Donnerstag 25. April 2024

Tag der Arbeitslosen: Betroffene nicht zu Schuldigen machen, sondern die Ursachen im System suchen

V. l.: Dr. Johann Kalliauer (Landesvorsitzender ÖGB), Bischofsvikar Mag. Maximilian Mittendorfer, Christian Winkler (GF Bischöfliche Arbeitslosenstiftung / Vertreter der Veranstaltungsgemeinschaft „Tag der Arbeitslosen'

Arbeitslose Menschen verdienen Würde und Respekt und dürfen nicht stigmatisiert werden: Darüber waren sich die VeranstalterInnen des „Tags der Arbeitslosen“ (30. April) einig.

Traditionell wird am Vortag des 1. Mai der „Tag der Arbeitslosen“ begangen. Dabei machen Organisationen, die mit arbeitslosen Menschen und für sie arbeiten, auf deren Anliegen und Forderungen aufmerksam. Ziel dieses Aktionstags: für die Situation arbeitsloser Menschen zu sensibilisieren und so deren Diskriminierung und Stigmatisierung entgegenzuwirken.

 

Bei einer Pressekonferenz im OÖ. Presseclub am 30. April 2018 zeichneten der Bischofsvikar für Caritas und soziale Anliegen Mag. Maximilian Mittendorfer, ÖGB-Landesvorsitzender Dr. Johann Kalliauer und Christian Winkler, Geschäftsführer der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung und Vertreter der Veranstaltungsgemeinschaft „Tag der Arbeitslosen“, ein klares Bild von der Situation arbeitsloser Menschen und zeigten mögliche Strategien auf, um beim Problem der Arbeitslosigkeit wirkungsvoll gegenzusteuern.

 

 

„Vorhandene Arbeit muss gerechter verteilt werden“

ÖGB-Landesvorsitzender Dr. Johann Kalliauer betonte eingangs die erfreuliche Verbindung zwischen Kirche und ÖGB, wenn es darum gehe, das gemeinsame Anliegen rund um Fragen der Arbeit bzw. der Arbeitslosigkeit zu thematisieren. Kalliauer: „Menschen, die unverschuldet ihren Job verloren haben, werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Da trösten die positiveren Zahlen, die einen Rückgang der Arbeitslosigkeit ausweisen, wenig. Es gibt immer noch eine große Gruppe von Menschen, die sich jahrelang bemühen, wieder in den Arbeitsprozess zu kommen, und es nicht schaffen.“

 

Der ÖGB-Landesvorsitzende machte deutlich, er halte die von der Bundesregierung geplante Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen für arbeitslose Menschen – längere Wegstrecken zum Arbeitsplatz, geringeres Entgelt und einen gelockerten Berufsschutz – für die falsche Lösung. Für ihn sei der Schlüssel, Arbeit gerechter zu verteilen und jene zu unterstützen, die es ohne Hilfe nicht schafften. Kalliauer drückte in diesem Zusammenhang sein Bedauern darüber aus, dass die „Aktion 20.000“ von der Bundesregierung nicht fortgesetzt werde.

 

Kalliauer wies darauf hin, wie sehr arbeitslosen Menschen die erfolglose Jobsuche zusetze: „Nach unzähligen erfolglosen Bewerbungsversuchen bekommen Menschen das Gefühl: Ich werde nicht mehr gebraucht, mein Engagement im Job ist nichts mehr wert.“ Gleichzeitig seien Betroffene häufig mit geringer Wertschätzung bis hin zu Mobbing konfrontiert: Ihnen werde vorgeworfen, sich in die „soziale Hängematte“ zu legen oder „arbeitsunwillig“ zu sein. Solche Bemerkungen hätten die Absicht, Arbeitslosigkeit als individuelles, selbst verschuldetes Problem abzutun, anstatt einzugestehen, dass es sich um ein gesellschaftliches Problem handle, so Kalliauer.

 

www.oegb.at/ooe

 

 

„Arbeitslosen Menschen die Schuld für ihre Not anzulasten, ist unfair“

 

Mag. Maximilian Mittendorfer, Bischofsvikar für Caritas und soziale Anliegen der Diözese Linz, betonte ebenso wie Johann Kalliauer, dass das Thema Arbeitslosigkeit auch angesichts sinkender Arbeitslosenzahlen aktuell bleibe. Denn, so Mittendorfer: „Hinter den Zahlen, der Statistik stehen immer Gesichter, stehen Menschen, für die es einen Riesenunterschied macht, ob sie Arbeit haben oder nicht.“ Aus diesem Grund sei es der Kirche wichtig, sich bei diesem Thema zu Wort zu melden und einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Als ein konkretes Beispiel nannte Mittendorfer die bereits unter Bischof Maximilian Aichern gegründete Bischöfliche Arbeitslosenstiftung mit den Bereichen JONA Personalservice, Arbeitsstiftung und Jugendprojekt JU-CAN. Der Katholischen Kirche in Oberösterreich sei es darüber hinaus wichtig, selbst eine gute Arbeitgeberin zu sein und gute Arbeit zu gewährleisten, so der Bischofsvikar.

