Freitag 29. März 2024

Was sich Arbeit suchende Jugendliche für einen guten Start ins Berufsleben wünschen

Präsentation Jugendbefragung

Sie suchen nach einer sinnstiftenden Arbeit, von der sie auch leben können: So der Hauptwunsch jener Arbeit suchenden Jugendlichen, die im Rahmen eines Jugendforschungsprojekts kirchlicher Einrichtungen und der AK OÖ nach ihren Wünschen befragt wurden.

Im Jänner und Februar 2019 wurden in 38 Projekten in 12 Regionen Oberösterreichs insgesamt 450 Arbeit suchende Jugendliche nach ihrer Lebenssituation, ihren Bedürfnissen und ihren Ideen für einen guten Einstieg in die Arbeitswelt befragt. Initiiert und organisiert hatte diese Befragung ein Kooperationsteam „Jugendforschungsprojekt“, bestehend aus VertreterInnen von Betriebsseelsorge OÖ, Bischöflicher Arbeitslosenstiftung, Katholischer Jugend OÖ und Arbeiterkammer Oberösterreich. Die Ergebnisse der österreichweit bislang größten Studie im Bereich Übergang Schule – Arbeitswelt wurden am 22. Mai 2019 im Linzer Ursulinenhof präsentiert.

 

 

Warum überhaupt eine Befragung von Jugendlichen?

 

10.000 junge Menschen werden in Oberösterreich auf ihrem Weg in die Arbeitswelt durch unterschiedliche Unterstützungsangebote begleitet. Viele davon sind Kurse, die beim Einstieg helfen sollen. Zielgruppe dieser Angebote sind sozial benachteiligte Jugendliche, die durch ein niedrigeres Bildungsniveau und daraus resultierend durch schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt armuts- und ausgrenzungsgefährdet sind. Bei einem Jugendforschungsseminar im Jänner 2018 vernetzten sich über 130 Begleiterlnnen dieser Jugendlichen. Hier entstand die Idee, dass Jugendliche selbst mitteilen sollten, wie sie sich ihre Unterstützung bzw. Begleitung vorstellen und was in Zukunft besser gemacht werden kann.

 

Martin Mahringer von der Abteilung Bildung, Jugend und Kultur der Arbeiterkammer Oberösterreich: „So oft wird über Jugendliche gesprochen, aber nur selten mit ihnen. Genau das war unser Hauptanliegen im Jugendforschungsprojekt: die Jugendlichen selbst zu Wort kommen zu lassen.“

 

Michaela Pröstler-Zopf, Leiterin der Betriebsseelsorge Oberösterreich, die gemeinsam mit Mahringer für die Organisation des Projekts und der Präsentation hauptverantwortlich zeichnet: „Als Kirche haben wir den Auftrag, dorthin zu gehen, wo Menschen der Schuh drückt. Wir wollen bei jenen Jugendlichen sein, die an den Rand gedrängt werden, ihnen zuhören und mit ihnen gemeinsam etwas für sie machen. Bei unserem ‚Jugendforschungsprojekt‘ war es uns ein Anliegen, die Jugendlichen als ExpertInnen anzuhören, sie ins Zentrum zu stellen. Es war uns wichtig zu zeigen: Jeder Mensch ist gleich viel wert.“

 

Von Jänner bis März 2019 organisierte das Kooperationsteam des Jugendforschungsprojekts – bestehend aus Vertreterlnnen von Arbeiterkammer Oberösterreich – anonymisierte Befragungen im Rahmen von Workshops unter ca. 450 Arbeit suchenden Jugendlichen (251 männlich, 199 weiblich) im Alter von 15 bis 24 Jahren in 12 Regionen Oberösterreichs und in 38 Kursangeboten verschiedener TrägerInnenorganisationen. Zusätzlich wurden auch über 100 TrainerInnen befragt. ln den Regionen Braunau, Linz und Steyr wurde mit den jungen Menschen in weiterer Folge an Vorschlägen und ldeen zur Verbesserung ihrer Situation gearbeitet. Die Ergebnisse wurden von Sebastian Egger, einem Studierenden der Unternehmerischen Hochschule® Management Center Innsbruck (MCI), im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit ausgewertet.

