Aktiv und mit Begeisterung ans Werk gehen...
Karwoche und Ostern. Eine anstrengende Zeit steht den Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern Oberösterreichs nun bevor. So auch Martin Kaltenbrunner aus der Pfarre Viechtwang: "Nicht nur die Proben mit dem Chor sind intensiv, auch eine richtige Planung ist nötig, um diese Zeit zu bewältigen", erzählt er.
Denn er hat – wie auch viele andere Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in der gesamten Diözese – viel vor: Der Palmsonntag wird in Viechtwang traditionell von einem Bläserensemble und einer Schola gestaltet. Am Gründonnerstag beginnt die Feier schließlich mit viel Gemeindegesang, bevor der Kirchenchor dann die Gestaltung übernimmt: "Mit Opfergang und Kommunion unter beiderlei Gestalt kommen da einige Chorstücke zusammen...", verrät er. Bei der Kreuzverehrung am Karfreitag sind schließlich der Kirchenchor oder das Vokalensemble "Kablüs" im Einsatz, bevor die Karwochenliturgie bei der Auferstehungsfeier in der Osternacht dann ihren Höhepunkt erlebt und das "Halleluja" in den Mittelpunkt gerückt wird. Lang darf am Ostersonntag dann übrigens nicht geschlafen werden, denn am Morgen rückt der Kirchenchor schon wieder aus, um das Hochamt in Form einer Orchestermesse zu gestalten. Und im anschließenden "Familiengottesdienst" wird mit dem Jugendblasorchester der Ortsmusik dann auch noch mal kräftig die österliche Freude bekundet. Viel zu tun gibt's also dieser Tage. Doch schon die Fastensonntage wurden in Viechtwang von verschiedenen Gruppen wie dem Kinder- und Jugendsingkreis, den Erstkommunionkindern oder den Vokal- und Instrumentalensembles besonders gestaltet.
Die Dramaturgie der Liturgie oder: warum Gottesdienste keine One-Man-Show sind...
In diesem Jahr stand in der Fastenzeit zusätzlich aber noch etwas anderes auf dem Programm: Ein "Kirchenmusikseminar". Eingeladen waren alle, die an der Gestaltung des Gottesdienstes mitwirken: vom Priester über die Lektorinnen und Lektoren, die Kantorinnen und Kantoren sowie die Organistinnen und Organisten bis hin zum Kirchenchor. Alle sollten verschiedene Formen des Gemeindegesangs kennenlernen. "Das stärkt die Gemeinschaft und das Verständnis für die jeweiligen Dienste und Akteure in der Liturgie. Und es ermöglicht nicht zuletzt die Einführung neuen Liedguts...", erzählt der junge Kirchenmusiker. Die Gottesdienstbesucher sollen verstehen lernen, warum der Organist plötzlich anders spielt oder warum der Kantor nicht von der Bank aus singen soll.
Besonders am Herzen liegt ihm, dass Liturgie verstanden wird: "Ich nenne es oft die 'Dramaturgie der Liturgie'. Wo Symbole, Texte, Handlungen und Musik einen klaren und gemeinsamen Verlauf zeichnen, kann die Botschaft des Evangeliums besser verstanden werden. Wenn uns bewusst wird, dass ein Gottesdienst keine One-Man-Show ist, sondern wir alle Teil der Verkündigung sind, wird gemeinsames Feiern erst richtig möglich."
Die Kirchenmusik als eine tragende Säule der Liturgie oder: warum das Aufgabengebiet sicher nicht kleiner wird...
In der Pfarre Viechtwang ist der Stellenwert von Kirchenmusik sehr hoch. So fühlt sich auch Kirchenchorleiter und Organist Martin Kaltenbrunner sehr geschätzt: "Das bedeutet nicht, dass immer alles reibungslos funktioniert und manchmal muss ich mich auch intensiven Diskussionen stellen. Im Allgemeinen aber beteiligt sich die Pfarrgemeinde aktiv an der Umsetzung und Weiterentwicklung von Verbesserungsvorschlägen meinerseits. Sowohl die Organisten als auch die neuen Kantorinnen und Kantoren gehen motiviert ans Werk. Das ist sehr ermutigend!" Denn er weiß, dass die Herausforderungen immer mehr, größer und komplexer werden. Das beginnt beispielsweise bereits bei der Tatsache, dass nach dem Ableben von Pfarrer P. Eduard Repczuk im Dezember 2016 die Pfarre nun auch aktiv ein Teil des Seelsorgeraums Almtal – bestehend aus den vier Pfarren Grünau, St. Konrad, Scharnstein und Viechtwang – ist. In Zeiten, in denen Pfarren oft ohne eigenen Priester auskommen müssen, ist sich Kaltenbrunner sicher: "Es ist besonders wichtig, dass die liturgische Gestaltung auf festem Boden steht, durchdacht und vor allem anwendbar ist. Dabei ist die Kirchenmusik eine der tragenden Säulen." Was das für seine Tätigkeit heißt, weiß er auch: Das Aufgabengebiet wird nicht kleiner.
