaltseis (Steuerungsgruppe), Mag.a Katharina Brandstetter (Projektassistenz), Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger, PMM (Steuerungsgruppe), Mag.a Gabriele Eder-Cakl (Projektleitung und Steuerungsgruppe), Bischof Dr. Manfred Scheuer (Steuerungsgruppe), Generalvikar DDr. Severin Lederhilger (Steuerungsgruppe), Mag. Reinhold Prinz (Steuerungsgruppe), Michael Kraml (Steuerungsgruppe), Dr. Slawomir Dadas (Steuerungsgruppe), Reingard Lange (strukturelle Prozessbegleitung), Univ.-Prof. Dr. Ansgar Kreutzer (theologische Prozessbegleitung). © Diözese Linz / Mayr

 

 

Bei der Auftaktveranstaltung im Bildungshaus Schloss Puchberg wurden Realitäten in Kirche und Gesellschaft ehrlich thematisiert, sieben Themenfelder diskutiert und die Weichen für die nächsten Schritte auf dem „Zukunftsweg“ gestellt.


 

„Ich bin zuversichtlich, dass es ein Weg der Freude sein wird“


Diözesanbischof Manfred Scheuer rief gemäß dem Motto des Zukunftswegs dazu auf, Kirche weit zu denken: „Nicht engstirnig, nicht von Angst besetzt, nicht administrativ fixiert, sondern mit der Frage: Welche Weiten haben wir in unserer Diözese und in unserem Land? Wo überschreiten wir bereits Grenzen, etwa Kulturgrenzen oder Milieugrenzen?“ Er habe das Gefühl, so Scheuer, dass etwa das Engagement bei der Fluchtbewegung des vergangenen Jahres das Wir-Gefühl gestärkt habe: „Wir haben ein stärkeres Gefühl von Zusammengehörigkeit erlebt und haben eine Aufgabe bekommen.“ Kirche weit zu denken müsse mit einer Suche verbunden sein, betonte Scheuer: „Wir müssen uns fragen: Wozu sind wir gut? Was ist unser Auftrag?“ Der Bischof zeigte sich überzeugt, dass die Katholische Kirche in Oberösterreich einen guten Weg gehen werde, weil gute Wurzeln vorhanden seien. Scheuer wörtlich: „Ich bin zuversichtlich, dass der Zukunftsweg ein Weg der Freude sein wird.“

 

Bischof Manfred Scheuer

Bischof Mafred Scheuer freut sich auf den gemeinsamen Weg. © Diözese Linz / Mayr

 

Der Diözesanbischof stellte Pastoralamts-Direktorin Mag.a Gabriele Eder-Cakl als jene diözesane Persönlichkeit vor, die das Projekt „Zukunftsweg“ leiten und die Gesamtkoordination übernehmen wird. Eder-Cakl geht mit großem Respekt an die neue Aufgabe heran: „Das ist kein Klacks!“, so die Pastoralamtsdirektorin. Eder-Cakl gestaltet und verantwortet den Zukunftsweg gemeinsam mit den Mitgliedern der Steuerungsgruppe und den ProzessbegleiterInnen Reingard Lange und Ansgar Kreutzer, die sie am Beginn des Vormittags vorstellte. Die Pastoralamtsdirektorin: „Wir wollen Kirche weit denken. Das bedeutet: aufmachen, hinausdenken, hinüberdenken, schräg denken und manches von einer anderen Seite anschauen.“


 