 

 

Erwerbsarbeit als Voraussetzung für ein gutes, sinnerfülltes Leben

 

Unter dem Motto ,,lch kann was! Ich bin was! Reicht das?“ präsentierten VertreterInnen des Kooperationsteams des Jugendforschungsprojekts in Anwesenheit von ca. 120 Jugendlichen am Mittwoch, 22. Mai 2019 von 10.30 bis 13.00 Uhr im Linzer Ursulinenhof die Ergebnisse der Befragung. Politische und kirchliche Entscheidungsträgerlnnen und MultiplikatorInnen waren eingeladen, zuzuhören und mit den Jugendlichen über ihre Anliegen und Ideen ins Gespräch zu kommen.

 

Sebastian Egger, Studierender an der Unternehmerischen Hochschule® Management Center Innsbruck (MCI), hat die Ergebnisse der Workshops im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit wissenschaftlich bearbeitet. Er präsentierte im Linzer Ursulinenhof, welches Bild die Auswertung der Befragung liefert. Zu Beginn wurde den Jugendlichen die Frage „Wie geht es mir im Leben?“ gestellt, um sich einen Überblick über die allgemeine Lebenssituation der Jugendlichen und über die jeweilige Gruppe zu machen. Egger dazu: „55,5 Prozent der befragten Jugendlichen haben mit ‚gut‘ und ‚sehr gut‘ geantwortet. Teilnehmende mit der Zustimmung ‚Sehr gut‘ haben grundsätzlich ein gutes soziales Umfeld, gute Freunde, die richtige Balance zwischen Kurs und Privatleben sowie einen Job oder eine sichere Lehrstelle in Aussicht.“ Gesundheitliche Probleme, fehlende Stabilität, Antriebslosigkeit, Plan- und Orientierungslosigkeit sowie familiäre Probleme würden dagegen häufig von jenen Teilnehmenden genannt, denen es „schlecht“ im Leben geht. Ein zentrales Bedürfnis der Jugendlichen war deutlich aus den Ergebnissen herauszulesen: „Erwerbsarbeit würde vielen Jugendlichen zu einem besseren Leben verhelfen und hätte zu einer höheren Zustimmung bei dieser Frage geführt. Die Mehrheit der Teilnehmenden wünscht sich eine passende Lehrstelle bzw. Arbeit, um den Kurs verlassen zu können.“

 

Die zweite Frage „Wie geht es mir im Projekt?“ habe ähnliche Zustimmung hervorgerufen, so Egger. Der Mehrheit der Teilnehmenden (54,3 %) gehe es „gut“ bzw. „sehr gut“ in den jeweiligen Projekten. „Viele der Teilnehmenden finden, dass die TrainerInnen ausreichend Zeit für sie haben, ein kollegiales Miteinander herrscht, sie die benötigte Unterstützung erhalten und ihnen bei der Suche von Ausbildungsplätzen und Lehrstellen geholfen wird“, gibt Egger die positiven Rückmeldungen der Jugendlichen wider. Es stehe außer Frage, dass die TrainerInnen „hervorragende Arbeit“ leisteten. Kritische Anmerkungen aus der Befragung: Einige Jugendliche ärgern sich über teils sinnlose Tätigkeiten im Kurs und wünschen sich eine größere Vielfalt an Kurs- bzw. Praktika-Angeboten. Ebenfalls gewünscht: ein breiteres Spektrum an Berufs- und Ausbildungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Branchen.

 

Stefan Robbrecht-Roller, Referent der Katholischen ArbeitnehmerInnen-Bewegung der Diözese Linz, wertete ergänzend die im Mai 2019 stattgefundene Online-Befragung von knapp 100 TrainerInnen aus, die Jugendliche auf der Suche nach einem Arbeitsplatz unterstützen. Auch sie wurden gefragt, wie es ihnen im Projekt geht. Robbrecht-Roller: „Trotz Unsicherheit und Arbeitsdruck würden 75 Prozent der Befragten anderen Menschen einen Einstieg in ihr Berufsfeld empfehlen. Als Grund dafür haben die meisten die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit angegeben.“ Rückmeldungen der TrainerInnen: „Es ist schön, positive Auswirkungen auf die Zukunft der Jugendlichen zu haben.“ – „Man lernt von den Jugendlichen, taucht in verborgene Bereiche der Gesellschaft ein und hinterfragt seine eigenen Stereotypen.“ – „Ich würde mein Berufsfeld empfehlen, weil es trotz der schlechter werdenden Rahmenbedingungen noch immer eine Tätigkeit darstellt, mit der man aktiv die Gesellschaft mitgestalten kann.“

