Gedenken: Lichterfeiern an der Enns
Zur Erinnerung an die Todesmärsche ungarischer Juden durch das Ennstal rief die Katholische Jugend der Region Ennstal am 12. April 2015 zu Lichterfeiern an der Enns auf. An zehn verschiedenen Orten gedachten die Menschen zeitgleich den zahlreichen Opfern des Nationalsozialismus: in Kleinreifling, Weyer, Großraming, Reichraming, Losenstein, Ternberg, Garsten, Steyr, Enns und Mauthausen. Mehr als 400 Menschen aus allen Altersgruppen nahmen insgesamt teil – darunter viele Jugendliche sowie an den meisten Orten auch die VertreterInnen des öffentlichen Lebens. Besonders bewegend war die Anwesenheit vieler Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die aus der eigenen Erinnerung über die schrecklichen Ereignisse berichteten. „Die Lichtfeiern sind auch als Mahnung zu sehen – für Frieden, gegen Extremismus jeder Art“, sagt Reinhard Fischer, Regionskoordinator der Katholischen Jugend. Die Aktion fand im Rahmen des Friedensprojektes „Zum:Vergehen:erinnern statt.
Impressionen von den Lichtfeiern
In Weyer war eine Ennsbrücke direkt im Blickfeld der Feier – von dieser Brücke wurden während der Todesmärsche Menschen, die nicht mehr weiterkonnten, einfach in die Enns geworfen.
In Losenstein berichtete eine Zeitzeugin, dass sie als kleines Kind den erschöpften Juden Erdäpfel zusteckte. Eine solche Aktion wäre jedoch lebensgefährlich gewesen – die Wachmannschaften drohten in solchen Fällen der Bevölkerung damit, dass jene, die helfen, sich in den Todesmarsch mit einreihen müssten.
In Steyr betonte ein Jugendlicher in einer Ansprache die Wichtigkeit des Erinnerns und wies daraufhin, dass heute an anderen Orten der Welt „Todesmärsche“ stattfinden würden und unzählige Menschen aufgrund ihrer Herkunft verfolgt, gedemütigt und getötet werden würden.
In Ennsdorf bildete sich eine Gruppe um Dekanatsjugendleiterin Eva-Maria Hinterplattner und Pater Andreas Holl. Direkt an der Enns wurden verschiedene Texte gelesen und ein jüdisches Friedenslied „Hevenu Shalom Alejchem – Wir bringen Frieden für alle“ gemeinsam gesungen. Die Menschen waren eingeladen sich selber zu Impulsfragen Gedanken zu machen: Wo gibt es heute Leid? Wo leiste ich meinen Beitrag, um mehr Frieden in die Welt zu bringen? Als Höhepunkt der Feier wurden Schwimmkerzen zur Erinnerung an die Opfer des Todesmarsches in die Enns gelassen.
Reichraming
Ternberg
Garsten
An allen Orten wurde eine besinnliche Stunde im gemeinsamen Gebet und gegenseitigen Austausch verbracht. Im Zentrum – der mit Gebeten, Liedern und Fürbitten schlicht und ruhig gehaltenen Lichterfeiern – stand das Aussetzen von Schwimmkerzen auf der Enns. Auch wenn die teils starke Strömung diesen Symbolakt nicht überall wie geplant gelingen ließ, so war zum Beispiel im Bereich der Sandbrücke in Garsten eine beeindruckende Stimmung spürbar.
Erinnerung darf nicht verblassen
Im Anschluss an die Feier standen die Menschen noch länger beisammen und vor allem ältere Menschen bedankten sich bei den VertreterInnen der Katholischen Jugend für die Abhaltung der berührenden und stimmungsvollen Feiern – „Man darf nie damit aufhören, die Erinnerung an diese schreckliche Zeit wachzuhalten“ war eine an diesen Abend oft gehörte Wortmeldung.
ChristInnen sollen weiter Zeichen setzen
Anita Buchberger, Jugendleiterin im Dekanat Weyer meint: „Gedenken braucht nicht oft große Worte, sondern es geht um das Zeichen, das gemeinsam gesetzt werden soll und muss! Erinnern soll uns Christinnen und Christen Mahnung und Auftrag für die Zukunft sein, sodass wir uns gegen alle Tendenzen stellen, die Menschen über andere Menschen stellen, uns aufs Entschiedenste wehren.“
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Fischer, Reinhard (ma)