 

Mittendorfer unterstrich die Bedeutung von Erwerbsarbeit in der Gesellschaft: „Erwerbsarbeit sichert – hoffentlich – den Lebensunterhalt, ermöglicht die Teilhabe an vielen Lebensbereichen, stiftet Sinn und gibt Selbstbewusstsein. Arbeit hat auch eine theologische Dimension, weil sie eine Teilhabe an der Schöpferkraft Gottes bedeutet.“ Arbeitslosigkeit dagegen bedeute Armutsgefährdung, Langzeitarbeitslosigkeit oft auch akute Armut für ganze Familien. Rückzug, Isolation und Scham bei den Betroffenen seien die Folge, verstärkt oft noch durch Bemerkungen der Umgebung („Selber schuld – wer Arbeit finden will, findet auch Arbeit!)“. Dies erhöhe den Druck, wieder Arbeit zu finden.

 

Enormer Druck laste aber nicht nur auf Menschen ohne Arbeit, sondern auch auf denen, die Arbeit hätten, und auf den Unternehmen. Mittendorfer wörtlich: „Unter dem Titel ‚Standortsicherung“ werden soziale Errungenschaften in Frage gestellt, Personal reduziert, Leistungsdruck erhöht. In diesem Wirtschaftssystem sind wir alle verstrickt. Umso mehr ist es notwendig, immer wieder einen Ausgleich zu schaffen, indem alle VerantwortungsträgerInnen in Politik und Wirtschaft den Menschen nicht aus den Augen verlieren. Denn: Die Wirtschaft ist für den Menschen da, nicht der Mensch für die Wirtschaft.“ Immer noch gelte, so Mittendorfer, das Sprichwort, dass man eine Gesellschaft daran erkenne, wie sie mit ihren Schwächsten umgehe. Mittendorfer betonte, er vermisse in der derzeitigen Bundesregierung dieses christlich-soziale Element. Österreich sei wohlhabend genug, um arbeitslosen Menschen die nötige Achtung und Wertschätzung entgegenbringen zu können. „Arbeitslosen Menschen die Schuld für ihre Not anzulasten, ist unfair und lenkt von den Ursachen ab, die im System liegen“, schlug der Bischofsvikar für Caritas und soziale Anliegen in die gleiche Kerbe wie zuvor Kalliauer.

 

 

„Kürzen kann teuer werden“

 

Christian Winkler, Geschäftsführer der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung und Vertreter der Veranstaltungsgemeinschaft „Tag der Arbeitslosen“, schilderte zunächst den Fall einer Teilnehmerin am Jugendprojekt JU-CAN der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung. Aleksandra P. (18) ist gebürtige Polin und kam vor vier Jahren mit ihren Eltern nach Österreich. Nach der Pflichtschule begann sie eine Lehre als Systemgastronomiefachfrau. Der vielversprechende Start ins Arbeitsleben endete jäh: Nach ein paar Tagen hatte Aleksandra einen Unfall – 10 Monate Krankenstand folgten. Danach erwies sich ihre Suche nach einem Ausbildungsplatz als erfolglos. Vor einem Jahr begann Aleksandra im Jugendprojekt JU-CAN der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung. Dort beschäftigte sie sich mit ihren Interessen und Fähigkeiten und sucht nun nach einem Ausbildungsplatz in der Gastronomie. In der Küche konnte sie erste Arbeitserfahrungen sammeln und ihr organisatorisches Talent unter Beweis stellen. So war sie mehrmals an Tagen, an denen die Jugendlichen selbstständig kochten, als „Küchenchefin“ für die Aufgabenverteilung und das Gelingen der Speisen zuständig. Aleksandras Zeit bei JU-CAN ist zu Ende. In den vergangenen Monaten hat sie zahlreiche Bewerbungen geschrieben, aber bisher nur Absagen erhalten – oft auch gar keine Rückmeldung.

 

Auch Winkler bedauerte die Einstellung der „Aktion 20.000“, die „langzeitarbeitslosen und älteren Menschen durch einen konkreten Arbeitsplatz viel an Selbstwert und Stabilität gebracht hat“. Ökonomisch betrachtet, hätte sich diese Form der Unterstützung fast selbst finanziert, so Winkler. Der Staat erspare sich Arbeitslosengeld, erhalte Sozialabgaben und Lohnsteuer und könne mit höheren Konsumausgaben rechnen. Kürzungen könnten langfristig teuer werden, argumentierte der Geschäftsführer der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung: „Kürzungen bei der Finanzierung von sozialökonomischen Betrieben oder Beschäftigungsprojekten verkennen die langfristig positiven Wirkungen bei den Menschen und die Vermittlungserfolge. Finanziell argumentiert, kommen die Kosten für derartige Einrichtungen rasch wieder herein, wie mit dem „Social Return On Investment (SROI) zu belegen ist.“