Die Marke Kirche und ihre Rolle in der Gesellschaft


Am Beginn der Veranstaltung stand ein Impulsreferat von Franz Hirschmugl. Nach jahrzehntelanger Tätigkeit als Journalist und Werber ist er nun Leiter des „Instituts für Markenentwicklung Graz“ und hat bereits kirchliche Institutionen wie die Caritas oder Ordensgemeinschaften bei Markenprozessen begleitet. Er war eingeladen worden, seine Sicht auf „die Marke Kirche“ und ihre Rolle in der Gesellschaft zu präsentieren, und hatte zu diesem Zweck zahlreiche Interviews geführt. Pointiert formulierte Hirschmugl, wie er eine „Marke“ definiert: „Marke ist das Bauchgefühl, das Menschen von einem Produkt oder einer Institution haben. Im Besitz der ‚Marke Kirche‘ ist also nicht etwa Papst Franziskus oder Bischof Manfred Scheuer, sondern vielmehr jene Menschen, die darüber urteilen.“ Klar sei auch, dass eine Marke das sei, „was sie über dich sagen, wenn du nicht im Raum bist“.

 

Mehr als 200 diözesane MitarbeiterInnen bei der Auftaktveranstaltung zum Zukunftsweg.
Franz Hirschmugl bei seinem kurzweiligen Impulsreferat zur "Marke Kirche". © Diözese Linz / Mayr

 

Hirschmugl formuliert aus seiner Sicht als Kern der Positionierung der Kirche die Frage: „Wie kommt mehr Liebe in die Welt?“ Zusatz: „‚Markenversprechen‘ und gelebte Wirklichkeit dürfen nicht auseinanderklaffen – wenn Kirche die Liebe verkündet, dürfen nicht gleichzeitig Menschen ausgegrenzt werden.“

 

Eine weitere Beobachtung des Markenexperten: Glaube und Spiritualität sind stark individualisiert und werden je nach persönlichen Bedürfnissen nach dem „Baukasten-Prinzip“ zusammengestellt. Hirschmugl sieht vier Fragen für die Zukunft als wesentlich an: Was ist Aufgabe der Kirche? Wie und über welche Angebote/Kanäle erreicht sie die Menschen jenseits der „Stammkundschaft“? Wie werden die kirchlichen Angebote attraktiver und gewinnen an Strahlkraft? Und: Wie kann man kirchliche Angebote so gebündelt kommunizieren, dass sie sich nicht verlieren wie viele kleine Feuerzeuge, sondern leuchten wie Scheinwerfer?

 

Markenexperte Franz Hirschmugl

Markenexperte Franz Hirschmugl. © Diözese Linz / Mayr

 

„Realität und Vision brauchen einander“


Im Anschluss zeichnete Univ.-Prof. Dr. Ansgar Kreutzer, Professor für Fundamentaltheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz, in seinem Vortrag theologische Perspektiven der Kirche, sogenannte „Innenbilder“ – also den Blick der Kirche auf sich selbst in Ergänzung zur Außenwahrnehmung, wie Franz Hirschmugl sie zuvor geschildert hatte. Kreutzer plädierte dafür, die theologische Ebene mit alltagspraktischen Dingen zu verbinden. Wie Franz Hirschmugl ortet auch Kreutzer eine zunehmende Individualisierung, die er als „Megaprozess unserer Zeit“ bezeichnet: „Die Selbstbestimmtheit und Selbstermächtigung nimmt deutlich zu, auch im Bereich der Religion. Der einzelne Mensch fühlt sich als letzte Instanz, über seinen Glauben zu richten, und lässt sich das nicht mehr von einer Institution vorschreiben.“ Diesem Megaprozess müsse sich die Kirche aussetzen, stellte Kreutzer klar.

 

Ausgehend von einem Zitat aus der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 – 1965), entfaltete der Fundamentaltheologe eine theologische Sichtweise, wonach die Herausforderung daraus bestehe, das Göttliche und das Irdische an Kirche zusammenzudenken und nicht auseinanderzudividieren: „Kirche ist eine Institution, aber auch der geheimnisvolle Leib Christi. Kirche ist eine Struktur, ein Unternehmen, aber auch eine spirituelle Größe, zu betrachten aus soziologischer UND theologischer Sicht, sie ist Kirche IN der individualisierten Gesellschaft.“

 

