Freitag 29. März 2024

Bischofskonferenz: Synodalität, Zuversicht in Krisen, Ukraine- und Erdbebenhilfe

Der Sprecher der Österreichischen Bischofskonferenz Erzbischof Franz Lackner

Von 13. bis 16. März 2023 fand die Frühjahrs-Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz in Seitenstetten statt. Hier die Erklärungen im Wortlaut.

Kathpress dokumentiert im Folgenden im Wortlaut die Erklärungen der Österreichischen Bischofskonferenz zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung der Bischöfe:

 

 

1. In der Synodalität voranschreiten

 

Mit Papst Franziskus hat Synodalität als Haltung und Grundprinzip in der Kirche eine neue Qualität erhalten. Seit seiner Wahl vor zehn Jahren hat der Papst die mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingeführten Bischofssynoden auf weltkirchlicher Ebene Schritt für Schritt weiterentwickelt. Der von ihm initiierte weltweite Synodale Prozess ist einmalig in der Kirchengeschichte. Er erreicht nach der bereits absolvierten diözesanen, nationalen und der jetzt im Gang befindlichen kontinentalen Phase im Oktober mit der Synode im Vatikan die weltkirchliche Ebene. Die Österreichische Bischofskonferenz wird dabei durch ihren Vorsitzenden, den Salzburger Erzbischof Franz Lackner, vertreten sein. Als Ersatzmitglied wurde Diözesanbischof Josef Marketz gewählt. Überdies wird Kardinal Christoph Schönborn als Mitglied des vatikanischen Synodenrates an der Versammlung teilnehmen.

 

Synodalität lebt von der geistlichen Haltung des Hörens aufeinander und auf das, was Gott uns heute sagen will. Die Kirche in Österreich war zuletzt bei der europäischen Kontinentalversammlung in Prag bemüht, ihre Anliegen und Einsichten in das Panorama anderer kirchlicher Realitäten einzubringen. Dabei ist einmal mehr klar geworden, dass wir aufeinander verwiesen und immer auch ergänzungsbedürftig sind. Gleichzeitig verbinden uns Themen, die in Europa und weltweit die Kirche befassen: die Förderung der Teilhabe aller Gläubigen an der Sendung der Kirche, die Stärkung der Rolle der Frauen, das Bestreben um eine "inklusive" Kirche, Evangelisierung und Mission. Der Wunsch nach Reformen ist trotz widersprüchlicher Vorstellungen groß. Es bleibt als Herausforderung, dass der Synodale Prozess jene konkreten Folgen zeitigt, die für den Dienst der Kirche und ihre Glaubwürdigkeit erforderlich sind.

 

Zuversicht geben die Erfahrungen, die wir Bischöfe bei unserem Ad-limina-Besuch kurz vor Weihnachten machen durften. Die Gespräche in den vatikanischen Dikasterien waren von Offenheit, Wertschätzung und Austausch geprägt. Es ist offensichtlich: In den zehn Jahren seines Wirkens hat Papst Franziskus nicht nur die Römische Kurie reformiert, es ist ihm auch ein Kulturwandel in Richtung Synodalität gelungen. Diesen Weg des Papstes unterstützen die österreichischen Bischöfe aus tiefster Überzeugung.

 

 

2. Zuversicht und Zusammenhalt

 

Die gegenwärtige soziale Situation stand im Zentrum der gemeinsamen Beratungen der österreichischen Bischöfe mit den Leitungsverantwortlichen der Caritas. Einmal mehr hat sich dabei gezeigt, dass die vielfachen Krisen und Nöte, die die Menschen derzeit belasten, bewältigt werden können, wenn Zusammenhalt und Zuversicht dabei leitend sind. Nächstenliebe zu leben und Hoffnung zu stiften, darf sich nicht auf das Wirken von Kirchen, der Caritas, engagierter Christinnen und Christen und so vieler anderer zivilgesellschaftlicher Kräfte beschränken. Alle gesellschaftlichen Akteure stehen in der Verantwortung, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Ganz besonders liegt es an der Politik, den Menschen Sicherheit zu geben und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft mit Worten und Taten nachhaltig zu stärken.

