Ökumene: Schönborn betont gemeinsamen Auftrag der Kirchen
"Was uns verbindet und zusammenbringt ist der eine Name Jesu Christi", sagte Schönborn. Das müsse etwa auch die Leitlinie für das Reformationsjubiläum 2017 sein. Im Mittelpunkt des Jubiläumsjahres dürfe nicht die Spaltung der Kirchen stehen, sondern deren gemeinsamer Auftrag und das gemeinsame ständige Bemühen um Erneuerung.
Ökumenischer Empfang. © epdö / Marco Uschmann
Schönborn zeigte sich in seinen Ausführungen sichtlich bewegt über jene Angehörigen der koptischer IS-Opfer, die er im vergangenen Herbst in Ägypten getroffen hatte. 20 junge ägyptische Kopten und ein Afrikaner aus Ghana waren wegen ihres christlichen Glaubens im Februar 2015 in Libyen von IS-Terroristen bestialisch ermordet worden. Die Tat wurde über ein Internetvideo bekannt. Schönborn besuchte deren Familienangehörige in der oberägyptischen Stadt Samalut und nahm sich Zeit für die Geschichte jeder einzelnen Familie. Im Anschluss segnete er alle.
Schönborn zeigte sich erschüttert über die Bluttat, zugleich aber auch tief bewegt über die Standhaftigkeit der Ermordeten und mit welcher Glaubensstärke die Familienangehörigen ihr Schicksal ertragen. Trotz aller Trauer hätten die Augen der Familienangehörigen "gestrahlt und geleuchtet", berichtete der Kardinal von der Begegnung. Der Vater eines Opfers habe zu ihm beispielsweise gesagt: "Mein Sohn war ein Fels des Glaubens."
Bei den Recherchen über die Märtyrer stellte sich heraus, dass es ursprünglich um 20 koptische Gefangene der IS-Terroristen ging. Der 21. Märtyrer sei ein Bürger aus Ghana gewesen. Von diesem sei wenig bekannt gewesen außer der Tatsache, "dass er sicher kein Kopte war". Angesichts der Bekenntnistreue der Kopten habe er auf die Frage der IS-Terroristen, ob er Jesus als "wahren Gott und wahren Menschen" bekenne, geantwortet, "ihr Gott ist mein Gott", obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass er damit sein Leben verwirkt hatte.
Das Glaubenszeugnis der 20 Kopten und des einen weitgehend unbekannten Märtyrers sei das vielleicht stärkste Symbol dafür, was gelebtes Christentum, Mission und Ökumene bedeuten, so Schönborn: "Ich will dazugehören, auch wenn es mich das Leben kostet."
Reformationsjubiläum stärkt Ökumene
Der lutherische Bischof Michael Bünker griff die Ausführungen Kardinal Schönborns zum Reformationsjubiläum auf und zeigte sich überzeugt, dass die Besinnung auf die Reformation die Ökumene stärken werde. Die Kirchen würden nicht dadurch an Stärke gewinnen, dass sie sich gegeneinander abgrenzen, "sondern durch das Füreinander-da-sein", so Bünker wörtlich. Und er zeigte sich zugleich überzeugt: "Vieles unterscheidet uns, trennt uns aber nicht."
Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker. © epdö / Marco Uschmann
Der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld unterstrich in seinen Ausführungen die soziale Verantwortung der Kirchen in der Gesellschaft. Daneben gelte es, sich für den Frieden in der Welt einzusetzen, so Hennefeld, der seit 1. Jänner 2017 auch Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) ist. Ein besonderes Anliegen sei ihm dabei der Einsatz für ein Ende der Gewalt im Heiligen Land. In diesem Sinn sei auch die Beteiligung des ÖRKÖ am "Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel" (EAPPI) zu sehen. Seit 2010 entsendet der ÖRKÖ Freiwillige, die sich gemeinsam mit Friedensaktivisten aus aller Welt für eine Deeskalation und ein friedliches und gerechtes Zusammenleben vor Ort einsetzen.
Wie Hennefeld weiter sagte, wolle er als ÖRKÖ-Vorsitzender auch das christlich-jüdische Gespräch forcieren. Die Christen müssten sich stets ihrer jüdischen Wurzeln besinnen, nicht nur jedes Jahr einmal am "Tag des Judentums", der am 17. Jänner begangen wird.
Der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld. © epdö / Marco Uschmann
Im Rahmen des Empfangs stellte sich auch der neue methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs vor. Gerade für eine in Österreich kleine Kirche wie jener der Methodisten mit rund 1.500 Mitgliedern sei die ökumenische Zusammenarbeit besonders wichtig; u.a. auch im sozialen Bereich. So beteilige sich die methodistische Kirche etwa am Projekt "Wärmestuben" der Caritas.