Ausgehend von Cervantes‘ Romanfigur „Don Quichote“, der „Ritter von der traurigen Gestalt“, der als romantischer Idealist in seinem Kampf gegen Windmühlen aus der Welt gefallen wirkt, und dessen Begleiter Sancho Panza, der als skeptischer Realist auftritt, plädiert Kreutzer für ein „Dulcinea-Kirchenbild“. Dieser Begriff wurde vom tschechischen Soziologen, Religionsphilosophen und Theologen Tomáš Halík geprägt. Dulcinea wird von Don Quichote als vornehme Dame wahrgenommen, von Sancho Panza als derbe Magd – und doch handelt es sich um ein und dieselbe Person. Das Dulcinea-Kirchenbild von Halík meint analog dazu, dass es nur eine Kirche gibt, die aus verschiedenen Perspektiven betrachtet wird. Es gilt also, sowohl das zu sehen, was Kirche sichtbar ist, als auch die Vision, also den Anspruch, was Kirche sein könnte: „ein Symbol und gleichzeitig Werkzeug der Einheit aller Menschen und Völker in Christus, das aber innerhalb der Geschichte nicht vollendet werden kann“, wie Halík es formuliert. Ansgar Kreutzer äußerte für den Zukunftsweg den Wunsch, „dass für die pragmatische, skeptische Perspektive und für die visionäre, träumende Perspektive Platz ist, dass beide aufeinander hören und sich nicht ausschließen – denn in Wahrheit brauchen sie einander.“

 

Weiters verwies Kreutzer auf die politische Dimension von Kirche. „Der Glaube ist nur dann in der Gesellschaft präsent, wenn er eine starke institutionelle Verankerung hat, wie das etwa bei der Caritas oder bei den Pfarren der Fall ist“, ist Kreutzer überzeugt. Kirche müsse sich auf diese politische Dimension einlassen und sich politisch verstehen – „auf gar keinen Fall staatspolitisch und auch nicht parteipolitisch, aber als zivilgesellschaftliche Institution mit politischen Optionen“. Die Herausforderung aus der Sicht des Fundamentaltheologen: „Die Kirche muss kampagnenfähig werden und darf sich als ‚Bürgerinitiative des Heiligen Geistes‘ verstehen.“

 

Univ.-Prof. Dr. Ansgar Kreutzer

Fundamentaltheologe Univ.-Prof. Dr. Ansgar Kreutzer. © Diözese Linz / Mayr

 

„Kirche nicht isoliert denken, sondern im gesellschaftlichen Raum“


Nach den beiden Impulsreferaten diskutierten die über 200 diözesanen MitarbeiterInnen darüber, wie die Realität von Kirche derzeit aussieht und welche Neuerungen sich ankündigen.

 

