Kirche im Säkularismus: Jenseits von "Ausverkauf" und "Theater"
Reinhard Hauke, Weihbischof von Erfurt und am Samstag Schlussreferent bei der Österreichischen Pastoraltagung in Salzburg/St.Virgil (11. - 13. Jänner 2018), brachte in seinem Vortrag dazu Beispiele aus jüngster Vergangenheit: Im vergangenen Advent gestaltete die katholische Kirche einen Adventmarkt am Domberg in Erfurt, der nicht mehr wie im Jahr davor "wie ein Gegenprogramm" zum weitgehend religionsfreien Weihnachtsmarkt der Stadtgemeinde wirkte, sondern im Einvernehmen beider Veranstalter als dessen Ergänzung.
Weihbischof Hauke setzte den inhaltlichen Schlusspunkt der Pastoraltagung, an der rund 320 Fachleute teilnahmen, darunter die Bischöfe Franz Lackner (Salzburg), Alois Schwarz (Gurk), Wilhelm Krautwaschl (Graz) und Manfred Scheuer (Linz), weiters der emeritierte frühere Linzer Bischof Maximilian Aichern und der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka. Thema der größten Seelsorge-Fortbildungsveranstaltung in Österreich, die von 11. bis 13. Jänner 2018 im Bildungszentrum St. Virgil in Salzburg war diesmal "Der Hoffnung Räume öffnen".
Seit 1987 - noch zu SED-Zeiten - wird laut Hauke auch ein nächtliches Weihnachtslob im Erfurter Dom gefeiert, zu dem auch viele Konfessionslose kommen. Zur in der DDR üblichen "Jugendweihe" mit Schwur auf den Sozialismus, die in Ostdeutschland - ohne Eid - bis heute üblich ist - habe die Kirche eine "Feier der Lebenswende" als Alternative etabliert, zu der ebenso zahlreiche Nichtchristen kommen wie zu einer katholischen Valentinsfeier mit Segen für Paare.
Für ihn illustriere dies, "wie Gemeinsames getan und doch auch Unterschiedliches vorgelebt oder ertragen werden kann", so der Weihbischof aus Ostdeutschland, wo wie nirgendwo sonst in Europa die christliche Prägung aus dem öffentlichen Bewusstsein weitgehend verschwunden ist. Aber auch dort gelinge es, dass "Christen und Nichtchristen das Leben feiern" - so der Titel von Haukes Ausführungen über "innovative liturgische Projekte". Und dafür müsse nicht unbedingt die "Heilige Nacht" den Anlass bieten, so der Bischof. Auch Lebenswenden wie der Eintritt ins Jugendalter, Schulentlassung, Heirat oder Begräbnis könnten eine Feierform verlangen, die Glaubende und Nichtglaubende gleichermaßen anspricht.
Seit 1987 - noch zu SED-Zeiten - wird laut Hauke auch ein nächtliches Weihnachtslob im Erfurter Dom gefeiert, zu dem auch viele Konfessionslose kommen. Zur in der DDR üblichen "Jugendweihe" mit Schwur auf den Sozialismus, die in Ostdeutschland - ohne Eid - bis heute üblich ist - habe die Kirche eine "Feier der Lebenswende" als Alternative etabliert, zu der ebenso zahlreiche Nichtchristen kommen wie zu einer katholischen Valentinsfeier mit Segen für Paare.
Für ihn illustriere dies, "wie Gemeinsames getan und doch auch Unterschiedliches vorgelebt oder ertragen werden kann", so der Weihbischof aus Ostdeutschland, wo wie nirgendwo sonst in Europa die christliche Prägung aus dem öffentlichen Bewusstsein weitgehend verschwunden ist. Aber auch dort gelinge es, dass "Christen und Nichtchristen das Leben feiern" - so der Titel von Haukes Ausführungen über "innovative liturgische Projekte". Und dafür müsse nicht unbedingt die "Heilige Nacht" den Anlass bieten, so der Bischof. Auch Lebenswenden wie der Eintritt ins Jugendalter, Schulentlassung, Heirat oder Begräbnis könnten eine Feierform verlangen, die Glaubende und Nichtglaubende gleichermaßen anspricht.
"Aufmerksamkeit für religiöse Sehnsucht"
"Aufmerksamkeit für religiöse Sehnsucht" und Bereitschaft zum Beschreiten bisher "ungeschützter Wege" seien Voraussetzungen bei der Suche nach solchen Feierformen. Dabei sollten nach den Worten Haukes "natürliche" Bewegungen und Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt werden - wie das Strömen zu einem markanten Punkt der Stadt, z.B. einem Platz, einem Berg oder einer Kirche.