"Nach der Synode ist vor der Synode"
Der orthodoxe Theologe Ioan Moga berichtete über die Panorthodoxe Synode im vergangenen Juni auf Kreta und den derzeitigen Stand der Rezeption der Synodenbeschlüsse durch die einzelnen orthodoxen Kirchen. Auf der Synode habe man die rechte Balance zwischen der Bewahrung der Tradition und einem neuen Dialog mit der Moderne gefunden, so Moga. Er hoffe sehr, dass die Synode der Startschuss zu einem konziliaren Prozess innerhalb der Orthodoxie gewesen sei. Derzeit sei freilich noch nicht klar, ob alle Landeskirchen die Beschlüsse der Synode mittragen würden. Aus all diesen Gründen gelte: "Nach der Synode ist vor der Synode."
Ökumenisches Frauenforum
Die katholische Theologin Regina Augustin und die methodistische Pastorin Esther Handschin stellten das "Ökumenische Forum Christlicher Frauen in Österreich" vor. Die beiden waren vor Kurzem zu den neuen Nationalkoordinatorinnen gewählt worden. Das Forum hat zum Ziel, zu Versöhnung und Gerechtigkeit beizutragen, religiöse, kirchliche, politische, wirtschaftliche und soziale Themen und Probleme im Sinne einer ökumenischen Theologie und Spiritualität aus Frauensicht kritisch zu prüfen und innerkirchliche wie öffentliche Meinungsbildung dazu zu fördern. Es tritt für eine frauengerechte Spiritualität ein, für die Beförderung des Dialogs, des Austausches und der Zusammenarbeit von Frauen und Frauenorganisationen verschiedener christlicher Kirchen sowie zwischen kirchlichen und autonomen christlichen wie nicht-christlichen Frauengruppen. In Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Forum Christlicher Frauen in Europa will es beitragen zu Dialog, gegenseitigem Verständnis, zu Wertschätzung und Vielfalt in Europa.
Gedenken an Erzbischof Krikorian
Die VertreterInnen der Kirchen gedachten beim Empfang auch des vor kurzem verstorbenen armenisch-apostolischen Alterzbischofs Mesrob Krikorian. Kardinal Schönborn würdigte ihn als einen "Ökumeniker der ersten Stunde".
Zum Ökumenischen Empfang war die Spitzenvertreter fast aller in Österreich ansässigen Kirchen gekommen; neben den Referierenden u. a. auch der koptische Bischof Anba Gabriel, der orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis), der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej (Cilerdzic) und der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner. Die Politik war durch Außenminister Sebastian Kurz vertreten. Weiter waren vom Kultusamt dessen Leiter Oliver Henhappel und Ministerialrat Karl Schwarz anwesend. Vor dem eigentlichen Empfang im Erzbischöflichen Palais kamen die Kirchenvertreter in der reformierten Stadtkirche im ersten Bezirk zu einer Vesper zusammen.
Kurz: Politik kann von Kirchen lernen
Außenminister Sebastian Kurz nimmt Anleihen bei den Kirchen. Die Politik könne von den Kirchen etwa lernen, Achtung vor der Unterschiedlichkeit des Anderen zu haben, betonte er gegenüber dem ORF am Rande des traditionellen Ökumenischen Empfangs, zu dem Kardinal Christoph Schönborn ins Erzbischöfliche Palais in Wien geladen hatte. "Das ist durchaus etwas, was wir von der Ökumene lernen können", so der Außenminister wörtlich. Die Einheit der Kirchen sei auch ihm ein großes Anliegen, bekräftigte Kurz in dem am 2. Februar 2017 gesendeten Beitrag von "Ö1-Religion aktuell".
Kardinal Christoph Schönborn (r.) mit Außenminister Sebastian Kurz. © epdö / Marco Uschmann
Der reformierte Landessuperintendent und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Thomas Hennefeld, unterstrich gegenüber dem ORF die Notwendigkeit für die Kirchen, gemeinsam in gesellschaftspolitischen Fragen aufzutreten. Das betreffe etwa das Auftreten gegen Hetze und Fanatismus jeglicher Art. Der Einsatz für eine Gesellschaft, "in der jeder Mensch in Würde leben kann und nicht diskriminiert wird", sei eine besonders wichtige Aufgabe der Kirchen, "und damit kann man auch attraktiv und anziehend sein". Dabei gelte es auch, die Zusammenarbeit mit anderen Religionen und zivilgesellschaftlichen Kräften zu suchen, zeigte sich der ÖRKÖ-Vorsitzende überzeugt. Wenn die Kirche gemeinsam an einem Strang ziehen, stärke dies auch deren Glaubwürdigkeit.