In einem Podiumsgespräch mit vier Mitgliedern der Steuerungsgruppe – Generalvikar DDr. Severin Lederhilger, Generaldechant Dr. Slawomir Dadas, Finanzdirektor Mag. Reinhold Prinz und der Direktorin von Pastorale Berufe Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger, PMM – wurden diese Diskussionspunkte weiter vertieft. Generalvikar DDr. Severin Lederhilger betonte, er hege seit langem den Wunsch nach einem Austausch in Breite und Vielfalt. Er plädierte dafür, Kirchen- und Dorfentwicklung zusammen zu sehen: Kirche nicht isoliert und „nach innen“ zu denken, sondern in einem bestimmten gesellschaftlichen Raum, der sich auch verbreitert habe. Und, so Lederhilger: „Kirche ist mehr als die haupt- und ehrenamtlich Tätigen – Kirche sind viele, die das Christsein und das Evangelium in die Gesellschaft hinein leben und gestalten.“ Generaldechant Dr. Slawomir Dadas warnte davor, zu meinen, man müsse nur drei Punkte im Kirchenrecht verändern, damit dann alles so sein könne wie vor zwanzig Jahren. „Zukunft heißt etwas anderes: Es bedeutet zu akzeptieren, dass es eine Vergangenheit, eine Geschichte gibt, aber dass die Gegenwart eine andere ist. Und es bedeutet, darauf zu vertrauen, dass ich im Neuen – wie immer es aussieht – einen guten Platz haben werde.“ Wichtig sei auch, so Dadas, verstärkt die Zusammenarbeit mit anderen Gruppen in ähnlichen Anliegen zu suchen. Finanzdirektor Mag. Reinhold Prinz unterstrich, es sei an der Zeit, mutig durchzustarten: „Wir müssen uns den Herausforderungen, auch den finanziellen, ehrlich stellen. Das erfordert ein transparentes, kluges und kostenbewusstes Handeln.“ Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger, PMM, die Direktorin von Pastorale Berufe, betonte, es habe sich in den Gruppengesprächen gezeigt, dass sich im Austausch Neues entwickeln lasse. Sie orte eine positive Grundstimmung; Herausforderungen würden ehrlich angesprochen, häufig gebe es aber schon einen Lösungsansatz. Gruber-Aichberger: „Wir als Kirche haben viele Potenziale anzubieten, die die Gesellschaft braucht. Als Tugenden für eine gute Zukunft sehe ich Dankbarkeit, Vertrauen, Mut, eine Grundvision, derer man sich immer wieder vergewissert, und die Kompetenz, Differenzen auszuhalten bzw. mit Unterschieden umzugehen.“

 

Podiumsgespräch: V. l.: Slawomir Dadas, Reingard Lange und Severin Lederhilger
Podiumsgespräch: V. l.: Stefanie Hinterleitner, Reinhold Prinz, Brigitte Gruber-Aichberger.
DDr. Severin Lederhilger
Dr. Slawomir Dadas
Mag. Reinhold Prinz, Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger, PMM
Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger, PMM

© Diözese Linz / Mayr

 

Sieben Themenfelder, die nach Antworten verlangen


Am Nachmittag wurden mithilfe von Kurzfilmen jene sieben Themenfelder vorgestellt, die von der Ordinariatskonferenz, dem obersten Entscheidungs- und Beratungsgremium der Diözese Linz, zur Bearbeitung vorgeschlagen worden waren. Hinter jedem Themenfeld steht ein Themenpate bzw. eine Themenpatin, der bzw. die eine Arbeitsgruppe zusammenstellt und den Kontakt zur Ordinariatskonferenz hält. Die ThemenpatInnen formulierten Realitäten und Visionen zum jeweiligen Themenbereich.

 

Mike Kraml eröffnete die Interviewrunde mit den ThemenpatInnen.
Themenpatin Gabriele Eder-Cakl mit Anschauungsmaterial.
Stefanie Hinterleitner interviewt Themenpate Franz Kehrer.
Themenpate Wilhelm Vieböck
Michael Kraml interviewt Themenpate Manfred Scheuer.
Stefanie Hinterleitner im Interview mit Themenpate Franz Asanger.
Michael Kraml interviewt Themenpatin Brigitte Gruber-Aichberger.
Themenpate Slawomir Dadas im Interview.

© Diözese Linz / Mayr

 

 

Option für die Jugend

Themenpatin ist Mag.a Gabriele Eder-Cakl, Direktorin des Pastoralamts der Diözese Linz und Mutter von drei Töchtern im Jugendalter.