 

 

Handlungsfelder für Verantwortliche

 

Die Ergebnisse der Befragung legen 6 Handlungsfelder für Verantwortliche in Politik und in Jugendprojekten am Übergang Schule – Berufswelt nahe:

  1. Berufswahl und Praktika

Die Aussage „Das Projekt hilft mir, herauszufinden, was ich beruflich machen will“ sollte das jeweilige Angebot auf seine Wirksamkeit untersuchen. Zwar gibt die Mehrheit der befragten Jugendlichen an, dass das Projekt bei der Berufsfindung hilfreich ist, jedoch sind 174 Teilnehmende bzw. 38,7 Prozent nicht bzw. eher nicht davon überzeugt. Sie sind der Meinung, dass das Angebot nicht auf die Bedürfnisse eingeht, eine geringe Auswahl an Berufsmöglichkeiten vorgestellt wird sowie zu wenig Praktika in unterschiedlichen Branchen gemacht werden. Andererseits sind viele befragte Jugendliche mit dem Projekt zufrieden, da es genügend Unterstützung bei der Erstellung von Bewerbungen oder bei der Suche nach Praktika gibt.

  1. Technische Ausstattung und Internetverbindung

Die Jugendlichen sind permanente Internetnutzung gewohnt. In der Befragung bemängelten viele, dass die PCs und die Internetverbindung in den Projekten zu langsam seien. Diesen Wunsch nach besserer technischer Ausstattung unterstützen auch die TrainerInnen.

  1. Sinnstiftende Tätigkeiten

Aus der Befragung der Jugendlichen ging deutlich hervor, dass gerade für die Generation Z sinnstiftendes Arbeiten im Vordergrund steht.

  1. Politische Bildung

Mit der Aussage „Ich fühle mich von der Politik gut verstanden und vertreten“ sollte überprüft werden, ob politische Entscheidungen die Interessen der Jugendlichen berücksichtigen und wie weit Jugendliche an dem politischen Geschehen interessiert sind. Der Großteil der Befragten stimmt dieser Aussage gar nicht zu. Es wird vor allem mehr Verständnis für die aktuelle Situation der Jugendlichen gefordert. Auffällig ist, dass in vielen Projekten die Teilnehmenden sehr wenig über die aktuelle politische Lage sowie über politische Geschehen informiert sind. Hinzu kommt, dass ein Teil der Jugendlichen nichts mit der Politik zu tun haben will und diese als eher uninteressant wahrnimmt. Die Einschätzung der TrainerInnen stützt dieses Bild.
Im Gegensatz dazu wünscht sich eine andere Gruppe der Teilnehmenden mehr politische Bildung in den Programmen, um in der Tagespolitik mitreden und sich einen Überblick über die Aufgaben und Entscheidungen der Politikerinnen und Politiker machen zu können. Allgemein erhoffen sich die Jugendlichen weniger Rassismus und Diskriminierung sowie mehr Verständnis von Seiten der Politik für ihre aktuelle Situation.

  1. TrainerInnen

Die Befragung ergab, dass die TrainerInnen grundsätzlich hervorragende Arbeit leisten und bei den Jugendlichen sehr positiv bewertet wurden. In manchen Angeboten bräuchte es eine größere Anzahl von TrainerInnen, damit diese noch besser auf die individuellen Bedürfnisse der Jugendlichen eingehen können.

  1. Finanzielle Unterstützung

Die Befragung zeigte klar, dass es für die Teilnehmenden schwer ist, mit den vorhandenen finanziellen Mitteln ein selbstständiges Leben zu führen. Jugendliche, die noch zu Hause wohnen oder zusätzliche Unterstützung durch die Eltern erhalten, kommen meist mit ihrem Geld aus. Viele Teilnehmende haben es jedoch schwer, sich mit den vorhandenen finanziellen Mitteln selbst ausreichend zu versorgen. Das erhaltene Geld reicht bei den meisten nicht aus, um selbstständig leben zu können. Zu hohe Fixkosten wie Wohnung oder Auto sowie hohe Lebenskosten erschweren die finanzielle Situation der Befragten.


