Donnerstag 25. April 2024

„Sie wollten nicht töten“: Foto-Ausstellung der Friedensbibliothek Berlin im Linzer Mariendom

André Vogel (Friedensbibliothek Berlin), Jägerstätter-Biografin Erna Putz und Bischof Manfred Scheuer vor den Ausstellungstafeln zu Franz Jägerstätter.

Menschen, die sich geweigert haben, mit der Waffe in der Hand im Zweiten Weltkrieg zu kämpfen, ist die Foto-Ausstellung „Entfernung von der Truppe“ der Friedensbibliothek Berlin gewidmet. Sie ist von 27. April bis 9. Juni 2017 im Linzer Mariendom zu sehen.

Am 9. August 1943 wurde Franz Jägerstätter von den Nazis als Kriegsdienstverweigerer hingerichtet, am 26. Oktober 2007, also vor 10 Jahren, wurde Jägerstätter im Linzer Mariendom seliggesprochen. Aus diesem Anlass wurde die Ausstellung der Friedensbibliothek Berlin in den Linzer Mariendom geholt. Die Wanderausstellung „Entfernung von der Truppe“ aus der Friedensbibliothek der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg macht von 27. April bis 9. Juni 2017 im Linzer Mariendom Station. In 250 Bildern werden die Schrecken des Zweiten Weltkriegs und die Gräueltaten des Nazi-Regimes unmittelbar vor Augen geführt. Dazwischen: die Zeugnisse und Bilder von Menschen, die sich „von der Truppe entfernt“ haben – Menschen, die sich aus humanistischen und religiösen Gründen geweigert haben, mit der Waffe in den Krieg zu ziehen und zu töten. Ein Zitat von Heinrich Böll, das in der Ausstellung zu finden ist, bringt es auf den Punkt: „Dass Menschwerdung dann beginnt, wenn einer sich von der jeweiligen Truppe entfernt, diese Erfahrung gebe ich hiermit unumwunden als Ratschlag an spätere Generationen weiter.“


Zur Ausstellungseröffnung am Abend des 26. April 2017 konnte der Vorsitzende des Jägerstätter-Beirats, Bischofsvikar Mag. Maximilian Mittendorfer, zahlreiche Gäste begrüßen, unter ihnen Bischof Dr. Manfred Scheuer, der auch Präsident von Pax Christi Österreich ist, den Vizepräsidenten von Pax Christi Österreich Dr. Meinrad Schneckenleithner, Dompropst Wilhelm Vieböck, Jägerstätter-Biografin Dr.in Erna Putz sowie Jochen Schmidt und André Vogel, beide von der Friedensbibliothek Berlin. Auch etliche Jugendliche aus dem Gebetskreis Marchtrenk waren der Einladung gefolgt.

 

 

Hl. Martin als „Patron der Kriegsdienstverweigerer“


Bischof Scheuer erzählte in seinen einführenden Worten von seinem kürzlichen Besuch in Worms, wo 357 n. Chr. eine militärische Auseinandersetzung zwischen den Germanen und dem Römischen Reich im Raum gestanden sei. Im Vorfeld kam es zu einer entscheidenden Begegnung zwischen einem christlichen Gardeoffizier namens Martin und dem römischen Kaiser. Der Kaiser pflegte den Soldaten vor dem Kampf einzeln die Prämie zu übergeben. Martin erbat beim Kaiser die Entlassung aus dem Militärdienst – er wollte nicht mit der Waffe in der Hand das Blut anderer Menschen vergießen, da er von nun an „Soldat Christi“ sei. Der Kaiser unterstellte ihm, dass er aus Furcht vor der Schlacht den Dienst verweigere. Martin wurde gefangengenommen und im Kerker von Worms inhaftiert und sollte erst viele Jahre später aus dem Militärdienst entlassen werden. Die Schlacht zwischen den Germanen und den Römern fand nicht statt – die Germanen ergaben sich dem Kaiser. Martin folgte Jesus nach – er wird von der Kirche als Heiliger am 11. November gefeiert. Bischof Scheuer bezeichnete Martin als „Patron der Kriegsdienstverweigerer“.

 

Scheuer betonte, Menschen wie der Tiroler Priester und Pallotinerpater Franz Reinisch, der auch Franz Jägerstätter Vorbild gewesen sei, Franz Jägerstätter und der im März 2017 seliggesprochene Südtiroler Josef Mayr-Nusser hätten rasch erkannt, dass man nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Christ sein könne und nicht mit der Waffe in den Krieg ziehen könne. Der Diözesanbischof brachte seine Freude und seinen Dank darüber zum Ausdruck, dass es gelungen sei, die Ausstellung in den Linzer Mariendom zu holen. „Sie ist ein Zeichen des Protestes gegen den Krieg und ein Hoffnungszeichen für den Frieden, so Scheuer.