 

Mag.a Gabriele Eder-Cakl

© Violetta Wakolbinger


Eder-Cakl ortet die Notwendigkeit einer Änderung in der kirchlichen Grundhaltung gegenüber Jugendlichen: „Ich höre in den Pfarren immer wieder: ‚Wir sind offen für die Jugend.‘ So wie Jugendliche sind und leben, wollen wir sie dann aber doch nicht. Das muss sich ändern.“ Eine weitere Frage: „Wie ist Jugend in der Pfarre sichtbar? Häufig ist zu hören, dass es nach der Firmung ‚ein Loch‘ gibt und die Jugendlichen nicht in der Pfarre, sprich: nicht im Sonntagsgottesdienst sind.“ Eder-Cakl plädiert dafür, über den Sonntagsgottesdienst hinauszudenken: „Jugendliche sind sehr wohl in der Pfarre präsent: Sie treffen sich im Jugendzentrum, helfen beim Flohmarkt etc. Es gilt auch darauf zu schauen, wo Jugendliche sind in den Orten, in denen sie leben, wo sie ihre Freizeit verbringen.“ Themen, die ebenfalls intensiv diskutiert werden sollen: die Firmung sowie die Verbindung von Jugendpastoral und Schulpastoral.

 

Option für die Armen

Themenpate ist Franz Kehrer, MAS, Direktor der Caritas Oberösterreich.

 

Franz Kehrer, MAS

© Caritas OÖ


Wenn von Armut die Rede ist, ist keineswegs ausschließlich materielle Armut gemeint, stellt Kehrer klar: „Armut meint die ganze Bandbreite menschlichen Lebens: von materieller Armut über Tod und Trauer, Suchterkrankungen, Scheitern in Beziehungen bis hin zu Überforderung am Arbeitsplatz oder Einsamkeit im Alter. Gemeint ist alles, was Menschen im Laufe ihres Lebens in Bedrängnis bringt.“ Die Frage, die sich für den Caritas-Direktor stellt: „In welcher Weise können Pfarren hier hinhören, hinschauen und eine Kultur entwickeln, damit Menschen mit solchen Fragen und Anliegen kommen können? Wie können wir hier entsprechend sensibel sein? Umgekehrt: Welche Möglichkeiten gibt es, hinauszugehen, Menschen bewusst anzusprechen, von denen man weiß, dass sie in einer schwierigen Situation sind? Warten die Menschen darauf, angesprochen zu werden?“

 

Eine Frage, die ebenfalls diskutiert wurde und bearbeitet werden soll: In welcher Weise muss Kirche Stellung beziehen zu sozialen Fragen und gesellschaftlichen Schieflagen? Wo muss etwa der Bischof Stellung beziehen? Kehrer: „Wir haben hier einen wichtigen gesellschaftspolitischen Auftrag. Wie kann dieser Auftrag eingefordert werden? Welche Allianzen und Bündnisse braucht es möglicherweise?“

 

Liturgie – Sakramente – Kirchenjahr

Themenpate ist Wilhelm Vieböck, Bischofsvikar für pastorale Anliegen.

 

Wilhelm Vieböck

© Diözese Linz


Im diesem Bereich wird es keine schnellen Lösungen geben, so die Vermutung von Themenpate Vieböck, „weil es um sehr grundlegende Dinge geht und weil Kirchenbild und Kirchenentwicklung – etwa Leitungsmodelle und Befugnisse– starke Auswirkungen auf die Liturgie haben.“ In der Liturgie ortet Vieböck eine große Vielfalt, bei der differenziert werden müsse: „Wo müssen wir auf einer Linie sein, wo ist Vielfalt legitim?“

 

Vieböck betont, es brauche „mutige Lösungen, die praktisch realisierbar ist, aber auch theologisch stimmig sind, etwa beim Thema Tauferlaubnis oder allgemein bei Sakramentenvorbereitung bzw.

-spendung. In der Diskussion seien hier sehr unterschiedliche Auffassungen zutage getreten, aber auch „eine große Bereitschaft und Sehnsucht, diese Themen anzugehen“.

 

Der Themenbereich berührt naturgemäß auch kirchenrechtliche Fragen. Vieböck dazu: „Wir wissen, dass eine Diözese selbst nicht alles umsetzen kann – aber es gibt die Erwartung, dass es zur Willensbildung in unserer Diözese kommt und dass dann manche Dinge hartnäckig in der Bischofskonferenz eingebracht werden.“

 

Glaubensvermittlung neu

Themenpatin ist Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger, PMM, Direktorin von Pastorale Berufe.