 

Dankbar nehmen wir wahr, dass die Verantwortlichen in Bund und Ländern in den vergangenen Monaten und Jahren wichtige Milliardenhilfen auf den Weg gebracht haben. In Zeiten einer Rekordinflation braucht es zu Recht außerordentliche Anstrengungen, um einen Anstieg der Armut zu verhindern. Wirksame Hilfe sollte deshalb nicht einmalig, sie sollte nachhaltig und vor allem zielgerichtet jenen Menschen zugutekommen, die jetzt in Not sind. Wenn immer mehr zu den Lebensmittelausgabestellen der Caritas kommen und die Zahl der Menschen, die ihre Mieten und Energierechnungen aus eigener Kraft nicht mehr bezahlen können, in den Sozialberatungsstellen trotz der bereits gesetzten Maßnahmen weiter stark zunimmt, ist klar: Der Sozialstaat muss auch diese Menschen auffangen und absichern. Und die Not der einen darf nicht gegen die Not der anderen ausgespielt werden.

 

Wir benötigen Mut und Zuversicht, Hoffnung und Gottvertrauen, um anstehende Aufgaben in guter Weise bewältigen zu können. Das gilt ganz besonders im Blick auf die sich abzeichnende Klimakrise, die vielen das Vertrauen in die Zukunft nimmt. Hier wollen wir uns als Kirche und Bischöfe klar an die Seite junger Menschen stellen, wenn es darum geht, uns gemeinsam für den Erhalt der Schöpfung einzusetzen. Dafür braucht es konsequentes Handeln und mitunter auch unpopuläre Entscheidungen. Es wird nicht gehen ohne eine Kultur des Teilens, der Bescheidenheit und der Solidarität mit Menschen an den Rändern der Gesellschaft und des Lebens.

 

Zuversicht und Hoffnung werden konkret erfahrbar und gestärkt durch Zuwendung, Hilfe und Engagement anderen gegenüber. Viele soziale und karitative Organisationen können ihre Leistung nur durch die Unterstützung der vielen Freiwilligen erbringen. Dafür gebührt ein aufrichtiger Dank an die 2,3 Millionen Menschen in Österreich, die sich ehrenamtlich betätigen und einen unverzichtbaren Beitrag leisten. Umso wichtiger sind nun eine umfassende Stärkung des österreichischen Freiwilligenwesens und die Überarbeitung sowie Weiterentwicklung des Freiwilligengesetzes, wie es im Regierungsprogramm vorgesehen ist.

 

 

3. Ein Jahr nach dem Angriff auf die Ukraine

 

Der Wahnsinn des Krieges, der mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar des Vorjahres begonnen hat, nimmt kein Ende. Täglich werden wir Zeugen von blutigen Kämpfen, von gezielten Angriffen auf zivile Ziele und die Bevölkerung in der Ukraine. Die massenweise Verschleppung von ukrainischen Kindern und andere schwere Kriegsverbrechen sind durch nichts zu rechtfertigen, und die Verantwortlichen dafür müssen belangt werden. Den unter dem Krieg leidenden Menschen in der Ukraine und den Geflüchteten versichern wir erneut: Wir Bischöfe und so viele Menschen in Österreich tragen euch in unseren Herzen, wir leiden mit euch, ihr seid nicht allein, wir sind an eurer Seite! Gleichzeitig denken wir an die vielen Menschen weltweit, die von den Auswirkungen des Krieges betroffen sind.

 

Ursache für dieses Leid und den Krieg ist ein schweres Unrecht, das klar benannt werden muss: Der Angriffskrieg Russlands gegen die freie und souveräne Ukraine ist ein fundamentaler Bruch des Völkerrechts. Demnach und aus Sicht der kirchlichen Friedensethik hat das ukrainische Volk das legitime Recht, sich gegen diesen ungerechten Angriff zu verteidigen. Dieses Recht eines Staates auf Notwehr wird ergänzt durch die Pflicht der Staatengemeinschaft, die Opfer der Aggression zu schützen und zu unterstützen. Dazu zählen die verhängten Sanktionen gegen den Aggressor. Sie sind auch ein notwendiger Akt der Solidarität mit der Ukraine. Diese Solidarität kostet und belastet viele Menschen, aber mangelnde Solidarität kostet noch viel mehr.

