Was es heißt, gehörlos zu sein...
Ein Großteil der österreichischen Gesellschaft weiß wahrscheinlich nicht, was es heißt, gehörlos zu sein. Die meisten Hörenden gehen vielleicht davon aus, dass die Probleme von Gehörlosen nicht sehr groß sein können, weil sie sehen, lesen oder schreiben können. Ganz richtig ist das so allerdings nicht.
Wann ist man gehörlos?
Aus medizinischer Perspektive gilt man als gehörlos, wenn eine Hörschädigung von mehr als 90 Dezibel vorliegt. Hier kann auch mit einem Hörgerät Lautsprache nicht mehr verstanden werden und so können Gehörlose die gesprochene Sprache nicht über das Ohr erlernt werden. Insbesondere für Menschen mit vererbter Gehörlosigkeit oder jene, die vor Erwerb der Sprache gehörlos wurden, hat diese Tatsache mitunter weitreichende Folgen.
Eine Vielzahl von gehörlosen, österreichischen Kindern besucht eine Gehörlosenschule, in denen nach wie vor als Unterrichtsprache in erster Linie Lautsprache ("orale Methode") benutzt wird. Ziel ist dabei das Erlernen der gesprochenen Sprache - Gebärdensprache im Unterricht wird nahezu abgelehnt, um die Kinder zu befähigen, sich nach dem Schulbesucht lautsprachlich zu verständigen.
Orale oder bilinguale Methode
Durch diese Methode rückt die Wissensvermittlung etwas in den Hintergrund, sodass nach Abschluss der Pflichtschule viele Kinder nicht über die altersgemäße Schriftsprachkompetenz verfügen. Der geringe Wortschatz, der meist vorliegt, wirkt sich auch auf die Textproduktion und das Textverständnis aus. Manchmal sind die im Laufe der Schulzeit entstandenen Wissenslücken nur schwer zu füllen, wodurch auch in weiterer Folge die Berufschancen gehörloser Menschen gemindert sind: die meisten Gehörlosen in Österreich schließen eine Lehre ab, Gehörlose mit Matura oder Universität sind in Österreich seltener anzutreffen. Anders ist die Situation da beispielsweise in Schweden, wo in erster Linie bilingual unterrichtet wird, d.h. wo die nationale Gebärdensprache zur Vermittlung von Wissen und Inhalten verwendet wird und die nationale Schriftsprache gezielt als Zweitsprache unterrichtet wird.
Quellenangabe:
Zentrum für Gebärdensprache und Hörbehindertenkommunikation: Folder Kurzinformation über Gehörlosigkeit. URL: http://www.uni-klu.ac.at./zgh/downloads/Folder_GL.pdf [Stand: 09/2015]