 

 

Sie wollten nicht töten


Ein Teil der Ausstellung ist 42 Deserteuren gewidmet, die in Bildern und mit stichwortartigem Lebenslauf vorgestellt werden. Religiöser Glaube, Pazifismus oder die unvorstellbare Grausamkeit des Krieges trieb diese Männer zur Flucht, zur Selbstverstümmelung oder auch zu offener Kriegsdienstverweigerung. Unter ihnen: der Landwirt Franz Jägerstätter aus St. Radegund. Franz Jägerstätter traf seine Entscheidungen aus einer inneren Gottverbundenheit heraus und folgte seinem christlichen Gewissen bis zur letzten Konsequenz: Am 9. August 1943 wurde er von den Nazis als Kriegsdienstverweigerer hingerichtet. In einem Brief an seine Frau Franziska schrieb Franz Jägerstätter einmal: „Hätte Gott mir nicht die Gnade und Kraft verliehen, für meinen Glauben auch zu sterben, wenn es verlangt wird, so würde ich halt vielleicht dasselbe tun, wie die Mehrzahl es tut.“

 

Die Seligsprechung von Franz Jägerstätter, die am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom gefeiert wurde, jährt sich heuer zum 10. Mal. Aus diesem Anlass wurde die Ausstellung der Friedensbibliothek Berlin in den Linzer Mariendom geholt. In unmittelbarer Nähe zur Jägerstätter-Stele findet sich ein Ausstellungsbereich, der das Leben und die Glaubensüberzeugung von Franz Jägerstätter in Bild und Text dokumentiert. Seine Briefe und Texte bezeugen sein tiefes Gottvertrauen und seine Überzeugung, dass ein Christ nicht mit der Waffe in der Hand töten kann. So heißt es in einem Text von Franz Jägerstätter in der Ausstellung: „Es kann unmöglich ein Verbrechen oder eine Sünde sein, wenn man als Katholik einfach die jetzige Militärpflicht verweigert, obwohl einer dann den sicheren Tod vor Augen hat. Ist es denn nicht christlicher, sich selbst als Opfer hinzugeben, als dass man zuerst noch andre morden muss, die ja auch ein Lebensrecht auf Erden besitzen und leben wollen, um sich selbst noch auf eine kleine Weile das Leben zu retten?“

 

 

„Der Zweite Weltkrieg ging zu Ende, weil es Menschen gab, die den Kampf verweigerten“


Jochen Schmidt von der Friedensbibliothek Berlin, einer der Initiatoren und Umsetzer der Ausstellung, betonte in seinen einführenden Worten zur Ausstellung, man habe sich bereits zu DDR-Zeiten die Frage gestellt, was aus den Zeugnissen derer geworden sei, die sich nicht am Zweiten Weltkrieg beteiligen wollten. Damals seien Recherchen kaum möglich gewesen. Die einzigen zwei Namen mit je einem Foto, die bei den Nachforschungen aufgetaucht seien, waren Franz Jägerstätter und Hermann Stöhr. Erst nach dem Mauerfall 1989 sei man im Westen und im Osten auf die Suche gegangen und habe 10 Jahre lang Material gesammelt. Schmidt: „Es ist bezeichnend, dass es zu jedem Regiment ein Erinnerungsbuch gibt, aber kein einziges Buch zu den Kriegsdienstverweigerern. Unter dem Nazi-Regime sind etwa 100.000 Urteile wegen Desertion und Wehrdienstverweigerung gefällt worden, rund 22.000 waren Todesurteile. Wir haben zu knapp 40 Deserteuren ein bisschen Material gefunden – das ist symptomatisch für die Kriegs- und Nachkriegszeit.“ Viele Verwandte von Deserteuren hätten aus Angst oder aus Scham jegliches Andenken vernichtet – nicht so Franziska Jägerstätter, die alle Fotos, Briefe und Texte von ihrem „Franzl“ aufgehoben hatte.

 

Die 42 Deserteure in der Ausstellung stünden stellvertretend für all jene, zu denen es kein Material mehr gebe, so Schmidt. „Der Zweite Weltkrieg ist zu Ende gegangen, weil es diese Menschen gibt, die sich geweigert haben zu kämpfen. Diese Ausstellung soll eine Würdigung für sie sein.“

 

 

„Entfernung von der Truppe“

Ausstellung von Jochen Schmidt

(Friedensbibliothek Berlin)

Linzer Mariendom

27. April - 9. Juni 2017
 

www.jaegerstaetter.at


www.friedensbibliothek.de

 

 

Presseunterlagen zum Download

 

Pressemitteilung zum Download (doc / PDF)

 

Pressefotos (honorarfrei, Credit: Diözese Linz / Reischl)

 

Foto 1 zum Download:
V. l.: Bischof Manfred Scheuer, Jägerstätter-Biografin Erna Putz, André Vogel (Friedensbibliothek Berlin) und Bischofsvikar Maximilian Mittendorfer (Vorsitzender Jägerstätter-Beirat) vor dem Ausstellungsbereich zu Franz Jägerstätter.

 

Foto 2 zum Download:
André Vogel (Friedensbibliothek Berlin), Jägerstätter-Biografin Erna Putz und Bischof Manfred Scheuer vor den Ausstellungs-Tafeln zu Franz Jägerstätter.

 

Foto 3 zum Download:
Großes Interesse am Abend der Ausstellungseröffnung im Linzer Mariendom.

 

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