Sant'Egidio: Krieg im Namen Gottes gibt es nicht
Mit diesen Worten hat der italienische Historiker und Friedensaktivist am Sonntagabend in Antwerpen das internationale Friedenstreffen seiner weltweit tätigen katholischen Gemeinschaft mit Sitz in Rom eröffnet.
Bis Mittwoch wird in der flämischen Metropole unter dem Motto "Friede ist die Zukunft" an den 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs erinnert. Auch Papst Franziskus, der am Sonntag in Redipuglia eine große Gedenkmesse zu "1914" hält, hob in einer in Antwerpen verlesenen Grußbotschaft den Wert jeder Friedensanstrengung trotz der tragischen Realität der Taubheit der Kriegsbefürworter hervor.
Krieg oder Gewalt könnten sich nie darauf berufen, im Namen Gottes zu geschehen, so Riccardi. Damit Friede heute nicht Wunschdenken bleibe, seien Dialog und religionsübergreifende Allianzen gegen Terrorismus nötig.
Die aktuellen Kriege in Nahost und Osteuropa würden in ihrer Form sowohl gegen die Genfer Konvention über die Behandlung von Gefangenen und Kriegsopfern als auch gegen die Menschenrechte verstoßen, so Riccardi. Im Irak werde eine Grausamkeit gezeigt, die "bisher von den Tätern stets versteckt wurde, nun aber als Waffe in einer globalisierten Welt eingesetzt wird". Die Demütigung von Männern und Frauen, die aus ihren Häusern verschleppt und unbekleidet durch Erschießung oder noch üblere Weisen getötet würden, sei das schreckliche Gesicht des Terrors.
Irakische Parlamentariarin zu Gast
Standing Ovations erhielt die irakische Parlamentarierin Vian Dakheel, die als Vertreterin der Jesiden im Irak von den jüngsten Verfolgungen gegen Angehörige ihrer Religion berichtete. Sie schilderte die Massaker, Entführungen, Gewalttaten gegen Frauen, Kinder und wehrlose ältere Menschen, die ihrer bereits über 5.000 Jahre alten Religion angehören. 3.000 Jesiden seien von den IS-Milizen ermordet worden oder auf dem Sinjar-Berg verhungert oder verdurstet, 5.000 weitere entführt worden. Zudem habe die Terrormiliz Hunderte Mädchen vergewaltigt oder um 150 Dollar als Sklavinnen verkauft, berichtete Dakheel.
An die UNO appellierte die jesidische Parlamentsabgeordnete, sie müsse nun über ihr Menschenrechtskommitee und ihren Sicherheitsrat eine Untersuchung des Massakers an den Jesiden einleiten, da dies die Asylprozesse für die in westliche Länder geflohenen Jesiden wesentlich erleichtern könne. Friedenstruppen sollten weiters die Gewaltakte gegen die Minderheiten im Nordirak stoppen, damit humanitäre Hilfe in die Regionen Sindschar und Ninive gelangen könne. "Zudem müssen die 5.000 vom IS entführten Jesidenfrauen und -kinder wieder befreit werden", so Dakheel.
Das internationale Gebets- und Friedenstreffen wird von weltweiten katholischen Sant'Egidio-Gemeinschaft jedes Jahr in einer anderen Stadt ausgerichtet. Vorbild ist das Weltgebetstreffen der Religionen für den Frieden, zu dem Johannes Paul II. (1978-2005) im Oktober 1986 nach Assisi eingeladen hatte. An der nunmehrigen, noch bis Dienstag dauernden Begegnung in Antwerpen nehmen rund 300 Personen aus Kirche, Politik und Gesellschaft teil, darunter der scheidende EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der ägyptische Großmufti Shawki Ibrahim Abdel-Karim Allam sowie der polnische Schriftsteller Zygmunt Baumann.
Kathpress, gec