Freitag 20. September 2024

Nach dem Fasching ist wieder Maskenzwang

Gert Smetanig, Pfarrer, Dechant und „The Magic Priest“, über Masken, Rollen und das Menschsein abseits jeder Fassade. 

Als Kind war die fünfte Jahreszeit „Fasching“ eine ganz besondere Zeit für mich. Endlich mal alles sein dürfen: Clown, Cowboy, Pirat oder total verborgen hinter einer Maske, in einem Kostüm, mit verstellter Stimme. Da konnte ich auch mal frecher und mutiger sein. Und wenn andere Kinder sogar Angst bekamen, gab das ein gutes Gefühl von Stärke. Trotzdem war und ist es ein Trugschluss, denn ich bin, der ich bin. Ich bin derjenige hinter der Maske und nicht das, was die Maske vorgibt zu sein. Ich bin nicht der Starke, sondern oft der Schwache. Ich bin nicht der Clown, sondern oft nachdenklich und gar nicht lustig. Nach dem Fasching holt einen sehr schnell die Wirklichkeit wieder ein.

 

Als Konsequenz haben wir Menschen gelernt, nach der lustigsten Zeit des Jahres auch im Alltag einen Maskenzwang einzuführen, um nicht unser wahres Gesicht zeigen zu müssen. Oft spielen wir eine – fast oscarreife – Rolle oder werden in Rollen gezwängt: in der Schule, im Beruf, in der Familie oder in der Freizeit. Manch einer kann seine Gefühle nicht so gut hinter einer Maske verbergen und wird dann schnell als Weichei, als Versager, als „nicht belastbar“ abgestempelt.

 

So hat jeder Mensch in seinem persönlichen Werkzeugkoffer – bewusst oder unbewusst – ein Repertoire an Masken, die ab und zu zum Einsatz kommen. Wie bei allem kommt es auch hier auf die richtige Dosierung an. Wenn man sie gezielt einsetzt und auch wieder ablegt, kann die Maske helfen. Problematisch wird es erst, wenn man sie als permanentes Schutzschild ansieht – denn dann geht es an die Substanz.

 

Was ist echt, was ist Maske?

Was ist echt, was ist Maske? © geralt / www.pixabay.com CC0 1.0

 

Im Matthäusevangelium (Mt 7,3) spricht Jesus davon, dass wir gewohnt sind, die Splitter in den Augen unserer Mitmenschen zu sehen, aber gleichzeitig nicht wollen, dass man die Balken in unserem Auge sieht. Darum brauchen wir die Masken. Das Dumme ist nur: Wenn wir die großen und kleinen Fehler unserer Mitmenschen so leicht entdecken, wie kommen wir dann auf die Idee, wir könnten unsere eigenen verbergen? Vielleicht wollen wir sie gar nicht vor den anderen verbergen, sondern vor uns selbst?

 

„Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an“ (1. Samuel 16,7). Ein bisschen scheint mitzuschwingen, was Antoine de Saint-Exupéry in seinem Buch „Der kleine Prinz“ den Fuchs zum kleinen Prinzen sagen lässt: „Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Mit dem Herzen sehen – diese Eigenschaft hat auch Jesus, denn er schaut hinter die Fassade. Er schaut unser Herz an. Ihm brauchen wir nichts vorzumachen – bei ihm herrscht kein Maskenzwang.

 

Dietrich Bonhoeffer hat einmal dieses Gedicht formuliert: „… Wer bin ich? Der oder jener? Bin ich denn heute dieser und morgen ein anderer? Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling? ... Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott. Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“

 

Was ist Gesicht, was ist Maske in deinem, in Ihrem Leben?

 

Magic Priest Gert Smetanig

© C. MAVRIC

 

Mag. Gert Smetanig ist katholischer Pfarrer in Burgkirchen und Mauerkirchen sowie Dechant im Dekanat Braunau am Inn. In seiner Freizeit verzaubert er gerne als „The Magic Priest“ seine ZuschauerInnen.

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