Samstag 20. April 2024

„Sonntag der Völker“ im Linzer Mariendom im Zeichen der Solidarität mit Flüchtlingen und MigrantInnen

Sonntag der Völker im Linzer Mariendom und auf dem Domplatz

Zum „Sonntag der Völker“ feierte Bischof Manfred Scheuer am 30. September 2018 mit etwa 1.000 Gläubigen einen Festgottesdienst im Linzer Mariendom. Der Diözesanbischof fand dabei klare Worte zur Verantwortung von Kirche, Politik und Gesellschaft für Flüchtlinge und MigrantInnen.

Am 30. September 2018 um 10.00 Uhr wurde auf Einladung der Fremdsprachigen Seelsorge der Diözese Linz und der Caritas für Menschen in Not im Linzer Mariendom ein Festgottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer zum „Sonntag der Völker“ gefeiert. Bunte Vielfalt wurde auch beim anschließenden „Begegnungsfest“ auf dem Linzer Domplatz sichtbar.

 

Das Motto des diesjährigen „Sonntags der Völker“ lautete: „Aufnehmen, beschützen, fördern und integrieren“. Es schließt an die Papstbotschaft zum Weltflüchtlingstag vom Jänner 2018 an. Papst Franziskus forderte darin alle Seiten zur Überwindung von Ängsten sowie zu gegenseitigem Respekt auf. Zweifel und Ängste zu haben sei keine Sünde, es sei jedoch Sünde, „zuzulassen, dass diese Ängste unsere Antworten bestimmen“, sagte Franziskus am 14. Jänner im Petersdom. Der Papst wandte sich ausdrücklich an beide Seiten und nahm MigrantInnen, Flüchtlinge und Asylsuchende ebenso in die Pflicht wie Aufnehmende: Er mahnte, nicht zuzulassen, dass Ängste „unsere Entscheidungen bedingen, den Respekt und die Großherzigkeit in Mitleidenschaft ziehen, die Ablehnung nähren und Hass schüren“. MigrantInnen rief er dazu auf, sich zu integrieren und Vorbehalten in den Aufnahmeländern mit Verständnis zu begegnen.

 

 

„Bibel und kirchliche Lehre unterstreichen besondere Zuwendung zu geflüchteten, schutzsuchenden Menschen“

 

Mit den verschiedenen muttersprachigen Gruppen feierten Bischof Dr. Manfred Scheuer, Dr. László Vencser, Nationaldirektor der katholischen fremdsprachigen Seelsorge in Österreich und Leiter der Fremdsprachigen Seelsorge im Pastoralamt der Diözese Linz, Seelsorger mehrerer fremdsprachiger Gemeinden und Diakon Mag. Anton Birngruber.

 

Bischof Manfred Scheuer griff das Thema Flucht und Migration in seiner Predigt auf. Dass Menschen auf der Flucht seien, sei nicht erst seit dem Sommer 2015 – seit dem Exodus zahlreicher Menschen aus der Region des Nahen und Mittleren Ostens Richtung Europa – ein zentrales Thema, mit dem sich die Gesellschaften auseinandersetzen müssten. Scheuer: „In den 1990er Jahren flüchteten viele Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Österreich. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass im vergangenen Jahrhundert Hunderttausende unser Land Hals über Kopf verlassen mussten, weil sie einer Verhaftung und Ermordung zu entkommen suchten – in der Zeit des Nationalsozialismus. Auch die Jahrhunderte davor waren geprägt von Kriegen, Seuchen, Hungersnöten, die immer Wellen der unfreiwilligen Migration erzeugten. Und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Hunderttausende aus dem Sudetenland, aus Donauschwaben, Schlesien und Siebenbürgen vertrieben und haben in Österreich eine neue Heimat gefunden.“

 

Der Bischof erinnerte daran, dass auch in der Bibel Erfahrungen von Flucht und Vertreibung in verdichteter Form zu finden seien: „Sie wurden niedergeschrieben aus dem Gedächtnis eines Volkes, das immer wieder aufbrechen und wandern musste, das Verbannung und Verfolgung erlebte, das Leben in der Fremde verinnerlichte.“ Die Bibel erzähle Erfahrungen mit den Fremden im eigenen Land, die sich im Gebot der Gastfreundschaft und in der eigenen Gesetzgebung für Fremde konkretisierten, so Scheuer. Der Bischof wörtlich: „Die biblischen Texte und die kirchliche Lehre unterstreichen eine besondere Zuwendung zu geflüchteten, schutzsuchenden Menschen. Diese Positionierung wird nicht von allen geteilt, ja bisweilen ist eine Polarisierung in dieser Frage in der Gesellschaft, aber auch unter den Gläubigen nicht wegzuleugnen. Es ist teilweise eine Neigung zu Polemik und Verächtlichmachung erkennbar, die beiderseits nicht tolerierbar ist. Hetzerische Sprache und Verleumdungen sind Gift für eine Debatte, die in aller Redlichkeit geführt werden muss. Die Kirche muss sich in diesen Diskurs als Anwältin der Armen, speziell der Flüchtlinge, einbringen.“