 

Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger, PMM

© Diözese Linz


Die Hauptfrage für Gruber-Aichberger: „Was braucht es, damit wir Glaube so vermitteln, dass Menschen draufkommen: ‚Christlicher Glaube kann eine Bedeutung für mein Leben haben.‘?“ Wesentlicher Punkt dabei sei die kirchliche Sprache und die Frage, ob etwa GottesdienstbesucherInnen die Gebetstexte und das Geschehen verstehen. „Es braucht eine Sprache, die näher an der Lebensrealität der Menschen ist – die nicht banal ist, aber anknüpfend und erschließend“, ist Gruber-Aichberger überzeugt.

 

Darüber hinaus soll erarbeitet werden, wie Möglichkeiten geschaffen werden können, über Glaube bzw. persönliche Glaubenserfahrungen reden bzw. erzählen zu können. „Vielleicht können hier in Verbindung mit der neuen Form der Visitation in den Dekanaten neue Anstöße gegeben werden“, so Gruber-Aichberger.

 

Ein weiterer Punkt, der diskutiert wurde: Predigten dürfen nicht langweilig sein – eine Forderung, die auch von Papst Franziskus und dem Vatikan ausgeht. Gruber-Aichberger dazu: „Wer hat schon die Chance, wöchentlich vor etwa 100 Personen zu reden und ihnen etwas für die Woche mitzugeben? Diese Chance gilt es neu bewusst zu machen.“ Dafür brauche es bei den Predigenden eine intensive Auseinandersetzung und ein längeres „Mittragen“ der Bibelstelle, über die gesprochen werden soll.

 

Option Bildung

Themenpate ist HR Mag. Franz Asanger, Direktor des Bischöflichen Schulamtes.

 

Mag. Franz Asanger

© GMR


Asangers Grundanliegen für den Beginn des Zukunftsweges: die große und divergente Bandbreite wahrzunehmen, die es in der Diözese Linz im Bildungsbereich gibt. Asanger: „Diese Bandbreite reicht von der Krabbelstube über den Religionsunterricht bis hin zu den tertiären Bildungseinrichtungen bzw. von den regionalen Einrichtungen wie Pfarrbibliotheken bis zu den überregionalen Einrichtungen wie die Private Pädagogische Hochschule.“ Mitzudenken seien hauptamtlich und ehrenamtlich Tätige ebenso wie Größenordnungen in personeller und finanzieller Hinsicht. Asanger: „Ich sehe es als Hauptaufgabe der Arbeitsgruppe, hier zu strukturieren. Auch parallele Situationen müssen nach Ansicht von Asanger analysiert werden. So bieten etwa diözesane Bildungshäuser Ähnliches an wie die Katholische Privat-Universität Linz, allerdings für unterschiedliche Zielgruppen.

 

Ein weiterer wichtiger Themenbereich für Asanger: „Was tun wir im Bereich der Ausbildung, etwa für diözesane Führungskräfte, PastoralassistentInnen, ReligionslehrerInnen oder ElementarpädagogInnen?“ Im Bereich der innerkirchlichen Weiterbildung für MitarbeiterInnen muss auch die theologische Vertiefung einen hohen Stellenwert haben, ist Asanger überzeugt.

 

Gastfreundschaft – Pilgerschaft – Spiritualität

Themenpate ist Bischof Dr. Manfred Scheuer.

 

Bischof Manfred Scheuer

© Diözese Linz / Wakolbinger


Gastfreundschaft soll ein wesentliches Merkmal von Kirche sein, ist Bischof Scheuer überzeugt. „Es braucht beides: die einladende ‚Komm her‘- Kirche und die den Menschen nachgehende ‚Geh hin‘-Kirche“, so der Bischof.

