Donnerstag 25. April 2024

Linzer Moraltheologe Rosenberger: Fasten dient der "Kursüberprüfung"

In der Fastenzeit übt sich so manche/r im Verzicht - für den Linzer Moraltheologen Prof. Michael Rosenberger ein essenzieller Bestandteil des Fastens, der vor allem zur "Kursüberprüfung" des eigenen Lebens dient.

"Wenn ich erkannt habe, wo meine Schwachpunkte liegen, kann ich durch bestimmte praktische Übungen versuchen, eine neue Richtung einzuschlagen", so Rosenberger im "Kathpress"-Gespräch. Der Verzicht diene in diesem Zusammenhang letztlich dazu, einen besseren Kurs für das eigene Leben zu finden und freier von Zwängen zu werden.

Worauf sich die Entsagung richtet, sei individuell sehr verschieden. Es gelte, sich die Frage zu stellen: "Wo ist meine Alltagspraxis so, dass ich zu sehr an etwas hänge?", riet Rosenberger. Grundsätzlich wüssten Menschen zumeist gut Bescheid über ihre Schwächen. Die Frage nach der Art des Verzichts sei somit eine "Frage der Ehrlichkeit" sich selber gegenüber.

Für Rosenberger stellt sich mit dem Abbau von Zwängen gleichzeitig die Frage nach der Zielrichtung der dadurch neu gewonnenen Freiheit. Der Moraltheologe verdeutlicht das am Beispiel des Fernseh-Verzichts: Wer in der Fastenzeit weniger fernsieht, hat mehr Zeit zum Lesen.



Auch säkulare Anknüpfungspunkte


Mit dem Zugewinn an Freiheit habe die Fastenzeit auch einen guten Anknüpfungspunkt in der säkularen Gesellschaft, die oft von übermäßigem Konsum geprägt sei. "Die Leute spüren, dass Konsum nicht nur etwas Positives darstellt und auch Zwang bedeutet", ist Rosenberger überzeugt. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt sei auch der "sportliche Ehrgeiz". Die Frage "Schaffe ich es, sieben Wochen auf etwas zu verzichten?" stehe oft hinter der Entscheidung zum Fasten. Eine Rolle würden auch die Gesundheit und manchmal auch Geldersparnis spielen.

Oft bekomme das zunächst durch solch "weltliche" Aspekte angeregte Fasten aber schnell einen "spirituellen Mehrwert". Vor allem der Verzicht im Zusammenhang mit Essen und Trinken gehe "unter die Haut". Essensfasten treffe den Mensch noch einmal existenzieller als etwa Auto- oder Fernsehfasten und führe schon auf Grund körperlicher Reaktionen oft zu einer spirituellen Dimension. "Die Sinne werden nach etwa drei Tagen sehr viel wacher, und auch das Bewusstsein wird offener", weiß der Theologe. Das führe schließlich dazu, dass "man sich mit Grundfragen des eigenen Lebens intensiver auseinandersetzt".

Die größte "Weisheit der Fastenzeit" liegt für Rosenberger in der Haltung der Bescheidenheit und Demut. Das spiegle sich nicht nur im Fastenziel, sondern auch im Umgang mit dem Scheitern wider. Dabei gelte: Zu radikale Vorschriften seien meistens mit Scheitern verbunden, während eine zu niedrige Latte oft zu keinerlei Veränderung führe. Wichtig sei außerdem, von "Tag zu Tag" zu fasten. "Es bringt gar nichts, sich ständig die gesamte Osterzeit vor Augen zu führen." Sollte an einem Tag das erwünschte Ziel nicht erreicht werden, gelte es, "barmherzig sich selbst gegenüber" zu sein.

Jesus als Fasten-Vorbild

Fastenerfahrung könne man grundsätzlich auch ohne Glauben zu machen, doch biete der christliche Kontext durchaus einen Mehrwert, so Rosenberger. Für den gläubigen Menschen mische sich in die Konfrontation mit dem Eigenleben unweigerlich die Frage nach der Berufung durch Gott. Das sei die genuine Aufgabe der Fastenzeit als Vorbereitungszeit auf Ostern; nämlich den eigenen Lebensweg neu auszurichten vor dem Hintergrund der Osterbotschaft. Ostern stehe so nicht nur für die Auferstehung Christi, sondern sei auch mit einer Art Auferstehung des gläubigen Menschen verbunden.

Als Vorbild für den Verzicht und das Widersagen von Verlockungen bezeichnete Rosenberger Jesus Christus selbst, der laut Bibel 40 Tage in der Wüste fastete und den Versuchungen des Teufels widerstand. Dies sei nicht nur eine "hervorragende Motivation", sondern gleichzeitig eine Art Anleitung, so der Moraltheologe. Zentrales Moment sei für Jesus in seiner Fastenzeit die Heilige Schrift gewesen, die auch für das christliche Fasten in der Gegenwart eine wichtige Rolle spiele.

 

Der Linzer Moraltheologe Dr. Michael Rosenberger

Der Linzer Moraltheologe Dr. Michael Rosenberger. © Diözese Linz

 

In Fastenzeit Fokus auf Nachhaltigkeit legen

 

In der Wiener Kirchenzeitung plädiert der Linzer Moraltheologe Rosenberger für die Fokussionierung auf einen nachhaltigen Lebensstil. 

 

Ein solcher Lebensstil bestehe in drei Grundhaltungen, erklärt Rosenberger im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag": der Dankbarkeit für das Geschenk der Schöpfung, der Ehrfurcht vor diesem "zerbrechlichen Geschenk" sowie der Demut vor der eigenen Sterblichkeit: "Der Mensch als Erdling weiß, dass er nicht über den Dingen schwebt, sondern Teil der Schöpfung ist. Als solcher muss er bescheiden sein und in Verbundenheit mit der ganzen Schöpfung leben."

Aus diesen Grundhaltungen folge zugleich eine "Schöpfungsspiritualität", die sich zur Maßhaltung verpflichtet weiß; dies jedoch nicht mit der Intention, den Genuss zu reduzieren, so der Theologe, sondern um auch anderen Lebewesen "Raum und Ressourcen" zu geben. Insofern zeichne die christliche Schöpfungsspiritualität ein "weiter Horizont" aus, der Nachhaltigkeit nicht auf ein "gutes Leben" reduziert: "Wir wollen ein gutes Miteinander des Menschen und der nicht-menschlichen Schöpfung anzielen", erklärt Rosenberger.

Nachhaltigkeit baue auf dem Dreieck Ökonomie, Sozialem und Ökologie auf. Die drei Elemente stehen in einer Verbindung, bei der keine Seite vernachlässigt werden dürfe. Nachhaltig lebe eine Gesellschaft demnach, wenn die Entnahme von Ressourcen ihre natürliche Verfügbarkeit nicht übersteigt, die Emissionen und Abfälle die Abbaukapazitäten der Umwelt nicht übertreten und die Produktivität der Natur durch menschliche Eingriffe nicht zu stark herabgesetzt wird. Als Vorbild für einen schöpfungsnahen Lebensstil könne etwa der Heilige Franz von Assisi dienen.

Michael Rosenberger lehrt Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz (KTU). Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe zur Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung beschäftigt er sich u. a. mit Umwelt- und Tierethik.

 

Kathpress (be)

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