 

 

„Im Sinne einer positiven Integration und Humanität sollte humanitäres Bleiberecht nicht ‚totes Recht‘ bleiben“

 

Wie Aufnahme, Schutz, Förderung und Integration von asylsuchenden Menschen im Licht eines christlichen Wertekanons gelingen können, erläuterte Bischof Scheuer anhand der vier Leitworte, die Papst Franziskus in seiner Botschaft zum Weltflüchtlingstag im Jänner 2018 genannt hatte: „aufnehmen, beschützen, fördern, integrieren“.

Aufnehmen rufe die Notwendigkeit ins Gedächtnis, „die Möglichkeiten zur legalen Einreise auszuweiten, Flüchtlinge und MigrantInnen nicht an Orte zurückzuweisen, wo ihnen Verfolgung und Gewalt drohen, und die Sorge um die nationale Sicherheit mit der Wahrung der grundlegenden Menschenrechte ins Gleichgewicht zu bringen“. Beschützen erinnere an die Pflicht, die unantastbare Würde all jener, die vor einer realen Gefahr fliehen und Asyl und Sicherheit suchen, anzuerkennen und zu wahren und deren Ausbeutung zu verhindern. Scheuer wörtlich: „Ich denke dabei besonders an die Frauen und Kinder, die sich in Situationen befinden, in denen sie Gefahren und Missbrauch bis hin zur Sklaverei ausgesetzt sind. Gott diskriminiert nicht.“

 

Fördern verweise auf die Unterstützung bei der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung von MigrantInnen und Flüchtlingen. Bischof Scheuer mahnte in diesem Zusammenhang besonders den Zugang zu allen Stufen der Bildung für Kinder und Jugendliche ein, die dadurch befähigt würden, ihre eigenen Fähigkeiten zu entfalten und auf andere im Geist des Dialogs – nicht der Abschottung und Konfrontation – zuzugehen. Scheuer richtete klare Worte an die Verantwortlichen in der Politik: „Es ist höchst bedauerlich, wenn Asylpolitik mehr und mehr defensiv betrieben wird und AsylwerberInnen nicht zuerst als konkrete Menschen, sondern als Bedrohung gesehen werden. Wir erhalten von ehrenamtlichen FlüchtlingsbetreuerInnen betroffene Rückmeldungen, dass bereits gut integrierte Familien durch Erhalt eines negativen Asylbescheids abgeschoben werden sollen. Das humanitäre Bleiberecht kommt da selten zum Einsatz. Ich bitte die Verantwortlichen im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) um Sensibilität, gerade wegen des hohen Engagements Ehrenamtlicher, die viel für die gelingende Integration jener geleistet haben, die in unsere Gesellschaft hineinwachsen sollen. Im Sinne einer positiven Integration und Humanität sollte humanitäres Bleiberecht nicht ‚totes Recht‘ bleiben. Sind junge AsylwerberInnen etwa in einer Lehre, sollen sie dort nicht abgeschoben werden können. Das ist für Flüchtlinge von enormer Bedeutung, aber auch eine Frage der Fairness gegenüber den engagierten Lehrbetrieben. Der Zugang zum Arbeitsmarkt im Bereich der Mangelberufe sollte erleichtert werden.“

 

 

Positive Provokation und Auseinandersetzung mit dem Eigenen

 

Integrieren bedeute schließlich, es den Flüchtlingen und MigrantInnen zu ermöglichen, voll und ganz am Leben der Gesellschaft, die sie aufnimmt, teilzunehmen – in einer Dynamik gegenseitiger Bereicherung und fruchtbarer Zusammenarbeit bei der Förderung der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen in den lokalen Gemeinschaften. Bischof Scheuer betonte, Menschen aus anderen Kulturkreisen, die in Österreich sesshaft werden, würden vieles in Frage stellen und damit eine Auseinandersetzung mit dem Eigenen anstoßen: „Sie hinterfragen so manches: Warum geht ihr so und nicht anders miteinander um? Warum spielt Religion bei euch keine Rolle? Wieso gibt es kaum Kinder bei euch? Warum leben die alten Leute nicht in euren Familien? Es bringt zweifelsohne eine neue Dynamik, wenn nicht gar Irritation herein. Viele Christinnen und Christen aus dem Irak, Iran oder Syrien sind wegen ihrer Glaubensüberzeugungen geflüchtet. Auch das kann zu einer positiven Provokation und Auseinandersetzung führen: Würde uns der Glaube das wert sein? Die Heimat, die sozialen Kontakte, alle materiellen Sicherheiten hinten zu lassen? Begegnung bringt Bewegung in unser Denken. Begegnung bringt Bewegung in unseren Glauben.“

