Brasilien und Olympia: Die Kehrseite der Medaille
Im Rahmen des Projekts „Begegnung mit Gästen“ hat Welthaus Linz im Juni 2016 Thomas Bauer aus Brasilien nach Oberösterreich eingeladen, um interessierten Menschen hier einen Einblick hinter die Kulissen von Olympia zu ermöglichen - hinter die Mauern der großen Stadien und die Probleme der Bevölkerung, die in der Zeit, in der die Welt auf Rio blickt, ausgeblendet werden müssen.

Thomas Bauer ermöglicht Einblicke in die Lebensrealität in Rio. © Heribert Ableidinger / Welthaus
Der Vorarlberger Thomas Bauer lebt schon seit 20 Jahren im Nordosten von Brasilien. Er ist dort für die CPT Kommission für Landpastoral tätig und begleitet Kleinbauern und -bäuerInnen in ihren Landkonflikten mit Großgrundbesitzern und Agrokonzernen.
Als Koordinator der regionalen Landpastorale und Dokumentarfilmer ist er in vielen Teilen Brasiliens unterwegs und hat so auch die Entwicklungen in Rio de Janeiro in den letzten Monaten mitverfolgt.
Von 5. bis 9. Juni 2016 teilte er bei Vorträgen in Waxenberg und Enns sowie in Schulworkshops in Schlierbach und Linz seine Eindrücke mit Jugendlichen und Erwachsenen.
© Welthaus
Die Realität abseits der Medienbilder, die Bauer schildert, ist erschütternd: Während die Menschen in den Armenvierteln von Rio seit Jahren vergeblich auf die versprochenen Investitionen in Wasserversorgung und ein funktionierendes Abwasser- und Abfallsystem warten, werden Milliarden in den Neubau und wiederholten Umbau der großen Sportstadien gesteckt. Fischer verlieren während der Austragung der Segelwettbewerbe ihre einzige Einkommensquelle, Straßen werden „gesäubert“ – man sperrt Kinder und Jugendliche, die dort leben, in Strafanstalten, um sie vor der Weltöffentlichkeit zu verstecken. Auf Grund des Zeitdrucks und mangelnder Sicherheitsvorkehrungen kam es bereits zu 11 tödlichen Arbeitsunfällen bei den Bauarbeiten für die Sportstätten. Tausende Familien wurden zwangsumgesiedelt. Sie mussten Platz machen für Olympia und leben nun in gefängnisartigen Wohnblöcken unter prekären Bedingungen. Nur wenige haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sie nach den Olympischen Spielen in ein neues Zuhause in ihrer alten Wohnumgebung zurückkehren können.
Überrascht und zum Teil auch schockiert war das Publikum über die Erfahrungsberichte von direkt Betroffenen. Erwachsene und Jugendliche bekräftigten aber auch ihren Vorsatz, sich immer wieder zu fragen, was sich hinter den offiziellen Bildern der großen Medien versteckt.
Viele unterstützten auch die Aktion "Menschenrechte sind olympisch" der Dreikönigsaktion, des Hilfswerks der Katholischen Jungschar. Bei dieser Aktion werden Menschenrechtsverletzungen aufgezeigt, die im Namen der Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro/Brasilien passieren. Damit solche künftig unterbunden werden, fordern die UnterstützerInnen der Aktion verbindliche Menschenrechtsstandards für Vergabe, Vorbereitung und Durchführung von Sportgroßereignissen.
http://www.menschenrechte-sind-olympisch.at/
Bettina Reiter / Welthaus Linz