 

Wichtig in diesem Themenfeld ist für Bischof Scheuer die Unterscheidung der Geister: „Was ist lebensfördernd, was zerstört?“ Bei der Auftaktveranstaltung wurden bereits konkrete Schritte im Bereich Spiritualität angedacht.

 

So wurde etwa vorgeschlagen, besondere Räume der Sammlung und der spirituellen Quellensuche zu eröffnen, in denen bewusst auf Organisation und Bürokratie verzichtet wird, um inneres Freiwerden zu ermöglichen.

 

Als wichtigen Bereich sieht Bischof Scheuer die spirituelle und menschliche Begleitung derer, die in der Seelsorge tätig sind: Priester, Diakone, PfarrassistentInnen, PastoralassistentInnen, ReligionslehrerInnen, Ehrenamtliche oder SozialarbeiterInnen in der Caritas. Bischof Scheuer: „Wir müssen fragen: Was ist die Nahrung für das eigene Leben? Nun müsse in der Arbeitsgruppe überlegt werden, wie eine konkrete Umsetzung erfolgen könne: „Welche Personen müssen wir dafür freistellen? Was braucht es an Begleitung, auch an Bildungsmaßnahmen?“, nennt Scheuer konkrete Fragen.

 

Option zeitgemäße Strukturen

Themenpate ist Generaldechant Dr. Slawomir Dadas.

 

Dr. Slawomir Dadas

© Diözese Linz


Ein klarer Wunsch der Menschen: dass es Kirche am Ort gibt und die Gemeinden wirklich greifbar sind. „Kirche will vor Ort erlebt werden“, so Dadas. Zu überlegen ist, welche Form diese „Gemeinschaften von Gläubigen“ haben sollen und wer sie leitet. Dadas ist überzeugt, dass es „Integrationsfiguren vor Ort“ braucht – was die derzeitigen Pfarren angesichts der bestehenden kirchenrechtlichen Situation aber vermehrt nicht mehr leisten können. Dadas: „Es stellt sich schon die Frage, nicht doch gewisse kirchenrechtliche Veränderungen möglich wären, etwa was die Ausweitung der Zulassungsbedingungen betrifft.“ Bei der Bildung neuer Gemeinschaften gehe es darum, Kirche weit zu denken, neue Orte zu finden und Kirche dort strukturell zu verankern, so Dadas.

 

Dadas ist davon überzeugt, dass es ein „Netz von Tankstellen“ geben muss, das die Mobilität der Menschen und die unterschiedlichen Milieus berücksichtigt. „Die Wege zu Kirche müssen kurz sein, möglichst viele Menschen müssen auftanken können“, so Dadas. So müssen auch Wege zu jenen Menschen gesucht werden, die über die Pfarren nicht erreicht werden.

 

 

Die nächsten Schritte auf dem Zukunftsweg


Projektleiterin Gabriele Eder-Cakl formulierte am Ende der Auftaktveranstaltung die nächsten Schritte auf dem Zukunftsweg. Zunächst sei eine transparente Kommunikation über den Start wichtig: in den Medien, aber auch über die diözesane Website und die MitarbeiterInnen-Zeitung „informiert“. „Alles, was an diesem Tag thematisiert wurde, wird nun zusammengetragen, gesammelt, gesichtet und geordnet. Danach werden konkrete Schritte zur Weiterarbeit festgelegt“, so Eder-Cakl. Mitte Dezember kommt die Steuerungsgruppe zur weiteren Planung zusammen; auch die Arbeitsgruppen in den Themenfeldern werden regelmäßige Sitzungen abhalten.