"Mit Christen und Nichtchristen das Leben zu teilen" bedeute für den Bischof, dass "in gegenseitiger Hochachtung das Unterschiedliche respektiert" wird und womöglich dazu führt, das je Eigene neu zu bedenken und zu gestalten. Wie für das alttestamentliche Volk Israel im babylonisches Exil zeichne sich auch für Christen hierzulande ein Leben in der Diaspora ab. In so einer Situation sei starker Glaube gefordert, so Hauke. Auch auf einzelne komme es an, Lebenserfahrungen im Licht des Evangeliums zu deuten. Das nichtglaubende Umfeld scheine den Glauben herauszufordern und zu läutern, "so dass sich daraus ein tragfähiger Glaube entwickelt, der hilfreiche Antworten geben kann, die außerhalb von Kirche und Christentum nicht zu finden sind".
Kein "Papa wird's schon richten"
Christliche Hoffnung bedeutet nicht, die Hände in den Schoß zu legen nach dem Motto: "Der Papa wird's schon richten." Pointiert wies Bischof Krautwaschl am Freitagabend bei einer Messfeier im Rahmen der Pastoraltagung darauf hin, dass gesellschaftliche Herausforderungen den Einsatz von Christen verlangen: beim Ausgleich zwischen den Generationen, im Wahrnehmen eines umfassenden Lebensschutzes, bei der Bewahrung der Schöpfung oder im Beharren darauf, "dass niemand unter die Räder kommen darf" sei ein von Glaube und Hoffnung getragenes Engagement angesagt und müsse gelebt werden, sagte Krautwaschl. Papst Franziskus habe mit seiner Enzyklika "Laudato si" eine eindrückliche Hoffnungsperspektive aufgezeigt: "Wir dürfen nicht müde werden, diese immer wieder neu zu buchstabieren", appellierte Krautwaschl.
Die Kirche dürfe "Mission" nicht als Nebensache oder das betrachten, was über den "Normalbetrieb" hinaus noch zu tun wäre. "Laufen wir nicht Gefahr, ohne Gott auch gut zu leben und Kirche zu gestalten?", so die selbstkritische Anfrage des Bischofs. Ansätze, die vermeintlich zurück zu den "grünen Weiden" der Kirche von anno dazumal führen, seien allzu einfache Antworten. Jenseits von "irdischen Kirchen-Königen", die sagen, "wo's langgeht", gelte es Räume zu öffnen, "in denen Menschen entdecken: ja, das letzte Wort über mich ist noch nicht gesprochen".
Die Kirche dürfe "Mission" nicht als Nebensache oder das betrachten, was über den "Normalbetrieb" hinaus noch zu tun wäre. "Laufen wir nicht Gefahr, ohne Gott auch gut zu leben und Kirche zu gestalten?", so die selbstkritische Anfrage des Bischofs. Ansätze, die vermeintlich zurück zu den "grünen Weiden" der Kirche von anno dazumal führen, seien allzu einfache Antworten. Jenseits von "irdischen Kirchen-Königen", die sagen, "wo's langgeht", gelte es Räume zu öffnen, "in denen Menschen entdecken: ja, das letzte Wort über mich ist noch nicht gesprochen".
Gegen eine "Pastoral des Bewahrens"
Für mutige Neuansätze in der Seelsorge plädierte auch die Linzer Pastoraltheologin Hildegard Wustmans in einem "Atelier" der Pastoraltagung - einem methodischen Novum der traditionsreichen Bildungsveranstaltung. Zum derzeit vieldiskutierten Begriff einer "missionarischen Kirche" meinte Wustmans, es erfordere "Mut, das Interesse an der Institution zurückzustellen" und sich ganz im Sinne des Papstes nicht mit einer "Pastoral des Bewahrens" zu belasten.
Viele seelsorgliche Aktivitäten seien nach wie vor als "Einladung" konzipiert. Doch die Erwartung, dass sich Menschen in kirchliche Räume aufmachen, wird laut Wustmans immer häufiger enttäuscht: "Vor allem Pfarren sind für viele unzugänglich geworden", das institutionelle Programm habe in der heutigen Gesellschaft keine verbindliche Kraft mehr. Die Linzer Theologin regte dazu an, bewusst in soziale Räume zu gehen, in denen Kirche bisher wenig oder kaum präsent war. Mit einem Lebensstil, der nach dessen Hintergründen fragen lässt, und mit purer Freundlichkeit ließen sich so "Kontaktzonen" mit durchlässigen Grenzen christlich anreichern. Auch die Heilige Schrift ist nach den Worten Wustmans voll von Botschaften wie "Riskiert etwas! Ändert euren Lebensstil! Gott ist mit euch".
Mit ihren Ausführungen gaben die Bischöfe Hauke und Krautwaschl und die Linzer Pastoraltheologin bereits einen Ausblick auf die Pastoraltagung des Jahres 2019. Deren Arbeitstitel lautet: "Säkularisierung als Chance für die Pastoral".
(be), publiziert am 18.01.2018