Auch die TrainerInnen sehen diesen Bereich als äußert problematisch. Auf die offene Frage, was die Jugendlichen am meisten belastet, antworteten 45 Prozent der TrainerInnen und Trainer (für eine offene Frage ein sehr hoher Wert): der fehlende familiäre Rückhalt bzw. die Belastung der problematischen familiären Situation. Wenn die finanzielle Basis der Familie fehlt, brauchen die Jugendlichen ausreichend finanzielle Unterstützung, um ein selbstständiges, würdiges Leben führen zu können. Die Aussage „Die Jugendlichen haben genügend finanzielle Mittel, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können“ war jene Aussage, die in der gesamten Befragung der TrainerInnen am deutlichsten abgelehnt wurde (37 %: „trifft nicht zu“ bzw. „trifft eher nicht zu“).

 

 

Jugendliche als ExpertInnen anhören

 

Nach der Präsentation der Ergebnisse der Befragung folgte ein Austausch an 14 „runden“ Tischen, an denen Jugendliche vor VertreterInnen aus Kirche und Politik ihre Ideen und Wünsche zum Ausdruck brachten. Aufgabe der EntscheidungsträgerInnen war es, aufmerksam zuzuhören und nachzufragen. Die Jugendlichen sollten als ExpertInnen ihrer Situation ernstgenommen werden und selbst vorschlagen können, was sie für einen guten Einstieg in die Arbeitswelt brauchen.

 

Die Themen und Wünsche, die nach den Tischgesprächen im Plenum genannt wurden, deckten sich weitgehend mit den Ergebnissen der Befragung: Neben mehr finanzieller Unterstützung und mehr Gerechtigkeit bei den Löhnen wünschen sich die Jugendlichen hauptsächlich eine größere Auswahl an Kursen, Praktikums- und Lehrplätzen, eine Berufsorientierung bereits ab der 7. Schulstufe, mehr Unterstützung – auch bei Mobbing – durch die LehrlingsausbildnerInnen in den Betrieben, mehr politische Bildung, mehr Mobilität (etwa durch bessere Zug- und Busverbindungen oder durch finanzielle Unterstützung bei Führerschein und Fahrtickets), mehr Unterstützung bei der Verfolgung der eigenen Ziele und Ausbildungsmöglichkeiten für AsylwerberInnen.

 

Die Verantwortlichen aus Kirche und Politik, die aufmerksam zugehört hatten, gaben den Jugendlichen mehrere Wünsche mit auf den Weg. Der Tenor: „Es ist wichtig, dass ihr zu eurem Recht kommt und gehört werdet! Mischt euch ein, auch politisch! Erhebt eure Stimme!“ Und die Sänger der oberösterreichischen HipHop-Band „Hinterland“, die die Veranstaltung musikalisch begleiteten, ermutigten die Jugendlichen: „Abseits der Normen und Schablonen, die die Gesellschaft vorgibt, findet jede und jeder seinen Platz – daran sollten wir glauben!“

 

In einem nächsten Schritt sollen aus den Ergebnissen der Befragung politischen Forderungen abgeleitet werden, die dann im Herbst 2019 den politischen EntscheidungsträgerInnen übermittelt werden.

 

Kontakt für Rückfragen:

Mag.a Michaela Pröstler-Zopf

Leiterin Betriebsseelsorge OÖ

Kapuzinerstraße 84, 4020 Linz

0676 87 76 36 44

https://www.dioezese-linz.at/betriebsseelsorge

 

Diplom-FW Martin Mahringer, BA, MA, MA
Arbeiterkammer Oberösterreich
Referent Abteilung Bildung, Jugend und Kultur
Volksgartenstraße 40, 4020 Linz

050 69 06 24 54

 

 

Presseunterlagen zum Download

 

Presseaussendung zum Download (doc / PDF)

 

Zusammenfassung Befragung Arbeit suchender Jugendlicher in Oberösterreich (doc / PDF)

 

Pressefotos zum Download: © Diözese Linz / Appenzeller (honorarfrei)

 

Foto 1: Präsentation der Ergebnisse der Jugendbefragung

 

Foto 2, Foto 3, Foto 4: Angeregte Diskussionen zwischen Jugendlichen und VertreterInnen aus Kirche und Politik an den Tischen.

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