 

Auch Winkler kritisierte, dass Arbeitslosigkeit zum individuellen Problem umgedeutet werde. Winkler wörtlich: „Die öffentliche Diskussion macht Sorgen – Betroffene werden zu Schuldigen gemacht. Schuldzuweisungen und der Verdacht, es liege an den Betroffenen selbst, dass sie keine Arbeit finden, verursachen Hilflosigkeit, Ohnmacht und Kränkung. Die Folge: Die Betroffenen trauen sich weniger zu und nehmen Hilfe nicht in Anspruch.“

 

https://www.dioezese-linz.at/ju-can

https://www.dioezese-linz.at/arbeitslosenstiftung

 

 

RESPECT: Aktionstag zum „Tag der Arbeitslosen“ auf dem Martin-Luther-Platz in Linz

 

Zum „Tag der Arbeitslosen“, der traditionell am 30. April und damit einen Tag vor dem „Tag der Arbeit“ begangen wird, machen kirchliche Organisationen auf die Situation von Menschen ohne geregelter Erwerbsarbeit aufmerksam. Österreichweit gibt es bereits in den Tagen davor zahlreiche Aktionen, die das Los der Betroffenen einer breiten Öffentlichkeit vor Augen führen, vorhandene Hilfsangebote bekannt machen und dabei auch Forderungen an Politik und Gesellschaft richten.

 

In Linz steht am Montag, 30. April, dem Aktionstag zum Tag der Arbeitslosen, im Mittelpunkt, wie es arbeitslosen Menschen konkret geht. Der Aktionstag steht unter dem Motto „Respect“.

 

Am 30. April gibt es auf dem Martin-Luther-Platz von 11.30 bis 16.00 Uhr Informationsstände von Einrichtungen, die sich für arbeitslose Menschen einsetzen (u. a. Bischöfliche Arbeitslosenstiftung, Katholische Jugend OÖ und Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung).

 

Interessierte erwartet außerdem:

  • die Ausgabe einer „Armensuppe“
  • ein Bus des European Minimum Income Network (EMIN)
  • das Riesenspiel „Gute Arbeit in Sicht“ der Katholischen ArbeitnehmerInnen Bewegung
  • die Jongleur-Künste von Kabarettist Günther Lainer („Gausl“)
  • musikalische Klänge des Dudelsack-Orchesters „Hellmountain Pipeband“ und von Stephan Punderlitschek mit seinem Cello

 

Mitglieder der Veranstaltergemeinschaft zum Tag der Arbeitslosen:

Sozialplattform Oberösterreich: www.sozialplattform.at/

https://www.facebook.com/tagderarbeitslosen

 

 

 

Veranstaltungshinweis: Vortrag von Dr. Stephan Schulmeister (2. Mai 2018)

 

Für den 2. Mai 2018 lädt die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung der Diözese zum 134. Sozial-Stammtisch um 19 Uhr ins Cardijn Haus in der Linzer Kapuzinerstraße. Der Wirtschaftsforscher Dr. Stephan Schulmeister wird zum Thema „Wohlstand für alle ist möglich! Der Weg Europas von Prosperität in die Krise und wieder retour“ sprechen.

 

Die vollständigen Statements zur Pressekonferenz finden Sie in der angefügten Presseunterlage.

 

Infos & Kontakt:

Diözese Linz

Bischöfliche Arbeitslosenstiftung

Christian Winkler (Geschäftsführer)

M: 0676 87 76 19 10

www.arbeitslosenstiftung.at

 

Österreichischer Gewerkschaftsbund

Landesorganisation Oberösterreich

Mag.a Carmen Janko (Kommunikation)

M: 0664 61 45 123

www.oegb.at/ooe

 

 

Presseunterlagen zum Download

 

Pressemitteilung zum Download (doc / PDF)

Presseunterlagen Diözese Linz & ÖGB OÖ zum Download (PDF)

 

Pressefotos zum Download: © Diözese Linz (honorarfrei)

 

Foto 1: Pressekonferenz der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung und des ÖGB OÖ:
V. l.: Dr. Johann Kalliauer (Landesvorsitzender ÖGB), Bischofsvikar für Caritas und soziale Anliegen Mag. Maximilian Mittendorfer, Christian Winkler (GF Bischöfliche Arbeitslosenstiftung und Vertreter der Veranstaltungsgemeinschaft „Tag der Arbeitslosen“).

 

Foto 2: Gemeinsamer Besuch des Aktionstags auf dem Martin-Luther-Platz in Linz:
V. l.: Bischofsvikar Mag. Maximilian Mittendorfer, ÖGB-Landesvorsitzender Dr. Johann Kalliauer und der Geschäftsführer der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung Christian Winkler.

 

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