 

Gerade weil der Krieg mit unverminderter Härte tobt, muss auch die Hilfe für die Opfer weitergehen. Es braucht einen langen Atem beim Helfen. Der Blick darauf, mit wie viel Großzügigkeit und Engagement schon geholfen wurde, ist ermutigend. Weil sich die Hoffnung auf ein rasches Ende des Krieges aber noch nicht erfüllt hat, braucht es Perspektiven für die rund 70.000 aus der Ukraine vertriebenen Menschen in Österreich. Der Großteil von ihnen lebt entweder privat oder organisiert untergebracht in der Grundversorgung. Um ihnen ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, sollte ihre Integration in den Arbeitsmarkt vorrangig sein. Dafür sollte die Möglichkeit einer Überleitung ihres Aufenthalts vom befristeten Vertriebenenstatus in die langfristige Niederlassung eingeräumt werden. Wer sein Leben hier in die Hand nehmen will, sollte dabei auch sozial abgesichert sein und daher von der Grundversorgung in das System der Sozialhilfe wechseln können.

 

Krieg ist immer ein Ernstfall für den persönlichen Glauben: Die Kirchen und die Gläubigen stehen in der Pflicht, sich als Friedensstifter zu bewähren. Dazu zählt auch das beharrliche gemeinsame Gebet. Seit Ausbruch des Krieges beten in der Ukraine viele täglich ab 19 Uhr (unserer Ortszeit) den Rosenkranz. Wir laden die Pfarren, Gemeinschaften, Familien und Gläubigen ein, sich diesem Gebet anzuschließen. In der Geschichte unseres Landes haben wir wiederholt die Kraft des gemeinsamen Gebetes erfahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben Hunderttausende um die Freiheit und Souveränität Österreichs den Rosenkranz gebetet und erlebt, dass bei Gott nichts unmöglich ist. Beten wir mit den Menschen in der Ukraine für einen gerechten Frieden, für den Weg der christlichen Liebe und Versöhnung!

 

 

4. Syrien – Hilfe für die Erdbebenopfer

 

Nach mehr als einem Monat ist der Schmerz und die Trauer über die Folgen des verheerenden Erdbebens im türkisch-syrischen Grenzgebiet unermesslich. Mehr als 50.000 Menschen fanden in den Trümmern den Tod. Um ein Vielfaches mehr wurden verwundet, hunderttausende, wahrscheinlich Millionen sind obdachlos. Unsere Gebete gelten den Toten und Verwundeten, unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen und unsere Verantwortung gebietet es, in der Hilfe für die Opfer nicht nachzulassen.

 

Besonders wollen wir die Menschen in Not in Syrien in den Blick nehmen. Die Hilfe für ein Land darf nicht gegen die Hilfe für ein anderes ausgespielt werden, aber Tatsache ist, dass die internationale Hilfe für Syrien nur schwer anläuft. Zufahrtswege sind blockiert und Luftbrücken nicht möglich. Das macht es für groß angelegte Hilfsmaßnahmen schwierig. Dennoch sind viele Hilfswerke, darunter auch viele kirchliche, seit dem ersten Tag der Katastrophe vor Ort aktiv. Sie alle wirken schon seit vielen Jahren im Land, können auf ein bestehendes Netzwerk an Partnern zurückgreifen und präzise dort helfen, wo die Not am größten ist. So haben etwa zahlreiche Klöster durch das Erdbeben obdachlos gewordene Menschen aufgenommen und versorgt. Das war und ist nur dank vieler Spenderinnen und Spender auch aus Österreich möglich. Gleichzeitig ist klar, dass diese Hilfswerke allein die katastrophale Lage nicht wenden können.

 

Wir appellieren deshalb eindringlich an alle internationalen politischen Akteure und an die Verantwortlichen in Syrien: Die Hilfe für die Opfer des Erdbebens muss absolute Priorität haben. Wir wissen um die Komplexität des Syrien-Konflikts. Doch angesichts der unvorstellbaren Not der Menschen müssen alle anderen politischen und sonstigen Interessen hintanstehen. Wir appellieren an den Westen, die Sanktionen aufzuheben, damit Hilfe nach Syrien gelangen kann. Wir appellieren an die Verantwortlichen im Land, diese Hilfe zuzulassen und jenen zuteilwerden zu lassen, die sie am nötigsten brauchen.