Das Konservatorium für Kirchenmusik als Impulsgeber oder: warum es gut ist, sich weiterzuentwickeln...
Seine Ausbildung zum B-Kirchenmusiker macht Kaltenbrunner derzeit am Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz. Für ihn ist die Bildungseinrichtung mehr als nur eine Ausbildungsstätte: Er schätzt nicht nur die Lehrinhalte, sondern auch die "Kirchenmusik-Community" aus Lehrenden und Studierenden, die ähnliche Alltagsprobleme zu bewältigen haben und das Gefühl vermitteln, nicht alleine zu sein. Sich selbst weiterzuentwickeln ist Kaltenbrunner ein besonderes Anliegen – gerade in Zeiten pastoraler Veränderungen, die Auswirkungen auf die Liturgie (und damit auch auf die Kirchenmusik haben): "Als Kirchenmusiker möchte ich meinen Teil dazu beitragen, uns als Kirche weiterzuentwickeln und zu erneuern." Das Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz ist ihm dabei große Unterstützung: "Es hilft mir, die richtige Balance für Weiterentwicklung zu finden, und liefert mir immer wieder neue Ideen und Impulse."
Die Begeisterung als starke Kraft oder: warum ein Kirchenchor echt "cool" sein kann...
Der Kirchenchor Viechtwang ist nicht der erste Chor, den Martin Kaltenbrunner leitet – denn die erste Tätigkeit als Kirchenchorleiter übte der aus einer "kirchenmusikalisch vorbelasteten Familie" stammende Kaltenbrunner in Grünburg/Steyr aus. Dort durfte er in den zehn Jahren seiner Tätigkeit miterleben, wie junge Menschen mit Freude im Kirchenchor mitsingen: "Der Kirchenchor hatte dort bei der Jugend einen sehr hohen Stellenwert, den ich normalerweise nur von Blasmusikvereinen kenne."
Als er seine Tätigkeit als Chorleiter dort beendete und in seine Heimatpfarre Viechtwang zurückkehrte, bekam er zum Abschied ein Fotobuch mit persönlichen Zeilen der Chorsängerinnen und Chorsänger geschenkt. Und eine Aussage bewegt ihn bis heute: "Eine damalige Schülern, zwischenzeitlich fertig studierte Musikerin, schrieb: '… wenn ich jemandem davon erzählt habe, dass ich im Kirchenchor mitsinge, habe ich meistens hinzugefügt: … aber wir sind kein normaler Kirchenchor…'. Ich stelle mir immer wieder die Frage: Was ist 'normal'? Muss ein Kirchenchor unbedingt mit Demographieproblemen kämpfen? Laut, falsch und mit Begeisterung? Ist es dieses Bild, dass in der Öffentlichkeit vorherrscht?"
Gefragt nach dem Rezept, wie man Kirchenchören ein anderes Image verleihen und Menschen für Kirchenmusik gewinnen kann, erklärt der Viechtwanger: "Menschen, die selbst aktiv und mit Begeisterung ans Werk gehen!"
Zur Person:
Martin Kaltenbrunner (*1981) absolvierte nach dreizehn Jahren Unterricht in Klavier und Orgel die Abschlussprüfung an der Landesmusikschule Scharnstein mit Auszeichnung. Er setzte seine Ausbildung im Fach Orgel mit einem außerordentlichen Studium an der Anton Bruckner Privat Universität bei August Humer und am Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz bei Wolfgang Kreuzhuber fort. Bereits seit seinem zehnten Lebensjahr versieht Kaltenbrunner regelmäßig seinen Dienst als Organist. Von 2002 bis 2011 leitete er den Kirchenchor Grünburg. Seit 2011 ist er Chorleiter des Kirchenchors Viechtwang und seit 2017 des Berthold Chores Scharnstein. Kaltenbrunner ist außerdem Regionalchorleiter der Chorregion IV Salzkammergut.