 

Die Projektleiterin wörtlich: „Fakt ist, dass die Fragen auf dem Tisch liegen und dass wir Antworten brauchen. Zu überlegen ist nun, wie wir zu den Antworten kommen. Vielleicht braucht es Arbeitsgruppen in den Regionen, Studientage oder Input durch Gastvortragende.“ Für den Prozess seien etwa zwei Jahre anberaumt; manche Fragen seien sicherlich früher zu beantworten als andere. Wichtig ist für Eder-Cakl, von anderen Diözesen zu lernen, die ähnliche Prozesse durchlaufen haben, etwa Bozen, Vorarlberg oder Trier: „Im Wesentlichen beschäftigen uns alle ähnliche Fragen“, ist Eder-Cakl überzeugt.

 

Projektleiterin Mag.a Gabriele Eder-Cakl

Projektleiterin Gabriele Eder-Cakl erläuterte die nächsten Schritte auf dem Zukunftsweg. © Diözese Linz / Mayr


 

„Ich möchte mit der Diözese diesen Weg gehen“


Am Ende der Auftaktveranstaltung richtete Bischof Manfred Scheuer programmatische Worte an seine MitarbeiterInnen: „Kirche weit denken, das ist das eine. Das andere ist: beten, suchen, hören, fragen und manchmal auch verweigern.“ Ein wichtige Frage sei die Frage nach der pastoralen Methode: „Wie gehen wir einen guten synodalen Weg?“ Seiner Überzeugung nach brauche es drei Schritte, so Scheuer: Zunächst gelte es, wahrzunehmen, was ist – „nicht um es als unveränderbar hinzunehmen, sondern um es als Auftrag zu sehen“, wie Scheuer betonte. Der zweite Schritt sei die Unterscheidung der Geister: „Was fördert das Leben? Was lässt uns im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe wachsen?“

 

Unterscheidung heiße auch Entscheidung, weil man sonst in der Gleichgültigkeit aufgehe, kein Profil und keine Orientierung im Leben habe, betonte Scheuer. Der Bischof wörtlich: „Ich muss mich selbst für diesen Prozess entscheiden, wir müssen uns füreinander entscheiden und Ja zueinander sagen.“ Dies sei nicht selbstverständlich, weil manchmal ein Miteinander gar nicht mehr gewollt sei, so Scheuer. Der Diözesanbischof betonte seine eigene klare Entscheidung für den Zukunftsweg und bat die MitarbeiterInnen um ihr ebenso entschiedenes Mitgehen: „Ich möchte mit der Diözese diesen Weg gehen und bitte auch euch um diese Grundentscheidung und um ein Miteinander.“ Der dritte Schritt sei schließlich die Begleitung von Menschen – „immer mit einem Blick des Wohlwollens“, so der Bischof. In der Begleitung gehe es nicht um Strategien, sondern darum, Raum zu geben, damit Menschen in innerer Freiheit mit Gott in Verbindung kommen könnten und damit Solidarität gestärkt werde, so Scheuer. Der Bischof wörtlich: „Es geht um ein Begleitung im Sinne des Verzichts auf das Machen. Jeder Mensch hat die Freiheit, seinen Weg des Glaubens zu gehen.“

 

Auf dem Zukunftsweg sei es wichtig, „Nägel mit Köpfen zu machen und bestimmte Entscheidungen zu treffen“, so der Bischof abschließend. Er dankte allen TeilnehmerInnen dafür, dass sie sich so gut auf den Auftakt eingelassen hätten. Er habe eine sehr positive Grundstimmung gespürt, betonte Scheuer. Der Diözesanbischof ermutigte seine MitarbeiterInnen „zu einer realistischen Zuversicht und einer Grundhaltung der Hoffnung, dass wir eine Zukunft haben und dass diese Zukunft Gott selber ist“.

 

Impulsgedanken zum Zukunftsweg von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

 

Bischof Manfred Scheuer in angeregter Diskussion bei der Auftaktveranstaltung zum Zukunftsweg der Katholischen Kirche in Oberösterreich.

Bischof Manfred Scheuer in angeregter Diskussion bei der Auftaktveranstaltung zum Zukunftsweg der Katholischen Kirche in Oberösterreich. © Diözese Linz / Mayr

 

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