 

Das Beben hat eine Bevölkerung getroffen, die schon zuvor tief im Elend war. Neun von zehn Syrern leben unterhalb der Armutsgrenze, mehr als 15,3 Mio. Menschen waren schon vor dem Beben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Hunderttausende Menschen sind jetzt im syrischen Erdbebengebiet zusätzlich obdachlos und stehen vor dem Nichts. Andere können nicht in ihre Wohnungen zurück, weil diese schwer beschädigt wurden. Ganz zu schweigen davon, dass viele der noch stehenden Gebäude einem weiteren Beben sicher nicht standhalten werden.

 

Die Katastrophenbilder in den Medien sind verschwunden, doch Not und Elend sind geblieben. Die langfristige Versorgung der Menschen und der Wiederaufbau werden einen langen Atem brauchen. Viele Helfer vor Ort berichten, dass die Menschen nicht nur materiell, sondern auch seelisch völlig am Ende sind. Diesen Menschen wieder Hoffnung zu schenken, ist derzeit die größte Herausforderung. Wir Bischöfe wollen diesen Menschen sagen, dass sie nicht vergessen sind und uns für sie weiter einsetzen werden. Wir rufen die internationale Staatengemeinschaft und die österreichische Regierung auf, auf die Not in Syrien zu achten und nach Kräften zu helfen.

 

 

5. Leihmutterschaft generell verbieten

 

Mit großer Sorge verfolgen die österreichischen Bischöfe rechtliche Entwicklungen auf europäischer Ebene, die das Verbot von Leihmutterschaft in Österreich aushebeln könnten, und Entwicklungen in anderen Ländern, wo das Geschäft mit Leihmutterschaft immer rücksichtsloser wird. Diesen Tendenzen muss Einhalt geboten werden, weil sie gegen fundamentale Werte verstoßen. Es muss klar festgehalten werden: Leihmutterschaft ist eine rücksichtslose Ausbeutung von Frauen, macht Kinder zur Ware und widerspricht den Menschenrechten. Als Bischöfe treten wir daher für ein striktes Verbot der Leihmutterschaft nicht nur in Österreich, sondern auch innerhalb der Europäischen Union und weltweit ein.

 

Wenig bekannt ist, dass die Anbieter der in den meisten Ländern verbotenen Praxis der Leihmutterschaft wegen des Krieges in der Ukraine ihre Strategie verändert haben und nun auf Georgien ausweichen. Aber auch Griechenland, Mexiko, Kolumbien und andere Länder sind immer mehr von Zuständen betroffen, die an Formen von Menschenhandel aus dunkelsten Zeiten erinnern. Wie skrupellos in Georgien vorgegangen wird, hat erst in diesen Tagen das von der Bischofskonferenz getragene Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) auf Grundlage von Berichten investigativer Journalisten zur Sprache gebracht. Diesen Berichten zufolge suchen Leihmutterschafts-Agenturen in georgischen Frauenhäusern gezielt nach Frauen in Notlagen, die gegen Geld ein Kind für andere austragen.

 

Es ist demgegenüber ermutigend festzustellen, dass der Kampf gegen reproduktive Ausbeutung zunehmend von Frauenrechtsorganisationen unterstützt wird. Zuletzt haben beispielsweise rund 100 Wissenschaftler und Experten aus 75 Ländern aller Kontinente am 3. März in der "Casablanca Declaration" die Staaten dazu aufgefordert, Leihmutterschaft weltweit abzuschaffen. Auch ein Vorschlag für ein entsprechendes internationales Übereinkommen wurde dabei präsentiert. Eckpunkte sind die Bestrafung von vermittelnden Einzelpersonen und Unternehmen sowie rechtliche Verfolgung von Personen, die national oder auch international eine Leihmutter beauftragen. Jegliche Verträge, die das Austragen eines Kindes zum Inhalt haben, sollten ebenso unwirksam werden, zudem soll ein rechtliches Instrument zur Durchsetzung eines globalen Verbotes geschaffen werden.

 

 

Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz zum Download

 

Frühjahrs-Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz in Seitenstetten

Frühjahrs-Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz in Seitenstetten. © Kathpress / Paul Wuthe

 

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