 

 

Sprachlich-musikalische Vielfalt

 

Die Vielfalt der verschiedenen muttersprachlichen Gruppen wurde nicht nur durch die bunten Landestrachten sichtbar, sondern auch bei den Texten und Liedern im Festgottesdienst hörbar: Die Texte zum Bußakt wurden in verschiedenen Landessprachen gelesen, ebenso die Fürbitten. Das Gloria wurde auf Kroatisch gesungen. Die Lesungen wurden auf Englisch und Ungarisch gelesen, das Evangelium auf Deutsch und Kroatisch. Etwa 1.000 Mitfeiernde beteten und sangen in ihrer jeweiligen Muttersprache mit. Musikalisch mitgestaltet wurde die Feier vom Chor der afrikanischen Gemeinde.

 

Bei der Gabenbereitung kamen VertreterInnen unterschiedlicher Volksgruppen nach vorn und überreichten Bischof Scheuer landestypische Geschenke.

 

Das anschließende „Begegnungsfest“ auf dem Domplatz lud bei strahlendem Sonnenschein mit Musik und Tanz zum geselligen Miteinander und vielen Begegnungen ein. Musikalisch-tänzerische Beiträge kamen von den polnischen, kroatischen, philippinischen, ungarischen und spanischsprachigen lateinamerikanischen Gemeinden, davon drei Beiträge von Kindern und Jugendlichen. Kulinarisch verwöhnt wurden die BesucherInnen u. a. mit Spezialitäten der ukrainisch-griechisch-katholischen, rumänisch-griechisch-katholischen, vietnamesischen und lateinamerikanischen Gemeinden.

 

 

Fremdsprachige Seelsorge in Oberösterreich

 

In der Katholischen Kirche in Oberösterreich gibt es Seelsorge für 15 fremdsprachige Gemeinden: afrikanische und englischsprachige, albanisch-katholische, arabische und chaldäische, ukrainisch-griechisch-katholische, kroatische, rumänisch-griechisch-katholische, philippinisch-katholische, polnische, spanische, tschechische und slowakische, türkische und persische, ungarische sowie vietnamesische. Am „Sonntag der Völker“ wird diesen Gruppen besondere Wertschätzung zuteil. Dr. László Vencser, Nationaldirektor der katholischen fremdsprachigen Seelsorge in Österreich und Leiter der Fremdsprachigen Seelsorge im Pastoralamt der Diözese Linz, sowie MMag.a Brigitte Egartner, Leiterin der Fach- und Forschungsstelle für Migration, Integration und interkulturelle Bildung der Caritas OÖ, sind als OrganisatorInnen wesentlich für das Gelingen des Festes verantwortlich.

 

 

Presseunterlagen zum Download

 

Pressemitteilung zum Download (doc / PDF)

Predigt von Bischof Manfred Scheuer zum Download (PDF)

 

Pressefotos zum Download: (c) Diözese Linz / Reischl (honorarfrei)

 

Foto 1: Festmesse am „Sonntag der Völker“ im Linzer Mariendom. Im Bild eine Gruppe aus Kroatien.

 

Foto 2: Bischof Manfred Scheuer (dahinter der Leiter der Fremdsprachigen Seelsorge László Vencser) erhielt von den Volksgruppen landestypische Geschenke. Im Bild VertreterInnen der vietnamesischen Gemeinde, dahinter VertreterInnen der afrikanischen Gemeinde, die Bischof Scheuer eine Stola und ein Messgewand überreichten.

 

Foto 3: Der Chor der afrikanischen Gemeinde gestaltete den Festgottesdienst im Mariendom mit.

 

Foto 4: Festgottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer, László Vencser, Diakon Anton Birngruber und Seelsorgern mehrerer fremdsprachiger Gemeinden.

 

Foto 5: Musikanten aus Kroatien

 

Foto 6: Eine polnische Kindertanzgruppe sorgte für Stimmung beim „Begegnungsfest“.

 

Foto 7: Eine kroatische Tanzgruppe begeisterte auf dem Linzer Domplatz.

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