Freitag 19. April 2024

Niemals Nummer, immer Mensch: Gedenkfeier in Ternberg mit Reinhold Mitterlehner

V. l.: Reinhard Fischer (kj oö), Bischof Manfred Scheuer, Anita Buchberger (kj oö), Reinhold Mitterlehner

Mehr als 200 Menschen gedachten am 27. September 2019 in der Pfarrbaracke Ternberg auf Einladung der Katholischen Jugend der Region Ennstal der Opfer des Nationalsozialismus im KZ-Außenlager Ternberg. 

Das Gedenken in Ternberg fand heuer bereits zum 11. Mal statt. 2008 war im Zuge der größten Jugendsozialaktion Österreichs „72 Stunden ohne Kompromiss“ mit 45 Jugendlichen aus den Dekanaten Weyer und Steyr im Keller der Pfarrbaracke in Ternberg ein Gedenkraum installiert worden. Seither findet hier jährlich eine Gedenkfeier statt, ebenso werden auf Anfrage Führungen angeboten und auch ein pädagogisches Begleitkonzept wurde erarbeitet.

 

Für das Gedenken am 27. September 2019 konnte mit dem ehemaligen österreichischen Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ein prominenter Gedenkredner gewonnen werden. Das Motto der Feier lautete gemäß dem Jahresschwerpunkt des Mauthausen Komitees Österreich: „Niemals Nummer. Immer Mensch“. Das Motto zog sich wie ein roter Faden durch die Feier. Einerseits in einer Art und Weise die durchaus zum Schmunzeln anregte: So erhielt zum Beispiel jede/r Besucher/in eine Platzkarte, der ein nummerierter Sitzplatz zugeteilt war. Manche beteiligten Jugendlichen waren gut sichtbar mit einer persönlichen Nummer ausgestattet. Auf der anderen Seite wurde das Thema in den zahlreichen Rede-Beiträgen der Feier sehr bewegend und eindringlich zur Sprache gebracht.

Anita Buchberger, Beauftragte für Jugendpastoral im Dekanat Weyer, und Reinhard Fischer, Regionskoordinator der Katholischen Jugend Oberösterreich (kj oö) in der Region Ennstal, führten durch die Feier und erinnerten zu Beginn daran, dass KZ-Häftlinge mit der Zuweisung einer Nummer ihrer Identität und Individualität beraubt wurden. In seinem Grußwort wies Bischof Dr. Manfred Scheuer darauf hin, dass die Frage: „Wer bist du?“ im KZ nicht mehr gestellt wurde: „Es hatte im System keine Bedeutung. Die Nummer war der vollständige Ersatz der individuellen Persönlichkeit So einmalig die Menschen waren – die Auslöschung des Namens wollte zur Auslöschung der Person, wollte zur Auslöschung der Unverwechselbarkeit beitragen. Jene, die zur Nummer, zum Kalkül, zur Funktion degradiert wurden, sollen nun beim Namen genannt werden“, so Scheuer. Weil Gott selbst jeden Menschen beim Namen rufe, seien die Vergessenen nicht für immer vergessen, die Opfer nicht für immer besiegt, die Toten nicht tot, so die Überzeugung des Bischofs. Die Vorsitzende der kj oö Lisa Infanger betonte den Einsatz der Katholischen Jugend für Identität, Individualität und Würde jedes einzelnen Menschen.

 

 

Erinnerung als Basis, um Lehren aus der Geschichte zu ziehen

 

Dr. Reinhold Mitterlehner würdigte in seiner Rede das Engagement der kj oö in Ternberg und zeigte sich vom Gedenkraum und der Nachhaltigkeit des Gedenkens beeindruckt. Das, was Menschen als Individuum präge, sei der Name, griff Mitterlehner das Motto des Gedenkens auf. Die Nationalsozialisten hätten Menschen zur Nummer, zur austauschbaren Sache gemacht. „Was macht Menschsein eigentlich aus? Ist der Mensch des Menschen Freund?“ Diese beiden Fragen stellte Mitterlehner angesichts der Ereignisse, an die erinnert wurde, aber auch im Blick auf aktuelle Entwicklungen. „Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, die Fähigkeit, Empathie und Mitgefühl zu entwickeln“ macht für Mitterlehner Menschsein aus und sind für das menschliche Zusammenleben essentiell. Kritisch betrachtete er das Verblassen der Erinnerung aufgrund der Tatsache, dass ZeitzeugInnen immer weniger werden, sowie aufgrund Haltung des „Vergessen-Wollens“, die bei der jungen Generation immer wieder zu beobachten sei. „Die Pflicht der Erinnerung ist die Voraussetzung für die Aufarbeitung und die Basis, um die Lehren aus der Geschichte für jetzt und für die Zukunft zu ziehen. Wer Vergangenheit nicht aufarbeitet, dem fehlt das Sensorium, um Fehlentwicklung zu erkennen und um gegensteuern zu können“, ist Mitterlehner überzeugt. Als größte Gefahr in Europa sieht Mitterlehner den Nationalismus und Rechtspopulismus, „der – scheinbar überwunden – jetzt wieder da ist und der andere wie etwa die Flüchtlinge zum Sündenbock für viele Probleme macht“. Es brauche das Zuhören, das Zugehen auf andere und eine respektvolle Begegnung auf Augenhöhe, so Mitterlehner, denn: „Dann kommen wir einem Menschsein in allen Bereichen nahe, einem Menschsein mit Verantwortung.“

 

 

Breit mitgetragenes Gedenken

 

Nach der Gedenkrede gestalteten Jugendliche einen bewegenden Gedenkakt. Alle TeilnehmerInnen der Feier wurden aufgefordert, Nummern, die für ihr Leben relevant sind, aufzuschreiben. Es stellte sich heraus, dass auch in der heutigen Zeit Menschen hinter der Anonymität der Nummern verschwinden. Emotional und von Applaus begleitet legten die Jugendlichen ein Bekenntnis dafür ab, dass Nummern niemals wieder Namen ersetzen dürfen.

 

Im weiteren Verlauf der Feier wurden die bekannten Namen der Opfer des KZ-Außenlagers Ternberg verlesen und Dechant Friedrich Lenhart sprach ein Gebet. Zum Abschluss wurden vor der Pfarrbaracke Kränze niedergelegt.

 

Die musikalische Gestaltung übernahm der Jugendchor „re-member“ und ein Bläser-Ensemble des Musikvereins Ternberg. Das Anliegen des Gedenkens in Ternberg wird mittlerweile sehr breit mitgetragen. Als MitveranstalterInnen fungierten die Markt- und Pfarrgemeinde Ternberg, der Musikverein Ternberg, das Rote Kreuz Bezirksstelle Steyr-Land/Ortsstelle Ternberg, das Katholische Bildungswerk Ternberg, die Katholische Frauenbewegung Ternberg und das Mauthausen Komitee Österreich. Zahlreiche Ehrengäste aus der kirchlichen und politischen Öffentlichkeit nahmen an der Gedenkfeier teil.

 

 

Kontakt für Rückfragen:

 

Reinhard Fischer

Regionskoordinator der Kath. Jugend in der Region Ennstal

M: +43 676 87 76 33 05

E: reinhard.fischer@dioezese-linz.at

 

Anita Buchberger

Beauftragte für Jugendpastoral im Dekanat Weyer

M: 0676 87 76 57 16

E: anita.buchberger@dioezese-linz.at

 

 

Presseunterlagen zum Download

 

Pressemitteilung zum Download (doc /PDF)

 

Pressefotos zum Download: © Samuel Haijes (honorarfrei)

https://www.fotohaijes.at/picdrop/7rEqMFMTNu

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